Promotionsstipendium: Chantal Krumm

Gräben überwinden für transformativen Wandel: Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung im Kontext polarisierter sozial-ökologischer Konfliktlagen

Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Ressourcenübernutzung und soziale Ungleichheiten führen weltweit zu tiefgreifenden sozial-ökologischen Krisen, deren Bewältigung eine umfassende gesellschaftliche Transformation erfordert. Transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung hat sich als zentraler Forschungsmodus etabliert, um Wissenschaftler:innen verschiedener Disziplinen mit gesellschaftlichen Akteuren zusammenzubringen, praxisnahes Wissen zu generieren und tragfähige Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung zu erarbeiten.

Doch transdisziplinäre Prozesse geraten zunehmend in gesellschaftliche Spannungsfelder: Polarisierung, insbesondere affektive Polarisierung, erschweren den Dialog, verschärfen emotionale Konflikte und blockieren kooperative Aushandlungsprozesse. Sie gefährden damit die Entwicklung von Lösungsansätzen, reduzieren Perspektivenvielfalt und untergraben transformative Prozesse. Diese Dynamiken zeigen sich besonders bei umweltbezogenen Themen wie Naturschutz, Klimaschutz oder Landnutzung und spitzen sozial-ökologische Konflikte zu. Erste Forschungsergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass transdisziplinäre Ansätze auch in affektiv polarisierten sozial-ökologischen Konflikten Brücken schlagen und Verständigung ermöglichen können, indem sie Austauschräume schaffen, Beteiligung ermöglichen und Perspektivenvielfalt fördern. Systematisches Wissen darüber, wie affektive Polarisierung transdisziplinäre Prozesse in solchen Konflikten beeinflusst, welche Herausforderungen daraus entstehen und wie damit produktiv umgegangen werden kann, fehlt bislang.

Das Promotionsvorhaben untersucht daher, a) welche spezifischen Herausforderungen affektiv polarisierte sozial-ökologische Konflikte für transdisziplinäre Prozesse darstellen, b) wie unter solchen Bedingungen Wissensproduktion und Lösungsfindung gelingen kann und c) wie diese Prozesse zur Transformation der sozial-ökologischen Konflikte beitragen können.

Das methodische Vorgehen umfasst vier aufeinander aufbauende Schritte der empirischen Sozialforschung: eine systematische Literaturanalyse, Expert:innen-Interviews, zwei bis drei vertiefende Fallstudien sowie einen abschließenden Syntheseworkshop. Die Literaturanalyse erfasst den Forschungsstand an der Schnittstelle von transdisziplinärer Forschung, sozial-ökologischen Konflikten und affektiver Polarisierung. Anschließend werden Expert:innen aus zwei Gruppen interviewt: Wissenschaftler:innen mit entsprechender transdisziplinärer Erfahrung sowie Fachpersonen aus Praxis- und Forschungsfeldern wie Friedensforschung, politischer Bildung oder Mediation.

In den Fallstudien werden transdisziplinäre Prozesse in ausgewählten, emotional aufgeladenen und polarisierten sozial-ökologischen Konflikten (z. B. Naturschutz, Landwirtschaft, Ressourcen) empirisch vertieft untersucht. Wiederholte Feldbesuche dienen der Datenerhebung durch teilnehmende Beobachtung und Interviews. Sie ermöglichen fundierte Konfliktanalysen und Prozessrekonstruktionen, fördern Vertrauen, stärken Forschungsbeziehungen und unterstützen ein vertieftes Verständnis der konflikthaften Kontexte.

Die Auswertung erfolgt mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Ziel ist es, besser zu verstehen, wie affektive Polarisierung transdisziplinäre Prozesse im Kontext sozial-ökologischer Konflikte beeinflusst und praxisrelevante Hinweise für deren Gestaltung zu entwickeln. Im abschließenden Workshop werden die Ergebnisse mit Expert:innen und Beteiligten reflektiert und weiterentwickelt.

Das Vorhaben leistet einen wissenschaftlich wie gesellschaftlich relevanten Beitrag, indem es aufzeigt, wie affektive Polarisierung transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung beeinflusst – und wie solche Prozesse trotz Polarisierung konstruktiv gestaltet werden können. Die Ergebnisse sollen das wissenschaftliche Verständnis vertiefen und konkrete Impulse für Akteure liefern, die transformative Prozesse in sozial-ökologischen Konflikten verantwortungsvoll gestalten und Lösungen für Nachhaltigkeit ermöglichen.

AZ: 20025/102

Zeitraum

01.03.2026 - 28.02.2029

Institut

Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Betreuer

Prof. Dr. Flurina Schneider