„Gärten des Lebens“ – Durch Nutzung regionalen Obstes Biodiversität erhalten, gesunde Ernährung fördern, regionale (Wirtschafts-)Kreisläufe stärken

Keywords: Nachhaltigere Ernährung, Reduzierung von Nahrungsmittelverlusten, Förderung der Vielfalt der Kulturlandschaft, Regionale Wertschöpfung

Gegenstand und Ziele des Projektes

Das Ziel des Projektes war es, die Nutzung der noch reichlich vorhandenen regionalen Obstbestände zu fördern und damit sowohl einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Ernährung zu leisten als auch die Vielfalt der Kulturlandschaft zu erhalten. Dazu sollten das Verbraucher*innenbewusstsein gefördert und entsprechende Informations-, Kommunikations- und Vermarktungsstrukturen aufgebaut werden.
Das Vorhaben war ein Kooperationsprojekt von Partner*innen aus Deutschland (Ostthüringen) und Ungarn (Komitat Vas). In diesen Regionen haben sich traditionelle Obstbestände mit vielen alten Sorten noch in größerem Umfang erhalten. Das Projekt trägt auch nach seinem Abschluss außer zu einer nachhaltigen Ernährung (Nutzung regional verfügbarer Lebensmittel) auch zum Erhalt der biologischen Vielfalt (Streuobstwiesen als „hot spots“ der Biodiversität), zur Reduzierung von Schadstoffeinträgen (Streuobstbestände werden weder gedüngt noch mit Pestiziden behandelt, unnötiger Transportaufwand wird vermieden) als auch zur verstärkten regionalen Wertschöpfung (Ressourcenschonung) bei. Nicht zuletzt dient das Projekt zur Reduzierung von Nahrungsmittelverlusten – Obst, das nicht geerntet wird und auf den Wiesen verrottet, wird wieder in der Region konsumiert und muss nicht von weither transportiert werden.

Arbeitsschritte und Ergebnisse:

  1. Erfassung als Voraussetzung zum Erhalt alter Obstsorten
    Grundlage war die Entwicklung einer Streuobst-App für Tablet und Smartphone (streuobst-thueringen.de/streuobstapp), mit der nach entsprechenden Schulungen Ehrenamtliche den Streuobstbestand in ihren Regionen erfassen und bewerten können. Im Projektzeitraum wurden mit der App rund 4.800 Bäume erfasst. Damit sollte das Wissen um die vorhandene Vielfalt verbessert und eigene Aktivitäten angeregt werden. Am Savaria Museum wurde zudem ein landwirtschaftlicher Musterbetrieb mit Sortengarten (200 Bäume) angelegt, der die vorhandene Vielfalt sichtbar macht und den Rahmen für Schulungen und Veranstaltungen bietet.
  2. Information und Motivierung von Eigentümer*innen und Verbraucher*innen
    Mit Infokampagnen „Regionales Streuobst – Schätze vor der Haustür“ wurde in beiden Projektregionen das Bewusstsein für den Wert des traditionellen Obstes verbessert; dabei wurde insbesondere an Gesundheitsfragen (gesundes, allergiefreundliches Obst) und das Umwelt- und Ökologiebewusstsein (Erhalt der Biodiversität) angeknüpft.
    In Deutschland wurden dazu jährliche Streuobstmessen, Sortenbestimmungen und fachliche Weiterbildungen durchgeführt. Mit kurzen Videoclips werden Akteur*innen und Aktivitäten rund um die traditionelle Obstkultur sichtbar gemacht. Diese und andere Inhalte wurden über die Internetseite www.streuobst-thueringen.de und soziale Netze verbreitet.
    In Ungarn wurden dazu spezielle Fortbildungen durchgeführt und entsprechende Lehrmaterialien (z. B. Lehrbuch „Feengärten im Komitat Vas“ oder die Informationsbroschüre mit der Präsentation der Obstsorten der Region) erarbeitet. Weitere Aktivitäten waren saisonale Info-Tage und spezielle Fachberatungen „Mein Garten“. Eine der wichtigsten Veranstaltungen von Vasi Skanzen war das Festival mit der Präsentation der Früchte des eingerichteten Mustergartens und der Möglichkeiten der Verwertung. Die Informationen wurden auch beim historischen Karneval von Savaria mit Führungen und Verkostungen vermittelt. Von ungarischen Kolleg*innen wurde zudem ein Videoclip zu den Projektaktivitäten produziert.
  3. Aufbau von Vertriebsstrukturen für regionales Obst
    Der Konsum regionaler Obstprodukte ist der entscheidende Schlüssel für den Erhalt der Obstkultur. Wichtig dazu sind passende Vertriebsstrukturen (kurze Wege, kleine Mengen) für Handel und Verbraucher*innen.
    Hierzu wurden in Thüringen entsprechende Verwertungs- und Verarbeitungskapazitäten (z. B. 8 kleine Mostereien) aufgebaut bzw. gestärkt. In die Vermarktung von Obst und Obsterzeugnissen wurden auch bestehende 3 Initiativen solidarischer Landwirtschaft einbezogen.
    In Ungarn wurden die Strukturen des Savaria Museums genutzt, um speziell Kinder und Kleingartenbesitzer*innen für die Ernte regionalen Obstes zu motivieren, Methoden der Verarbeitung zu vermitteln und entsprechende Kontakte zum regionalen Handel aufzubauen, u. a. zur geplanten neuen Markthalle in Szombathely, deren Eröffnung für 2025 vorgesehen ist.

Innovation und Modellhaftigkeit des Projektes

Die Hauptinnovation des Projektes besteht darin, den Fokus auf Nahrungsmittel (hauptsächlich Apfel) zu richten, die regional im Überfluss vorhanden sind, die aber zum Großteil „vergammeln“, weil das Bewusstsein bei Eigentümer*innen und Verbraucher*innen für deren Wert ebenso wie geeignete Vermarktungs- und Verwertungsstrukturen fehlen. Es handelt sich hier also um eine bisher kaum beachtete Form „vermeidbarer Lebensmittelverluste“, denen mit unterschiedlichen Maßnahmen begegnet werden soll.

Auch in anderen Teilen Thüringens und darüber hinaus in anderen deutschen Regionen gibt es einerseits (noch) reiche Streuobstbestände mit überwiegend alten Sorten und einen langsam wachsenden Bedarf an gesundem Obst. Andererseits fehlen aber trotz einzelner guter Ansätze z. B. im Bereich kleiner Mostereien noch praktikable Strukturen und Voraussetzungen zur stärkeren Vermarktung speziell von Tafelobst alter Sorten. Hier kann das Projekt beispielhafte Methoden, Aktivitäten und Ergebnisse vermitteln, für deren Verbreitung vor allem über die in Deutschland fast flächendeckend vorhandenen LEADER-Strukturen. Auf ungarischer Seite war das Projekt bei der Wissensvermittlung zum Erhalt alter Obstsorten in Ungarn im Allgemeinen und mit der Sensibilisierung der Bevölkerung für bewusste Ernährung sehr modellhaft. Als institutionelle Multiplikator*innen gelten hier die 5 weiteren in Ungarn vorhandenen bäuerlichen Freilichtmuseen. Die Museen sind miteinander auf fachlicher Ebene vernetzt, es findet jährlich eine Konferenz der ungarischen Freilichtmuseen statt. Diese Plattform wird zur Weitergabe von Informationen betreffend der Projektinhalte und -erfolge dienen.

Besondere Aspekte des Projektes

Es handelte sich um ein deutsch-ungarisches Kooperationsprojekt, das einen ganzheitlichen Bildungs- und Projektansatz im Bereich nachhaltige Ernährung, v. a. unter Berücksichtigung „alter (Apfel-)Sorten“ und Erhaltung von Biodiversität verfolgte.

Förderthema 2: Nachhaltige Ernährung und nachhaltiger Umgang mit Lebensmitteln

Projektdurchführung:

Assoziierte Partner*innen:

Wirkungsorte: Deutschland (Ostthüringen) und Ungarn (Komitat Vas)

Förderzeitraum: Juni 2021 bis September 2024

Projektkosten: Gesamtvolumen: 273 899 Euro, Förderung durch DBU: 98 998 Euro

DBU-AZ: 35354

Stand: 17.06.2025