Sondershausen/Bad Frankenhausen. Wer an Naturschutz denkt, denkt vielleicht daran, wie einzelne, selten gewordene Arten gehegt und gepflegt werden. Dass Naturschutz sogar noch mehr ist, als einzelne, selten gewordene Arten zu hegen und pflegen, zeigen die beiden ehemals militärisch genutzten Standortübungsplätzen Sondershausen und Bad Frankenhausen: Es geht um den Schutz ganzer Lebensräume. „Wir haben im Rahmen unserer Biotoptypenkartierung 46 verschiedene Biotoptypen im Bendeleber Wald bei Sondershausen sowie 40 in der Östlichen Hainleite bei Bad Frankenhausen dokumentiert – vom Eichen-Hainbuchenwald über den Binsensumpf bis zum Felsgebüsch“, weiß Dr. Heike Schneider von der gemeinnützigen Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), dem DBU Naturerbe. Wie das Team die zusammen über 800 Hektar großen ehemaligen Standortübungsplätze in den kommenden zehn Jahren schützen und weiterentwickeln wollen – das beschreiben sie in den jetzt fertiggestellten Naturerbe-Entwicklungsplänen.
Ehemalige Standortübungsplätze dem Naturschutz gewidmet
Nach Aufgabe der militärischen Nutzung hat der Bund die beiden Flächen als Teil des Nationalen Naturerbes 2013 an das DBU Naturerbe aus Osnabrück übertragen und dem Naturschutz gewidmet. „Grundsätzlich wollen wir strukturarme Forste zu naturnahen Laubmischwäldern entwickeln, um sie langfristig möglichst ohne menschlichen Eingriff ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Offene Lebensräume mit seltenen Tier- und Pflanzenarten wollen wir durch Pflege bewahren und in ihren Erhaltungszustand möglichst verbessern sowie Feuchtgebiete und Gewässer ökologisch aufwerten oder erhalten“, betont Schneider als Projektverantwortliche für den Naturerbe-Entwicklungsplan der Östlichen Hainleite. Heike Schneider und Jan Felix Schneider als Projektverantwortlicher für den Bendeleber Wald haben gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen sowie dem Bundesforstbetrieb Thüringen-Erzgebirge die beiden Pläne erstellt und mit den Behörden abgestimmt. Insgesamt ein aufwändiger Prozess: Gutachterbüros kartierten im Auftrag des DBU Naturerbes zunächst alle vorhandenen Biotop- und Lebensraumtypen, erhoben Daten zum Waldzustand und erfassten auch Pflanzen- und Brutvogelarten. Aufbauend auf diesen Daten entwickelte das Projektteam die geplanten Naturschutzmaßnahmen für Wald, Offenland und Feuchtgebiete.
Maßnahmen im Bendeleber Wald bei Sondershausen
Auf der DBU-Naturerbefläche Bendeleber Wald werden in den nächsten Jahren Maßnahmen vor allem in der Waldentwicklung durchgeführt. „Wichtig ist, dass wir die charakteristischen und europäisch geschützten Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder als besondere Waldbestände langfristig erhalten. Die lichtbedürftigen Eichen laufen Gefahr, auf den von Buntsandstein geprägten Standorten von Buchen verdrängt zu werden. Zu ihrem Schutz werden behutsam einzelne Bestände aufgelichtet, Eichen gezielt gefördert sowie Waldinnen- und Außenmäntel angelegt. Durch den Erhalt von Alt- und Totholz ist sichergestellt, dass im Gebiet wertgebende Arten wie Hirschkäfer, Mittelspecht und Bechsteinfledermaus weiterhin geeignete Lebensräume vorfinden“, erläutert Jan Felix Schneider.
Maßnahmen in der Östlichen Hainleite bei Bad Frankenhausen
Auch auf der DBU-Naturerbefläche Östliche Hainleite darf sich ein Großteil der Wälder bereits natürlich entwickeln. „In zwei Teilgebieten möchten wir außerdem eine traditionelle Mittelwaldbewirtschaftung aufbauen, die sich durch lichte zweischichtige Wälder auszeichnet und Lebensräume für viele gefährdete Tier- und Pflanzenarten bietet“, betont Heike Schneider. Die Mitarbeitenden des Bundesforstbetriebes Thüringen-Erzgebirge kümmern sich vor Ort um die Umsetzung. Für Koordinator Jörn Krüger und die Revierleiter Christoph Kühne in der Östlichen Hainleite und David Löhlein im Bendeleber Wald stellt der Naturerbe-Entwicklungsplan eine Arbeitshilfe dar, auf Grundlage dessen sie ihre jährlichen Maßnahmen planen.
DBU Naturerbe hat 66 Flächen mit rund 70.000 Hektar vom Bund übernommen
Die ersten ihrer 66 Flächen mit rund 70.000 Hektar hat das DBU Naturerbe 2008 vom Bund übernommen. Schritt für Schritt wird für jede Liegenschaft ein spezifischer Managementplan geschrieben. „Naturschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Wir erarbeiten die Vorschläge für die geplanten Naturschutzmaßnahmen, aber ohne die Zustimmung der beteiligten Behörden sowie die Mitarbeit unserer landwirtschaftlichen Pächter wäre die Umsetzung nicht möglich“, betont Susanne Belting, Fachliche Leiterin im DBU Naturerbe.