Dr. Birgitt Bendiek und Lars Baumgürtel im Interview über die Faszination von Zink und die Bedeutung einer Kreislaufwirtschaft

Die diesjährigen DBU-Umweltpreisträger*innen, die ZINQ-Geschäftsführer*innen Dr. Birgitt Bendiek und Lars Baumgürtel, sprechen im Doppelinterview über die Faszination Zink, die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft und über die Rolle von Innovationen in ihrem Unternehmen.

UWP 2025 Lars Baumgürtel und Dr. Birgitt Bendiek
Lars Baumgürtel und Dr. Birgitt Bendiek haben mit microZINQ® ein besonders rohstoff- und energieeffizientes Verzinkungsverfahren entwickelt.
© Mirco Dreger/DBU

Was fasziniert Sie an dem Metall Zink?
Baumgürtel: An Zink begeistert mich die Intelligenz und Vielseitigkeit des Materials. Einerseits ist es ein lebenswichtiges Spurenelement, andererseits der beste Korrosionsschutz für Stahl. Eine Beschichtung mit Zink schützt Stahl für Jahrzehnte zuverlässig vor Korrosion und hinterlässt keine problematischen Rückstände wie beispielsweise Mikroplastik durch Abrieb.
Bendiek: Metallische Oberflächen auf Basis von Zinklegierungen ermöglichen nicht nur einen hervorragenden Korrosionsschutz, sondern auch extrem langlebige Produkte. Das ist ein Aspekt, der bei der Bewertung von Umweltauswirkungen stärker berücksichtigt werden sollte. Darüber hinaus ist Zink ohne Qualitätsverlust recycelbar und somit ein ideales Metall für die Kreislaufführung von Rohstoffen.

Wo begegnen uns eigentlich im Alltag verzinkte Produkte, ohne dass wir es vielleicht wissen?

Lars Baumgürtel zeigt Stückverzinkungsbleche
Lars Baumgürtel zeigt Stückverzinkungsbleche, die aus verschiedenen Versuchsreihen stammen. Das Ziel ist, ein Verzinkungsverfahren zu entwickeln, das noch weniger Energie benötigt und bei dem sich die Ressourcen komplett im Kreislauf führen lassen.
© Klaus Jongebloed/DBU

Bendiek: Wir verzinken viele Bauteile, u. a. Chassisbauteile bzw. Bauteile oder Komponenten für Fahrzeugchassis für den Automotive-Bereich, sowohl für Hersteller und Zulieferer aus der Automobil- und Nutzfahrzeugindustrie. Das bedeutet: Jeder, der Auto fährt oder einen Bus nutzt, begegnet im Alltag ganz selbstverständlich verzinkten Produkten.
Baumgürtel: Verzinkte Produkte begegnen uns auch ansonsten überall im Alltag – immer dann, wenn Stahl im Außenbereich zum Einsatz kommt. Dazu zählen zum Beispiel Lichtmasten, Leitplanken oder Treppengeländer, aber auch Parkhäuser oder Schubkarren für den Gartenbedarf. In allen Branchen, wo Stahl verarbeitet wird, kommt auch Zink zum Einsatz – neben dem Fahrzeugbau auch in der Landwirtschaft, im Maschinenbau, in der Bauwirtschaft oder auch in Infrastruktur und Energiewirtschaft.

Wie würden Sie das Unternehmen ZINQ beschreiben?
Baumgürtel: ZINQ steht für mich für ein Unternehmen mit Werten. Wir sind ein Familienunternehmen und zugleich Pionier in der Entwicklung zirkulärer Oberflächentechnik. Wir leben den Geist eines typischen Familienunternehmens mit dem Anspruch, unser Unternehmen in Richtung Zirkularität zu transformieren.
Bendiek: Mit dem Namen ZINQ haben wir das Glück, dass sich darin genau das widerspiegelt, was unser Unternehmen ausmacht: Das “Z” steht für Zink aber auch Zuverlässigkeit. Das „I“ und „N“ in der Mitte stehen für Innovation und Nachhaltigkeit – zwei zentrale Pfeiler unseres Handelns. Und das „Q“ am Ende steht für Qualität.
Baumgürtel: Gerade die Mitte – Innovation und Nachhaltigkeit – ist für uns besonders bedeutsam. Sie bilden den Kern unseres unternehmerischen Tuns. Innovation ist die Voraussetzung für Nachhaltigkeit und Innovation muss immer nachhaltig sein.

Dr-Birgitt-Bendiek-im-Futurium
Dr. Birgitt Bendiek (re.) mit einer Mitarbeiterin im Labor des ZINQ-eigenen Forschungs- und Entwicklungszentrums Futurium
© Markus Große Ophoff/DBU

Wie und wo entwickeln Sie die Produkte wie microZINQ? Wie ist ihre Aufgabenteilung?
Baumgürtel: Die besten Ideen kommen oft in ganz entspannten Momenten – zum Beispiel beim Autofahren. Dann denke ich plötzlich darüber nach, wie wir die Benetzbarkeit der Oberflächen noch verbessern können oder wie sich die Zusammensetzung unserer MicroZINQ-Legierung weiter in Richtung Kreislaufführung und Energieeffizienz optimieren lässt. Die Reaktionen im Zinkbad sind komplex, unvorhersehbar und schwer erklärbar und haben daher schon fast mehr mit Alchemie als mit Wissenschaft zu tun.
Bendiek: Und ich bin dann diejenige, die die neuen Ideen ausbaden muss (lacht). Da wir im Grunde wenig über die chemischen Reaktionen in einem Zinkbad wissen, experimentieren wir viel mit den Rezepturen. Mit dem Futurium in Gelsenkirchen haben wir dafür ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum geschaffen. Dort verzinken wir Testbleche mit unterschiedlichen Legierungen und variierenden Anteilen an Zink, Aluminium und anderen Metallen.
Baumgürtel: Das Futurium ist auch ein Ort des Austauschs und der Netzwerkbildung. Hier kommen wir mit Politiker*innen, Wissenschaftler*innen sowie mit Akteur*innen aus Wirtschaft und Industrie zusammen, um gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir die Zukunft und den Weg zu einer zirkulären Wirtschaftsweise gestalten können.

UWP 2025 ZINQ Standort Hagen
Frühstückpause bei ZINQ am Standort Hagen
© Klaus Jongebloed/DBU

Wie nehmen Sie die Mitarbeiter*innen bei der Umsetzung von Innovationen mit?
Bendiek: Alles, was wir tun, ist ohne Menschen nicht möglich, daher brauchen wir die Akzeptanz unserer Mitarbeiter*innen. Wir sind bei ZINQ Ausbildungsbetrieb und bieten in der Branche einen einzigartigen gewerblichen Ausbildungsgang zum Verfahrensmechaniker für Beschichtungstechnik mit einer eigenen Berufsschulklasse in Gelsenkirchen an. Im schulischen Unterricht wird das Thema Nachhaltigkeit gezielt aufgegriffen. Zusätzlich bieten wir ein sogenanntes „Viertes Lehrjahr“ an: Gemeint ist, dass Mitarbeitende mit besonderem Potenzial nach ihrer Ausbildung noch einmal mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit geschult werden. Dabei geht es nicht nur um Fachwissen, sondern auch darum, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, was verändert werden kann und wie man Veränderungsprozesse angeht.
Baumgürtel: So bauen wir unsere eigenen Nachwuchskräfte auf und mittlerweile entstammen mehr als 75 Prozent unserer Führungskräfte der eigenen Ausbildung. Die meisten Werksleiter*innen haben bei uns gelernt. Wir werten das als tollen Erfolg von unserer sogenannten „Mach dein ZINQ“-Initiative.

UWP 2025: Werksleiterin Julia Cwiekala (li) und Dr. Birgitt Bendieck
Julia Cwiekala (li.) ist Werksleiterin bei ZINQ/Hagen (hier mit Dr. Birgitt Bendieck).
© Markus Große Ophoff/DBU

Was sind die Stärken des Mittelstandes und welche Erwartungen haben Sie an die Politik?
Bendiek: Der Mittelstand zeigt, dass er beim Thema Nachhaltigkeit nicht nur redet und lange diskutiert, sondern handelt, auch wenn das mit Risiken verbunden ist. Es lohnt sich für uns als kleine und mittelständische Unternehmen, Nachhaltigkeit als Chance und nicht als Rückschritt zu begreifen. Damit dieses Engagement langfristig Wirkung entfalten kann, brauchen wir jedoch verlässliche politische Rahmenbedingungen. Die Stärke des Standorts Deutschland gerade im Mittelstand ist, dass wir in nachhaltiger Qualität denken und für Innovationen stehen.
Baumgürtel: Ergänzend möchte ich betonen, dass der Mittelstand in der Politik mehr Sichtbarkeit braucht. Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) fallen durch das Raster staatlicher Förderprogramme, da diese oft nicht auf unsere Strukturen zugeschnitten sind. Damit haben sie gegenüber großen Industrieunternehmen einen gravierenden Nachteil. So gilt beispielsweise bei den sogenannten Klimaschutzverträgen der Anlagenbezug als Voraussetzung für eine Förderung. Gerade KMUs arbeiten jedoch oft standortübergreifend und erfüllen somit nicht die Voraussetzung für die Förderung klimafreundlicher Produktion. Aber dennoch sind wir als Mittelstand aufgefordert, unseren Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten und gemeinsam mit unseren Mitarbeiter*innen nicht nur die Ziele zu erreichen, sondern auf dem Weg dahin auch noch jede Menge Spaß haben.

Mehr zu unseren Umweltpreisträger*innen im Blogbeitrag: Deutscher Umweltpreis 2025 für exzellente Klimaforschung und inspirierenden Ressourcenschutz

Text: Dr. Ute Magiera