Technische Universität München (TUM)
TUM School of Engineering and Design
Professorship of Architecture and Design
Arcisstr. 21
80333 München
Im Bauwesen besteht ein erheblicher Bedarf an nachhaltigen und ressourcenschonenden Baustoffen, um den wachsenden Anforderungen des Klimaschutzes und der Energieeffizienz gerecht zu werden. Herkömmliche Baustoffe, insbesondere solche auf mineralischer Basis, verursachen hohe CO₂-Emissionen in Herstellung und Nutzung. Zudem sind viele Materialien nicht biologisch abbaubar und belasten die Umwelt langfristig durch Abfall und Schadstoffemissionen.
Als umweltfreundliche Alternative gewinnt Hanfkalk zunehmend an Bedeutung. Hanfkalk kombiniert die Vorteile nachwachsender Rohstoffe (Hanffasern) mit mineralischer Bindung und bietet hervorragende Eigenschaften wie gute Wärmedämmung, Feuchtigkeitsregulierung und nachhaltige CO₂-Bindung. Dennoch bestehen derzeit wesentliche Defizite: Die Herstellungsprozesse sind oft nicht standardisiert, die Rezepturen variieren stark und es fehlen verlässliche Qualitäts- und Prüfkriterien. Dies führt zu Unsicherheiten bei der Verarbeitung und erschwert die breite Marktdurchdringung.
Die damit verbundenen Hemmnisse verhindern bislang, dass Hanfkalk in großem Maßstab und standardisiert im Bauwesen eingesetzt wird. Die fehlende Normierung und Qualitätssicherung begrenzen die Akzeptanz bei Planern, Handwerk und Industrie und verhindern eine flächendeckende Anwendung trotz des hohen ökologischen Potenzials.
Das Fördervorhaben setzt genau hier an: Ziel ist es, Hanfkalk als nachhaltigen Baustoff weiterzuentwickeln, seine Herstellungsprozesse und Rezepturen systematisch zu optimieren sowie neue, praxisgerechte Prüfkriterien zu etablieren. Dadurch soll eine verlässliche, reproduzierbare Qualität gewährleistet werden, die Grundlage für eine Standardisierung und Normierung bildet.
Durch die Umsetzung dieser Zielsetzungen werden bedeutende umweltrelevante Probleme adressiert: Die Substitution konventioneller Baustoffe durch Hanfkalk kann den CO₂-Ausstoß im Bauwesen deutlich reduzieren, den Einsatz nachwachsender Rohstoffe fördern und zur Kreislaufwirtschaft beitragen. Gleichzeitig erhöht die verbesserte Qualitätssicherung die Verarbeitbarkeit und Langlebigkeit der Baustoffe, was den Ressourcenverbrauch langfristig senkt.
Insgesamt unterstützt das Projekt somit die Transformation zu einer klimafreundlichen und ressourcenschonenden Bauwirtschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der nationalen und internationalen Umwelt- und Klimaziele.
Das Projekt gliedert sich in mehrere Arbeitsschritte, die in enger Kooperation zwischen der Technischen Universität und den Industriepartnern umgesetzt werden. Zu Beginn steht eine umfassende Recherche zu bestehenden Bauweisen und Rezepturen von Hanfkalk im Fokus. Diese Analyse erfasst systematisch den aktuellen Stand von Materialien, Herstellungsmethoden und Anwendungsformen, um Defizite, Hemmnisse und Potenziale zu identifizieren. Diese Recherche wird vorwiegend von der Universität durchgeführt, unterstützt durch die Industriepartner, die relevante Daten bereitstellen.
Auf dieser Grundlage erfolgt die Entwicklung und Optimierung neuer Rezepturen und Herstellungsprozesse in Zusammenarbeit mit den Industriepartnern. In Labor- und halbtechnischen Versuchen werden Variationen hinsichtlich Faseranteil, Bindemittelzusammensetzung und Prozessparametern wie Misch- und Verdichtungszeiten getestet. Ziel ist es, eine reproduzierbare und qualitativ hochwertige Materialbasis zu schaffen, die den Anforderungen an Wärmedämmung, mechanische Festigkeit und Umweltwirkung gerecht wird.
Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Entwicklung und Validierung praxisgerechter Qualitätsprüfverfahren ein, die als Grundlage für eine Normung in Form einer DIN SPEC dienen sollen. Hierzu werden Prüfmethoden definiert und standardisiert, um eine verlässliche Qualitätssicherung und Bewertung zu ermöglichen. Die Technische Universität koordiniert diese Arbeit gemeinsam mit Normungsinstitutionen und Prüfstellen.
Die Arbeitsteilung zwischen den Partnern ist klar strukturiert: Die Universität verantwortet die wissenschaftliche Koordination, Datenerfassung und Normung, während die Industriepartner die praktische Entwicklung und Anwendung übernehmen. Durch diese enge Verzahnung werden Forschung, Entwicklung und Anwendung optimal miteinander verbunden.
Dieses Vorgehen geht deutlich über den aktuellen Stand der Technik hinaus, indem erstmals eine systematische und ganzheitliche Optimierung von Hanfkalk als Baustoff erfolgt – von der Rezeptur über die Herstellungsprozesse bis hin zur Qualitätssicherung und Normung. Dadurch wird eine verlässliche Grundlage für die breite Marktdurchdringung geschaffen. Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe in Kombination mit der mineralischen Bindung ermöglicht nicht nur eine signifikante CO₂-Reduktion durch Bindung und Substitution konventioneller Materialien, sondern trägt auch zur Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft im Bauwesen bei.