Entwicklung und Erprobung eines optimierten Lehmputzmörtels zur Reduktion der aktiven Klimatisierung im Museumsbau
Projektdurchführung
ClayTec GmbH & Co. KG
Nettetaler Str. 113 - 117
41751 Viersen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Auslöser für das Vorhaben war eine Vorstudie des Instituts für Bauklimatik an der TU Dresden für die anstehende Sanierung des Martin-Gropius-Museumsbaus in Berlin. Das Studienziel bestand in der Bewertung der Feuchtepufferfähigkeit von Lehmputz und dem daraus resultierenden Potenzial zur Reduzierung der nötigen Klimatechnik und des Energieaufwands beim Betrieb des Ausstellungsbereichs. Daraus gingen methodische Ansätze zur Überprüfung dieser Arbeitshypothese hervor. Auf Basis der Vorstudie war die Entwicklung eines variierten Lehmputzes, der anhand von Prüfergebnissen und Modellrechnungen hinsichtlich der klimatisierenden Raumwirkung bei gleichzeitig guten Anwendungseigenschaften optimiert werden sollte, Ziel des Projektes. Eine verlässlich abzuschätzende Wirkung soll zu Einsparungen bei der Klimatechnik und den laufenden Energie- und Unterhaltungskosten beitragen, insbesondere bei Gebäudenutzungen mit hoher Feuchtesensibilität.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Arbeitsschritte folgten einem iterativen Prozessablauf mit Rückkopplungen zwischen Rezepturentwicklung und Simulationsrechnung zu den angestrebten Raumklimaeffekten. In mehrstufigen Versuchsreihen entstanden bei Claytec 28 Putz-Probekörper mit Variationen der mineralischen und pflanzlichen Komponenten. In allen Probekörpern war Baulehm Hauptbestandteil. Mit zusätzlichen feinporigen mineralischen Zusätzen und Pflanzenfasern wurde versucht, die Feuchtesorptionsfähigkeit schrittweise zu erhöhen. Das Institut für Bauklimatik der TU Dresden untersuchte die Materialeigenschaften aller Probekörper hinsichtlich diverser hygrischer und thermischer Kennwerte, insbesondere der zyklischen Adsorption und Desportion. Zwei Gemische wiesen signifikant bessere Feuchtesorptionseigenschaften auf. Diese beiden Rezepturen wurden in einer zweiten Versuchsreihe weiter optimiert. Dieser optimierte Lehm-Klimaputz
(Rezeptur C2/8) mit den besten hygrischen und thermischen Eigenschaften fand Eingang in den Datenpool des Programms DELPHIN des Instituts für Bauklimatik. Der Effekt konnte für eine konkrete Raumsituation des Martin-Gropius-Baus simuliert werden. Parallel testete ClayTec die industrielle Reproduzierbarkeit und die Anwendbarkeit des optimierten Lehmputzmörtels.
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Ergebnisse und Diskussion
Die gegenüber der ersten Phase erfolgte Rezepturentwicklung, u. a. erkennbar an der um die Hälfte reduzierte Rohdichte der Mischung C2_8, bewirkt eine sehr niedrige (gute) Wärmeleitfähigkeit von i.M. 0,148 W/(m*K) und eine Wärmespeicherkapazität von i.M. 601 J/(kg*K). Dies resultiert insbesondere aus der Beimischung des porösen Minerals Sepiolith. Die Mittelwerte der Wasserdampfdiffusionswiderstandsäquivalente von 3,2 (Wet-Cup) bzw. 5,7 (Dry Cup) signalisieren eine sehr gute Durchlässigkeit der Mischung C2_8. Zum Vergleich: Nach der Tabelle T 5-5 der Lehmbau Regeln des Dachverband Lehm e.V. und den Angaben der DIN 4108-4 wären Werte von 5 und 10 zu erwarten. Auf Basis der zuvor ermittelten Sorptionsisothermen des optimierten Lehmputzes C2_8 erfolgte die Ermittlung der zyklischen Feuchtespeicherfähigkeit an größeren Probekörpern. Dabei wurde der Luftfeuchtegehalt nach ca. 6 h konstant 40% r. F. ohne Übergang auf 80% r. F. erhöht und verblieb 12 h auf diesem Niveau. Danach folgte die Absenkung auf wiederum ca. 40% r. F. Der optimierte Lehmputz hält ein signifikant hohes und gleichbleibendes Feuchtesorptionsniveau mit Amplituden von 10 g zwischen Adsorption (um 390 g.) und Desorption (um 380 g) auf einer Fläche von nur rund 0,06 m². Auf einen Quadratmeter hochskaliert ergibt sich eine Feuchtepufferung von ca. 160 g in einem Zyklus. Die Messergebnisse für den optimierten Lehmputz C2_8 bildeten die Grundlage für die Simulation der Feuchtesituation in Räumen des Martin-Gropius-Baus. Im Rahmen der Analyse wurden mehrere Varianten erstellt, bei denen einzelne Parameter wie die Verweildauer einer festgelegten Anzahl von 10 Personen im Raum, sowie die Fläche des feuchtigkeitsregulierenden Putzes im Raum variiert wurden. Bei einer vollflächigen Beschichtung mit Lehmputz verstetigen sich die Extremwerte und das Delta zwischen Min und Max bei 60 Minuten Verweildauer beträgt 47%, verglichen mit 53% bei Beschichtung nur der Außenwände und 68% bei Beschichtung mit Putz ohne Feuchtespeichereffekt. Je höher die Verweildauer steigt, desto geringer ist die regulierende Wirkung des Putzes. Für den energetischen Effekt von Adsorption und Desorption wurden zunächst die idealen Bedingungen der Gasgleichung betrachtet. Damit wird lediglich die physikalische Umwandlungsenergie erfasst, die Verdampfungsenthalpie der Wandlung von Feuchte in Dampf bemisst die passive energetische Leistung der Lehmputzfläche. Werden die Be- bzw. Entfeuchtungseffekte mittels Anlagentechnik eingebracht, müssten zusätzlich zur Umwandlungsenergie auch Energiebedarfe für Heizen, Kühlung und Verteilung angesetzt ist der positive Effekt auf den Energiebedarf noch weitaus höher zu bewerten. Skaliert man den physikalischen Effekt der Umwandlung auf 5.000 m2 hoch, werden 15 MWh/a eingespart. Mit den weiteren Energien durch Heizen, Kühlung, Verteilung und verbesserter Anlageneffizienz kann dieser Wert nach Schätzungen des Instituts für Bauklimatik auf mindestens 30 MWh/a verdoppelt werden. Zudem wird die Anlage dadurch kleiner. Damit sinken neben den Betriebskosten auch die Investitionskosten. Die mögliche Verkleinerung der Lüftungskanalquerschnitte ist sehr günstig für die architektonische Integration der technischen Einbauten in den Bestand, hier in ein bedeutendes Baudenkmal.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die im Projekt ermittelten Materialkennwerte für den optimierten Lehmputz werden in die Datenbank des Softwareprogramms DELPHIN zur hygrothermischen Modellierung, Simulation und Validierung der Raumklimatik eingefügt. Damit stehen die zentralen Ergebnisse als Werkzeuge für die Planung und Auslegung der Klima- und Lüftungstechnik für unterschiedlichste Anwendungsfälle zur Verfügung. ClayTec veröffentlicht nach Klärung letzter technischer Fragen ein Datenblatt und
Verarbeitungshinweise für den neuen Lehm-Klimaputz. Über verschiedene, sofort verfügbare Kommunikationskanäle (z.B. Newsletter, Social Media, ClayBlog) bei ClayTec erreichen die Ergebnisse eine Verbreitung bei Planern, Verarbeitern und Entscheidungsträgern. Ausgewählte mögliche Nachfolgeprojekte, z.B. die Sanierung des Badischen Landesmuseums Schloss Karlsruhe, werden bereits von ClayTec betreut. Für September 2025 ist ein Vortrag im Rahmen der Fortbildungsreihe der WTA-Akademie zum Thema Lehm-Klimaputz und seine Wirkung im Baudenkmal zugesagt.
Fazit
Ein optimierter Lehmputz kann über die verputzte Fläche die Klima- und Lüftungstechnik in Gebäuden hinsichtlich der Feuchteregulierung signifikant und erstmalig ingenieurmäßig berechenbar entlasten. Der im Projekt bearbeitete Anwendungsfall eines Museums mit äußerst sensiblen Feuchteanforderungen und unterschiedlichen Besucherströmen ist besonders anspruchsvoll und beweist die Leistungsfähigkeit des entwickelten Lehm-Klimaputzes. Die Ergebnisse lassen sich auf andere Gebäude mit gleichem oder weniger komplexem Feuchtemanagement übertragen. Durch das Förderprojekt wurde die ökologische und ökonomische Vorteilhaftigkeit eines Lehmputzes zur passiven Klimatisierung von Gebäuden
modellhaft nachgewiesen.