„Der Umweltpreis geht an die Moore“

Blog-Beitrag zum Deutschen Umweltpreis

Der Träger des Deutschen Umweltpreises 2021, Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Joosten, steht für engagierten Moorschutz. Doch was zeichnet Moore aus und warum sind sie so wichtig mit Blick auf den Klimawandel?

Moorlandschaften gelten noch heute als mystische und unheimliche Landschaften. Dabei sind Moore vor allem unheimlich wichtig für den Klimaschutz. Moore bedecken drei Prozent der Erde, speichern aber doppelt so viel Kohlenstoff wie die Biomasse aller Wälder der Welt auf 30 Prozent der Landfläche. Trotz ihrer wichtigen Rolle als Kohlenstoffspeicher spielen Moore in der öffentlichen Diskussion kaum eine Rolle. Deshalb freut sich Umweltpreisträger Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Joosten, dass mit dem Preis die Aufmerksamkeit auf die Moore gelenkt wird. „Der Umweltpreis geht an die Moore“, so der Moorforscher und Paläoökologe vom Greifswald Moor Centrum.

Intakte Moore sind Kohlenstoffspeicher

Aber wie funktionieren Moore und warum spielen sie so eine große Rolle beim Klimaschutz? Intakte Moorlandschaften sind nass. Hier wachsen Pflanzen, die an die nassen, oft nährstoffarmen Standortbedingungen angepasst sind. Eine typische Moorpflanze ist das Torfmoos (Sphagnum). In einem Moor werden abgestorbene Pflanzenteile durch die hohe Wassersättigung des Bodens und den damit verbundenen Luftabschluss nur unvollständig zersetzt und als Torf abgelagert. Damit wird der in den Pflanzenresten gespeicherte Kohlenstoff konserviert.

Hans Joosten ist es ganz wesentlich zu verdanken, dass Moore Eingang in den Bericht des Weltklimarates (IPCC) fanden. Foto: ©Tobias Dahms

Moore wachsen extrem langsam. Pro Jahr bildet sich nur etwa ein Millimeter Torf neu. Entsprechend speichern Moore mit mehreren Meter mächtigen Torfschichten riesige Mengen Kohlenstoff, die über mehrere Jahrtausende von Moorwachstum zusammengekommen sind.

Je nach regionaler Gegebenheit haben sich verschiedene Moortypen gebildet – je nachdem aus welcher Quelle das Wasser in die Moore fließt. Vereinfacht unterscheidet man Hoch- und Niedermoore. Hochmoore werden ausschließlich von Niederschlagswasser gespeist und Niedermoore zusätzlich von Oberflächen-, Grund- oder Meerwasser.

Entwässerte Moore verstärken den Klimawandel

Werden Moore entwässert, gelangt Sauerstoff in die Böden und der Torf wird zersetzt. Dabei entweichen große Mengen Treibhausgase, die den Klimawandel verstärken.

Nur ein kleiner Teil der Moore auf der Erde ist entwässert. Die Schätzungen liegen bei 15 Prozent, was 0,4 Prozent der Landfläche entspricht. Das hört sich nicht nach viel an, aber laut Joosten ist schon dieser kleine Teil für 4 Prozent aller anthropogenen, also „menschengemachten“ Treibhausgasemissionen verantwortlich.

In Deutschland sieht die Lage anders aus: Insgesamt sind rund 1,5 Millionen Hektar mit Mooren bedeckt, das entspricht 4,2 Prozent der Fläche Deutschlands. Sie kommen überwiegend in der norddeutschen Tiefebene und im Alpenvorland vor. Heute sind rund 95 Prozent der Moore entwässert, damit auf den Flächen Torf abgebaut oder sie land- und forstwirtschaftlich genutzt werden können. „Wiesen und Weiden auf entwässerten Mooren emittieren jährlich 29 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent pro Hektar, Äcker sogar 37 Tonnen pro Hektar“, erläutert Joosten die Auswirkungen. Damit man sich die Dimensionen besser vorstellen kann wählt er einen Vergleich: Die Emissionen entsprechen der Menge, die ein Auto über eine Strecke von 145.000 Kilometern beziehungsweise 185.000 Kilometern ausstoße. Und noch eine andere Zahl verdeutlicht, wie hoch die Treibhausgasemissionen auf nicht-intakten Moorflächen sind: Die entwässerte und landwirtschaftlich genutzte Moorfläche in Deutschland emittiert laut Greifswald Moor Centrum rund 5,7 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgase.

Mit der Entwässerung der Moore werden aber nicht nur klimaschädliche Gase freigesetzt. Damit verbunden ist auch der Rückgang von hochspezialisierten, moortypischen Tier- und Pflanzenarten. Außerdem sind entwässerte Moore leicht entzündlich und bergen die Gefahr von Bränden. Der Qualm brennender Moore enthält große Mengen Feinstaub, gesundheitsschädliche Substanzen sowie klimaschädliches Kohlendioxid. Die Emissionen heizen den Klimawandel weiter an.

Eine typische Moorpflanze ist das Torfmoos (Sphagnum). Es ist an die nassen, oft nährstoffarmen Standortbedingungen angepasst. Foto: © Greifswald Moor Centrum

Regelmäßig sorgen die großflächigen Torfbrände in Russland oder Indonesien für Schlagzeilen. In Deutschland passiert das selten, aber wenn, dann mit verheerenden Folgen: Nach einem niederschlagsarmen und heißen Sommer brannte 2018 das Moor bei Meppen, das von der Bundeswehr als militärisches Übungsgelände genutzt wird. Ursache war eine abgefeuerte Luft-Boden-Rakete. Erst nach fünf Wochen konnte der Brand gelöscht werden. Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes sind durch den Unfall zusätzlich 637.000 Tonnen Treibhausgas ausgestoßen worden. Zum Vergleich: Die Kohlendioxid-Emissionen pro Kopf lagen in Deutschland 2019 bei 7,75 Tonnen.

Moorschutz ist Klimaschutz

Es gibt also viele Gründe, die Moore weltweit zu schützen. Die Einhaltung der im Pariser Klimaschutzabkommen beschlossenen Ziele wird nur funktionieren, wenn die Moore mit berücksichtig werden. Umweltpreisträger Joosten ist es ganz wesentlich zu verdanken, dass Moore Eingang in den Bericht des Weltklimarates (IPCC) fanden.

Das Rezept, um die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen aus Mooren zu reduzieren, ist einfach und lautet „Wiedervernässen“. Die Vernässung von Moorböden ist effektiver Klimaschutz. Das Team am Greifswald Moor Centrum hat eine Rechnung aufgestellt: Um bis 2050 die Treibhausgas-Emissionen aus Mooren in Deutschland weitestgehend zu reduzieren, müssten jährlich 50.000 Hektar bislang weitgehend landwirtschaftlich genutzte (Moor-) Flächen vernässt werden. Aktuell geht der Prozess mit rund 70.000 Hektar restaurierter Moorflächen in den letzten 40 Jahren allerdings nur schleppend voran.

Klimafreundliche Nutzung von Moorböden ist möglich

Moorschutz und Moornutzung stehen für Joosten nicht im Widerspruch. „Wir entwickeln im Greifswald Moor Centrum eine klimafreundliche und torferhaltende Bewirtschaftung von Moorflächen, die sogenannten Paludikulturen“, erläutert Joosten. In Paludikulturen werden an hohe Wasserstände angepasste Pflanzen kultiviert, wie Schilf, Rohrkolben oder Torfmoos. Die Förderung von Paludikulturen ist in den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung aufgenommen. Es besteht also Hoffnung, dass das große Potenzial der Moore zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen zukünftig ausgeschöpft wird.

Mooren eine positive Bedeutung geben

Damit Moore besser geschützt werden, müssen wir nach Einschätzung des Umweltpreisträgers unsere Einstellung zu Mooren ändern. „Menschen blicken im Allgemeinen ziemlich negativ auf Moore. Wenn man Moore besser kennenlernt, sind sie faszinierend“, sagt Joosten. „Wir müssen den Mooren eine positive Bedeutung geben und die Herzen der Menschen erreichen, damit Gesellschaft und Politik ihre enorme Bedeutung für den Klimaschutz erkennen und handeln.“ Uns allen sei vermutlich gar nicht klar, dass die rauen und kargen Moorlandschaften ebenso zu unserer Identität gehören wie der Wald. Joosten plädiert dafür, dass die Moore die Anerkennung bekommen, die sie aufgrund ihrer Bedeutung für uns Menschen verdienen.

Text: Dr. Ute Magiera, Titelbild: © Tobias Dahms