Projekt 40063/01

Leitstrukturen als Aufwanderhilfe für Fische (LAuF)

Projektdurchführung

Technische Universität Darmstadt
Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften
Fachgebiet Wasserbau und Hydraulik
Franziska-Braun-Str. 7
64206 Darmstadt

Zielsetzung

Der Rückgang der Biodiversität in aquatischen Ökosystemen ist maßgeblich auf Habitatverluste durch anthropogene Nutzung und den damit verbundenen Verbau der Gewässer zurückzuführen. Die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit stellt daher ein zentrales Ziel nationaler und internationaler Umweltstrategien dar (u. a. EU-WRRL, WHG, NBS).

Fischaufstiegsanlagen (FAA) sind ein wesentliches Instrument zur Umsetzung dieses Ziels, ihre Wirksamkeit wird jedoch insbesondere in breiten Fließgewässern mit starker Hauptströmung durch eingeschränkte Auffindbarkeit deutlich limitiert. Konventionelle Leitströmungskonzepte erweisen sich dabei häufig als unzureichend. Zur Verbesserung der Auffindbarkeit werden dabei bauliche Maßnahmen wie temporäre Strömungsverlagerungen, physische Einschwimmsperren oder auch Verhaltensbarrieren diskutiert. Deren funktionale Effizienz ist bislang jedoch nur unzureichend belegt und bestehende Regelwerke (z. B. DWA-M 509) bieten derzeit keine Bemessungs- oder Planungsempfehlungen.

Ziel des Forschungsprojekts ist daher die Entwicklung einer modularen Leitstruktur, die aquatische Lebewesen gezielt zu Fischaufstiegsanlagen oder geeigneten Wanderkorridoren führt und gleichzeitig das Einschwimmen in für sie ungeeignete Bereiche verhindert. Die Struktur soll verschiedene Wanderstrategien (sohlen-, ufernah, Hauptströmung) unterstützen, über lange Zeiträume wirksam sowie hochwasserneutral sein und sich weiterhin möglichst einfach installieren lassen. Auf Basis fundierter hydraulischer und biologischer Kriterien werden klare Planungsempfehlungen für Bemessung und Bewertung erarbeitet, die zur Unterstützung von Planungsbüros, Behörden und Gutachtenden perspektivisch in Regelwerke integriert werden sollen.
Die im Forschungsprojekt gewonnen Erkenntnisse und Entwicklungen leisten damit einen Beitrag zur:
(1) Förderung der Vernetzung von Fließgewässern
(2) Stärkung von Populationen und Artenvielfalt, einhergehend mit einer Verbesserung des ökologischen Gewässerzustands
(3) Steigerung der Umweltverträglichkeit von Wasserkraftanlagen
Eine Relevanz der zuvor genannten Aspekte ist nicht nur für Deutschland, sondern in gleicher Weise auch für andere Gebiete gegeben.

Arbeitsschritte

Zur Erreichung der Projektziele werden im Verlauf von 34 Monaten sechs Arbeitspakete unter Einsatz vielfältiger methodischer Ansätze bearbeitet:

Auf Basis einer Literaturrecherche wird eine Anforderungsliste für Leitstrukturen erstellt, die biologische, hydraulische, geometrische und konstruktive Aspekte umfasst. Darauf aufbauend entsteht ein erster Entwurf, der in weiteren Variantenstudien mithilfe eines HN-Modells geprüft und verfeinert wird.

Die identifizierte Vorzugsvariante wird in einem großmaßstäblichen Labormodell umgesetzt und mittels ethohydraulischer Tests untersucht – unterstützt durch die Fischökologische & Limnologische Untersuchungsstelle Südthüringen („FLUSS“). Strömungsmessungen dienen der Analyse, Kalibrierung und Validierung eines HN-Modells, das als „Digitaler Zwilling“ das Strömungsfeld hochaufgelöst abbildet. Die Überlagerung der Strömungsdaten mit den Verhaltensbeobachtungen ermöglicht eine Ableitung praxisrelevanter Empfehlungen.

Diese Empfehlungen werden außerdem auf die Planung und Bewertung zweier Standorte praktisch angewendet. Durch die enge Kooperation mit dem Praxispartner Fichtner Water & Transportation GmbH findet im Laufe des Projektes ein ständiger Austausch zwischen Praxis und Forschung statt, sodass Erkenntnisse in einem iterativen Prozess zur Optimierung der entwickelten Leitstruktur beitragen.

Die im Projekt entwickelte modulare, kosteneffiziente Leitstruktur ist flexibel einsetzbar sowie einfach installierbar. Ihre Leitwirkung entsteht durch spezifische Strömungssignaturen, die das Verhalten aquatischer Organismen beeinflussen. Neben mittleren Strömungsgeschwindigkeiten werden auch Druck- und Geschwindigkeitsgradienten, Turbulenzgrößen und Wirbelstrukturen systematisch zur Erweiterung bekannter ethohydraulischer Signaturen analysiert. Ethohydraulische Laborstudien mit Fischen sowie erste Freilanduntersuchungen liefern praxisrelevante Erkenntnisse, die mithilfe des dreidimensionalen hydrodynamisch-numerischen Modells präzise ausgewertet werden. Die Integration künstlicher Intelligenz erlaubt darüber hinaus die automatisierte Mustererkennung im Zusammenspiel von Strömung und Tierverhalten. Durch diese methodische Erweiterung entstehen neue, anwendungsorientierte Planungs- und Bewertungsansätze, die eine deutlich effektivere Gestaltung ökologischer Durchgängigkeit ermöglichen und einen nachhaltigen Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten.

Übersicht

Fördersumme

174.990,00 €

Förderzeitraum

01.07.2025 - 30.04.2028

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik