Promotionsstipendium: Sophia Waha

Können sich diversere Wälder besser verteidigen? Untersuchungen zu den Effekten von Baumdiversität auf Verteidigungs- und Schutz-assoziierte Sekundärmetabolite mit Hilfe von Nahinfrarotspektroskopie

Im aktuellen Kontext von Klimawandel und Biodiversitätskrise spielen Waldökosysteme als Biodiversitätshotspots eine zentrale Rolle für den Erhalt unserer Lebensgrundlage. Dies ist insbesondere für eine nachhaltige Forstwirtschaft von Bedeutung, da artenreiche Wälder im Vergleich zu Monokulturen sowohl produktiver als auch widerstandsfähiger gegenüber natürlichen Störungen sind. Derzeit sind die Wälder in Deutschland stark durch hohe von Herbivoren und Pathogenen ausgelöste Mortalitätsraten geprägt, wobei vor allem sekundärer Schädlingsbefall an bereits durch Trockenstress vorgeschädigten Bäumen eine wichtige Rolle spielt. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Problematik im Laufe des Klimawandels weiter verschärfen wird. Daher ist die Resistenz zukünftiger Wälder gegenüber Herbivoren und Pathogenen ausgesprochen relevant für einen nachhaltigen Waldumbau.

In diesem Zusammenhang sind Sekundärmetabolite, die von Bäumen zur Verteidigung und zum Schutz gebildet werden, von besonderem Interesse. Insbesondere phenolische Verbindungen wie Tannine und Flavonoide, aber auch Alkaloide spielen eine zentrale Rolle in der chemischen Abwehr von Gehölzen. Die Konzentration verschiedener Sekundärmetabolite in den Blättern ist einerseits artspezifisch, wird andererseits auch von Umweltbedingungen wie Biodiversität und Lichtverfügbarkeit beeinflusst. Der Zusammenhang zwischen Baumartenreichtum, Sekundärmetaboliten und Schädlingsbefall ist bisher unzureichend erforscht und stellt eine Forschungslücke in der Biodiversitätsforschung dar, die unbedingt geschlossen werden sollte. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in der aufwändigen und kostenintensiven Analyse von Sekundärmetaboliten im Labor, welche die Untersuchung großer Probensätze erschwert. Um dieses Problem zu lösen, plane ich in meinem Promotionsvorhaben den Einsatz moderner Hochdurchsatzmethoden wie der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS). Diese nachhaltige, ressourcenschonende und innovative Methode ermöglicht eine effiziente und umfangreiche Analyse von Sekundärmetaboliten in Blattproben.

Für meine Untersuchungen werde ich größtenteils Blattproben aus verschiedenen Biodiversity-Ecosystem-Functioning -Experimenten (BEF-Experimente) des TreeDivNet-Netzwerks nutzen, die bereits im Labor vorliegen. Im ersten Teilprojekt werde ich die Nahinfrarotspektroskopie zunächst auf den Gesamtphenolgehalt, Tannine, Flavonoide sowie den Gesamtalkaloidgehalt kalibrieren, wofür etablierte nasschemische Methoden verwendet werden. Mithilfe der daraus abgeleiteten Vorhersagemodelle werde ich im zweiten Teilprojekt umfangreiche Probensätze aus weltweiten BEF-Experimenten analysieren, um allgemeine ökologische Zusammenhänge zu entschlüsseln, wobei der Fokus auf den sechs deutschen BEF-Experimenten des TreeDivNet-Netzwerkes liegen wird. Dafür werde ich auch eigene Geländearbeit im HighDiv-SRC Experiment in Freiburg durchführen, um Blattproben zu nehmen, sowie den Herbivorie- und Pathogenbefall der Blätter zu bestimmen. Um potenzielle Mechanismen besser zu verstehen, werde ich in einem dritten Teilprojekt ein Gewächshausexperiment mit drei wichtigen heimischen Waldbaumarten (Acer pseudoplatanus, Betula pendula, Carpinus betulus) durchführen, welches untersucht inwieweit Lichtintensität biodiversitäts- und herbivorie-induzierte Effekte auf den Gehalt verschiedener Sekundärmetabolite in Blättern beeinflusst.

Das geplante Promotionsprojekt ermöglicht zum einen die Untersuchung allgemeiner ökologischer Zusammenhänge welche essenziell sind um Lücken in der Grundlagenforschung zu schließen. Zum anderen können die Erkenntnisse dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit zukünftiger Wälder gegenüber Schädlingsbefall zu erhöhen, da direkt praktische forstwirtschaftliche Empfehlungen für geeignete Baumartenmischungen abgeleitet werden können. Dies ist aus forstwirtschaftlicher und naturschutzfachlicher Sicht außerordentlich relevant für die Transformation unserer Wälder in Zeiten des globalen Wandels.

AZ: 20025/019

Zeitraum

01.07.2025 - 30.06.2028

Institut

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Professur für Geobotanik

Betreuer

Prof. Dr. Helge Bruelheide