Wildnisgebiete für die Ewigkeit bewahren

Blog-Beitrag zum Deutschen Umweltpreis

Diesem großen Ziel hat sich der diesjährige Umweltpreisträger und Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) Dr. Christof Schenck seit Jahrzehnten verschrieben. Dabei setzt er auf langfristige und tragfähige Kooperationen.

Endlose Savannen in Afrika, unberührte Bergketten bis zum Horizont in Peru oder die artenreichen Regenwälder Indonesiens – der diesjährige Umweltpreisträger Dr. Christof Schenck ist fasziniert von den großen unberührten Ökosystemen der Erde. Doch die Lebensräume schwinden durch menschliches Tun und mit ihnen die biologische Vielfalt. „Trotz aller Verluste gibt es auf unserem Planeten immer noch die dramatisch schönen Wildnisgebiete gigantischen Ausmaßes“, stellt der Biologe fest. „Alles, was wir jetzt zum Erhalt dieser intakten Ökosysteme tun, schützt uns vor einer Katastrophe“, ist Schenck überzeugt. 

Wir Menschen brauchen Wildnisgebiete zum Überleben

Artensterben, Klimawandel und Pandemien sind die großen Herausforderungen dieser Zeit und lassen sich nur gemeinsam bekämpfen. Der Erhalt intakter Ökosysteme ist ein Schlüssel, diese Krisen aufzuhalten und die (Über-) Lebensversicherung für uns Menschen. Denn derartige Biodiversitäts-Hot-Spots spielen für den Weltklimaschutz eine entscheidende Rolle – bestes Beispiel ist Amazonien, die globale grüne Lunge. Die dort voranschreitende Entwaldung nähert sich einem Kipppunkt mit dramatischen weltweiten Auswirkungen: Experten schätzen, dass 20 bis 25 Prozent Regenwaldverlust am Amazonas einen nicht mehr zu stoppenden Absterbeprozess initiieren würde. „Derzeit sind es rund 18 Prozent“, gibt Schenck zu bedenken.

Christof Schenck balanciert über eine Schlucht im Chiribiquete-Nationalpark in Kolumbien. © Daniel Rosengren

Wildnisgebiete sorgen für saubere Luft und Wasser, gleichen Wetterextreme aus, regulieren den Wasserhaushalt, sorgen für gesunde Böden, reinigen die Luft und das Wasser, sind Lebensraum für zahlreiche Arten und federn durch das Speichern von Kohlendioxid den Klimawandel ab. Ohne diese sogenannten „Ökosystemleistungen“ können wir Menschen nicht auf dieser Erde überleben. Laut Schenck benötigen wir weltweit 30 Prozent Schutzgebiete, um die Erdsysteme zu stabilisieren. 

Schutzgebiete für die Ewigkeit sichern

Als Direktor der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) forciert der Naturschutzmanager Schenck seit vielen Jahren die Entwicklung hin zum Schutz ganzer Wildnisgebiete und weg vom Schutz einzelner Arten. Die ZGF setzt den Schutz intakter Ökosysteme in Kooperation und mit Unterstützung lokaler staatlicher Gebietsverwaltungen und der Beteiligung der Mensch vor Ort um. Aber vor allem im so bedeutenden globalen Süden sind die Schutzgebiete chronisch unterfinanziert – ihnen fehlt die entsprechende Finanzierung, denn die speist sich häufig aus den wechselhaften staatlichen Haushalten, manchmal auch aus ebenfalls unsicheren Tourismuseinnahmen und privaten Spenden. Und so trieb Schenck irgendwann die Frage um, wie man große und artenreiche Nationalparks über die eigene Lebenszeit hinaus, für die Ewigkeit, schützen kann. 

Naturerbe sichern durch Legacy Landscapes Fund

Schenck überzeugte Naturschutzorganisationen, Stiftungen, staatliche Institutionen und wohlhabende Privatpersonen von der Idee eines Legacy Landscapes Fund (LLF). In diesem Fonds sollen staatliche und private Mittel gebündelt werden, um ein Portfolio der ökologisch wichtigsten Schutzgebiete der Welt anzulegen und deren Schutz langfristig zu sichern. Ein Drittel des Kapitalstocks kommt dabei von privaten Gebern und zwei Drittel kommen von staatlichen Gebern. Vor Ort gewährleistet jeweils eine internationale Nichtregierungsorganisation (NGO), die das Gebiet betreut, in Zusammenarbeit mit der lokalen Schutzgebietsbehörde den Einsatz der Mittel.

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Mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der KfW Entwicklungsbank kamen große Unterstützer hinzu. Im Dezember 2020 wurde der Legacy Landscapes Fund als internationale Stiftung in Frankfurt am Main gegründet, mit dem BMZ als Gründerin. 

Die Mona Lisas dieser Welt

„Eine Dauerfinanzierung für die Mona Lisas dieser Welt“, so fasst Schenck das Ziel zusammen. Damit ist gemeint, dass die Nationalparks, die durch den Legacy Landscapes Fund dauerfinanziert werden, aus Sicht von Naturschützenden besonders wertvoll sein müssen: Jedes Gebiet, das vom Fund unterstützt wird, muss 2.000 Quadratkilometer groß oder größer sein und über eine besonders hohe Biodiversität verfügen. Mindestens die Hälfe der Fläche muss weitgehend nutzungsfrei und ursprünglich sein. 

Elefanten im Runde River im Gonarezhou-Nationalpark, Zimbabwe. © Daniel Rosengren

Erbe für nachfolgende Generationen

Mit aktuell gut 100 Mio. Euro konnte der Legacy Landscapes Fund starten. Inzwischen wurde eine Geschäftsstelle eingerichtet, die ersten Gebiete haben eine Unterstützung erhalten. Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt ist neben der Wildlife Conservation Society, African Parks, und weiteren internationalen NGOs und Institutionen inzwischen strategische Partnerin im Legacy Landscapes Fund und kann auf diesem Wege ihre Erfahrung in der internationalen Naturschutzarbeit in die weitere Entwicklung des Fonds einbringen. 

„Der Start war fulminant“, freut sich Schenck. Aktuell seien bereits sieben Projekte mit über 70.000 Quadratkilometern in der Förderung. Weitere werden bald folgen. Mit der Stiftung wurde eine Organisationsform gefunden, die die Nationalparks eigenständig verwaltet und erhält. „Wir haben diese fantastischen Wildnisgebiete als Naturerbe von der vorhergehenden Generation geschenkt bekommen und unsere Aufgabe ist es, sie für die nächste Generation zu bewahren“, erläutert Umweltpreisträger Schenck seine Motivation.

Text: Ute Magiera, Titelbild: Daniel Rosengren/ZGF

Die Wanderung der Gnus, fotografiert aus einem Heißluftballon. Seronera, Serengeti-Nationalpark, Tansania. © Daniel Rosengren
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