Projekt 39867/01

Nachhaltige Entwicklung historischer Hutewälder durch Waldweide

Projektdurchführung

Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
Abteilung Waldnaturschutz
Sachgebiet Arten- und Biotopschutz
Prof.-Oelkers-Str. 6
34346 Hann Münden

Zielsetzung

Seit den Anfängen der Viehhaltung in der Jungsteinzeit hat die Waldweide die Artenzusammensetzung und Struktur mitteleuropäischer Wälder geprägt. Die entstandenen Hutewälder vereinen selten gewordene Strukturelemente wie Alt- und Totholz sowie lichte Waldstrukturen und bieten einer Vielzahl seltener Arten wertvolle Lebensräume. Viele holzbewohnende Arten sind auf eine langfristige Habitatkontinuität angewiesen und können neue Standorte nur schwer besiedeln.

Als Biodiversitäts-Hotspots stellen historische Hutewälder einen wertvollen Übergangsbereich zwischen Offenland- und Waldhabitaten dar. Ihr halboffener Charakter fördert Wanderbewegungen von Arten und stärkt den Biotopverbund. Weidetiere spielen dabei eine zentrale Rolle als Ausbreitungsvektoren. Besonders im Klimawandel bieten Waldweiden durch ihre Mikrohabitate und Mikroklimate Rückzugsräume für Arten, die empfindlich auf Temperaturveränderungen oder extreme Wetterereignisse reagieren.

Waldweidesysteme gelten als "high nature value landscapes" – extensive Landnutzungssysteme mit hoher Biodiversität. Sie werden in verschiedenen Programmen auf Landes- und Bundesebene gefördert, darunter in der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt 2030. Neben der Bewahrung der historisch gewachsenen Artenvielfalt tragen sie auch zum Erhalt alter Nutztierrassen bei, die traditionell für diese Bewirtschaftungsform geeignet sind.

Um die Grundlagen für den Schutz historischer Hutewälder zu schaffen, führte die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) von November 2022 bis Dezember 2024 ein DBU-Projekt zur Sammlung und praxisnahen Aufbereitung historischen und aktuellen Wissens über Hutewälder in Nordwestdeutschland durch. Dazu gehörte auch eine aktuelle Flächenbilanzierung historischer Hutewälder.

Das hier vorgestellte Projekt baut auf diesen Forschungsergebnissen auf. Es soll die Waldweidenutzung in historischen Hutewaldbeständen neu beleben und so die Habitatkontinuität sowie ihre sozial-ökologischen Werte bewahren. Damit bewegt es sich an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Naturschutzpraxis.

Die zentralen Arbeitsschwerpunkte des Projekts sind:
• Entwicklung von Konzepten zur Regeneration historischer Hutewaldflächen in Nordhessen / Südniedersachsen
• Zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit mit Praxisakteuren
• Beantwortung praxisrelevanter Fragen zur Hutewaldpflege und -bewirtschaftung
• Entwicklung eines Leitfadens zur Hutewaldpflege

Arbeitsschritte

Das Folgeprojekt gliedert sich in drei Bearbeitungsebenen: (1) die Modellregion Nordhessen/Südniedersachsen, (2) die dortigen aktiven Hutewälder und (3) die Trägerländer der NW-FVA (Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein). Auf jeder Ebene wird ein spezifisches Arbeitspaket bearbeitet.

Die Modellregion Nordhessen/Südniedersachsen wurde aufgrund der hohen Dichte erhaltener Hutewaldrelikte identifiziert. Dort werden erhaltenswerte Flächen entwickelt, gepflegt und wiederhergestellt, um ihre Biodiversität langfristig zu sichern. Kriterien für die Flächenauswahl können u. a. hutewaldspezifische Strukturen, Biodiversitätswerte sowie die Einbindung in Biotopverbünde mit Buchen-Naturwäldern oder Magergrünland sein. Eine sozio-ökonomische Analyse soll zudem finanzielle und weitere Anreize für Waldweide ermitteln.

Die zweite Ebene umfasst bestehende Hutewaldflächen der Modellregion, deren Bewirtschafter Teil der regionalen „Community of Practice“ sind. Im neuen Projekt sollen weitere Flächen hinzukommen. Das Arbeitspaket „Zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit“ nutzt diese Flächen, um Praxisgruppen gezielt zu informieren. Fokus sind praxisrelevante Fragen zur Hutewaldpflege und -bewirtschaftung, die nur mit erfahrenen Akteuren beantwortet werden können. Die parallele Wiederentwicklung von Hutewäldern ermöglicht zudem Öffentlichkeitsarbeit zu Erstmaßnahmen und Naturschutzwerten.

Die dritte Ebene bezieht die Trägerländer der NW-FVA ein. Ziel des Arbeitspakets „Leitfaden zur Pflege und Bewirtschaftung historischer Hutewälder“ ist die Aufbereitung und Weitergabe des Praxiswissens über die Modellregion hinaus. Ein Leitfaden soll eine langfristige Hilfestellung für die Planung und Umsetzung von Hutewaldprojekten bieten. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der Modellregion und den aktiven Hutewäldern. Workshops zu Praxisfragen ergänzen die Wissenssammlung, zudem wird historisches Wissen zu Hutewäldern integriert. Der Leitfaden sowie die Initiierung von Leuchtturmprojekten sollen das Thema Hutewaldbeweidung langfristig etablieren.

Übersicht

Fördersumme

174.692,00 €

Förderzeitraum

01.03.2025 - 31.08.2027

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz