MOE-Fellowship

Joana Bauer

Profilierung von Naturstoff-produzierenden Mikroorganismen fĂŒr die Isolierung neuer antifungaler Naturstoffe und deren potentielle Anwendung als Biokontrollmittel

PROBLEMSTELLUNG: Die konventionelle Landwirtschaft in Deutschland ist fĂŒr nahezu die gesamte Belastung der Umwelt mit chemischen Pflanzenschutzmitteln verantwortlich. Mit ca. neun kg/ha/Jahr fĂŒhrt die Nutzung dieser PSM zu einem Verlust an BiodiversitĂ€t, der Vernichtung von LebensrĂ€umen und der Manifestation von Pestiziden in Nahrungsketten. ZusĂ€tzlich verursacht die Landwirtschaft 7,5% der deutschen Treibhausgas-Emissionen und ist damit ein Treiber des Klimawandels.

Die Rate des BiodiversitĂ€tsverlusts und der globalen ErwĂ€rmung haben bereits ein kritisches Limit ĂŒberschritten. Dies fĂŒhrt zu extremen klimatischen Ereignissen wie langen und hĂ€ufigeren Trockenperioden und starken RegenfĂ€llen und schwĂ€cht die deutschen Ökosysteme. In dieser angespannten Situation sind PflanzenschĂ€dlinge auf dem Vormarsch.

Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken ist eine Transformation und Neuausrichtung der landwirtschaftlichen Systeme in Richtung einer bioökonomisch vertrĂ€glichen, nachhaltigen Lebensmittelproduktion unumgĂ€nglich. Ein wesentlicher Bestandteil dessen sind Bestrebungen den ökologischen Landbau zu fördern. Doch gerade dieser Form des Anbaus mangelt es an BekĂ€mpfungsmitteln gegenĂŒber Pflanzenpathogenen. Dies fĂŒhrt zu einer Verwundbarkeit des gesamten Sektors. DarĂŒber hinaus fehlt in vielen FĂ€llen das Wissen ĂŒber die genaue Wirkweise, von auf dem Markt erhĂ€ltlichen Biokontrollmitteln. Geeignete biobasierte Produkte zur Behandlung von Pilzkrankheiten stellen somit einen dringenden Bedarf dar.

ZIELSETZUNG: Ziel des Projektes ist es, neue mikrobielle StĂ€mme zu charakterisieren, die fĂŒr eine Anwendung als antifungale Biokontrollmittel optimiert sind. Zwei wichtige Pilzkrankheiten in Deutschland sollen in diesem Zusammenhang adressiert werden: die Septoria-BlattdĂŒrre als die weltweit verbreitetste Krankheit bei Weizen und die Schwarzfleckenkrankheit bei Kartoffeln, welche besonders durch den Klimawandel profitiert.

Dabei werden detaillierte Kenntnisse ĂŒber die metabolischen und genomischen Eigenschaften der neuen StĂ€mme erzeugt. So wird bisher mangelndes Wissen generiert, welche metabolischen FĂ€higkeiten zur FunktionalitĂ€t von Biokontrollmitteln beitragen. ZusĂ€tzlich werden Tests einbezogen um Lösungen mit gĂŒnstigem ökologischen und toxikologischen Profil zu identifizieren. Die Perspektive der ressourcen-effektiven fermentativen Produktion dieser Biokontrollmittel nach Gesichtspunkten der Bioökonomie ist ein weiterer wesentlicher Aspekt dieses Projekts (Kreislaufwirtschaft: Valorisierung von Abfall- und Nebenströmen).

VORGEHENSWEISE: Die fungiziden Eigenschaften von bodenbewohnenden Bakterien als natĂŒrlichen Bestandteilen der Bodenökosysteme werden im Kontext der benannten Pilzkrankheiten erforscht.  Dazu werden modernste Metabolomik- und Genomik-Technologien eingesetzt um die metabolischen FĂ€higkeiten der hier untersuchten Bakterien umfassend zu bestimmen. Dies wird in einem dreiphasigen Projekt umgesetzt:

1. Identifizierung und Charakterisierung von Bakterien, die ein vielversprechendes Naturstoffprofil aufweisen.

Geleitet durch antifungale BioaktivitÀtsdaten wird das metabolische Profil jedes betrachteten Stammes bewertet. Dadurch kann sowohl die Produktion von pflanzenfördernden Substanzen als auch umweltgefÀhrdenden Stoffwechselprodukten bestimmt werden.

2. Neue Naturstoffe mit antifungaler AktivitĂ€t werden isoliert und ihre Struktur aufgeklĂ€rt. Die identifizierten StĂ€mme und Naturstoffe werden profiliert. Dazu wird die antifungale Potenz bestimmt und öko-, zell- und phytotoxikologische Tests zur UmweltvertrĂ€glichkeit durchgefĂŒhrt.

3. Die vielversprechendsten Bakterien und Naturstoffe werden in Pflanzen-Infektions-Experimenten getestet. Dazu werden in vivo-Assays etabliert. Sie ermöglichen die EffektivitÀt der biobasierten Produkte bei der Krankheitskontrolle zu bestimmen.

ENDERGEBNIS: Das Projekt wird Wissen zu den metabolischen FÀhigkeiten von Bakterien liefern und ökologisch nachhaltige Alternativen zu chemischen PSM aufzeigen.

ERSTE ERGEBNISSE: Im ersten Jahr wurde ein umfangreiches Stammset von Bakterien aus der Abteilung der Firmicutes getestet. Drei umfangreiche Datenpakete, bestehend aus Phylogenie/Genomik und Metabolik (s. Punkt 1.), wurden mittels eines noch nicht veröffentlichten R-Skripts zusammengefasst. Diese Methode ermöglicht eine halbautomatische und zĂŒgige Analyse großer DatensĂ€tze, ist nicht nur auf das vorliegende Datenset anwendbar, sondern auch fĂŒr weitere Datensets in der Pipeline dieses Projekts konzipiert. Der Fokus liegt auf einer effizienten Bearbeitung, mit dem Hauptziel der gezielten Stammpriorisierung und Charakterisierung großer DatensĂ€tze.

Die Analyse der Firmicutes-StĂ€mme offenbarte, dass Bacillus-StĂ€mme eine signifikante AktivitĂ€t gegen mindestens zwei der drei getesteten pilzlichen IndikatorstĂ€mme aufwiesen. Infolgedessen wurde das Datenset entsprechend bereinigt, indem alle StĂ€mme, die nicht phylogenetisch nachvollziehbar zur Gattung Bacillus gehören, sowie deren – durch PCR-Fingerprinting nachgewiesenen – Duplikate entfernt wurden. Die verbleibenden Bacillus-StĂ€mme wurden erneut prozessiert. Dabei wurde deutlich, dass insbesondere StĂ€mme aus der Klade der Bacillus subtilis eine ausgeprĂ€gte AktivitĂ€t gegenĂŒber pilzlichen Indikatoren aufweisen. Dazu gehören Bacillus subtilis, B. amyloliquefaciens, B. velezenis, B. inaquosporum, B. spizizenii, B. atrophaeus, B. haoltolerans, B. licheniformis und B. paralicheniformis. Dies entspricht den in der Literatur beschriebenen Erkenntnissen.

Unter 24 StĂ€mmen mit hoher antifungaler AktivitĂ€t und ohne genetische Duplikate wurden besonders solche priorisiert, die genomsequenziert waren und vorteilhafte Biosynthesegencluster aufwiesen. Dabei wurden vier StĂ€mme besonders priorisiert. Die Biosynthesegencluster der vier prioritĂ€ren Bacillus-StĂ€mme weisen darauf hin, dass sie wahrscheinlich pflanzenwachstumsfördernde und/oder antifungal aktive Stoffe produzieren können, wĂ€hrend das Potenzial fĂŒr medizinisch anwendbare oder umwelttoxische Verbindungen gering ist. Die StĂ€mme sind nun fĂŒr die in vitro Profilierungen (s. Punkt 2) vorgesehen.


Übersicht

Förderzeitraum

01.02.2023 - 31.01.2026

Institut

Justus-Liebig-UniversitĂ€t Gießen (JLU) Institut fĂŒr Insektenbiotechnologie Department of Natural Product Research

Betreuer

Prof. Dr. Till SchÀberle

Kontakt

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