Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Fakultät II, Institut für Ökonomische Bildung
Ammerländer Heerstr. 114 - 118
26129 Oldenburg
Das Projekt TransREPAIRent vermittelt zwischen individuellen Perspektiven und der Makroebene zur Wiederbelebung von Reparaturkultur. Handlungsorientierte Zugänge der technischen Bildung werden mit Unterrichtsexperimenten der ökonomischen Bildung verknüpft, um eine ganzheitliche Perspektive für Dilemmata des Reparierens zu ermöglichen. Der transdisziplinäre Ansatz bindet Praxispartner und außerschulische Lernorte (u.a. Schülerlabore) ein und verknüpft ökonomische mit technischen Fachperspektiven. Kognitive Dissonanzen im Zusammenhang mit nachhaltigem Konsumverhalten werden ebenso thematisiert wie Facetten der Nutzungsdauerverlängerung. Die Projektergebnisse fließen in ein umfassendes Materialienpaket mit Anleitungen zu Unterrichtsexperimenten und Workshops, Arbeitsblättern und Transfermaterialien ein, welche als Open Educational Resources für die Sekundarstufe 1 bereitgestellt werden.
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) erfordert inter- und transdisziplinäre Bildungs- und Forschungszugänge, um wirksame Transformationsprozesse im nachhaltigen Konsum anzustoßen. Diese Transformationsprozesse sind mit einer Minimierung von Ressourcenentnahmen und Abfall verbunden, welche – im Sinne einer kreislaufwirtschaftlichen Logik – durch nutzungsdauerverlängernde Strategien wie Reuse, Sharing oder Reparatur erreicht werden kann. Durch die Verknüpfung von kulturellen und handlungspraktischen Dimensionen bietet das Themenfeld Reparatur besondere Potenziale für Bildungsprozesse: Einerseits kann mithilfe der Förderung individueller Reparaturkompetenzen Konsumpraktiken entgegengewirkt werden, die auf materiellen Mehr- und Neukonsum ausgerichtet sind. Andererseits trägt der Aufbau von Strukturwissen dazu bei, dass der Beitrag von Reparaturprozessen in übergeordnete Sach- und Sinnzusammenhänge gebracht wird. Doch auch eine Auseinandersetzung mit Anreizstrukturen und Restriktionen ist notwendig, damit Reparaturkompetenzen in der Lebenswelt von Lernenden auch zur Anwendung kommen. Soziale Dilemmata können dabei Ausgangspunkte für Lernprozesse sein und dazu beitragen, dem historischen Verlust an Reparaturwissen entgegenzuwirken. Das Projekt TransREPAIRent leistet über die Entwicklung, Erprobung und Dissemination transdisziplinärer Zugänge zum Thema Reparaturkultur einen Beitrag zur Etablierung des Themenfeldes in Schulen und an außerschulischen Lernorten.
Das Projekt TransREPAIRent umfasst drei Phasen: die Entwicklungs-, die Erprobungs- und die Disseminationsphase.
In der Entwicklungsphase wurden Reparaturworkshops, Unterrichtsexperimente und (Transfer-)Materialien erstellt. Zunächst wurden unter Einbindung von Lehramtsstudierenden Reparaturworkshops und Unterrichtsexperimente entworfen und die dazugehörigen Materialien wie Arbeitsblätter oder Anleitungen vorbereitet. Dabei wurden handlungsorientierte Zugänge und Dilemmastrukturen von Reparaturentscheidungen fachdidaktisch ausgearbeitet und methodische Zugänge gestaltet. Aus den entstandenen Lehr-Lern-Arrangements wurden einzelne Zugänge für den weiteren Projektverlauf ausgewählt.
In der Erprobungsphase wurden die Materialien an schulischen und außerschulischen Lernorten mit Schüler*innen der 9. Jahrgangsstufe in den Schulformen Oberschule und Integrierte Gesamtschule erprobt und evaluiert. Insgesamt haben 246 Schüler*innen an der Erprobung teilgenommen. Von Mai 2023 bis Juni 2024 wurden die Materialien an fächerübergreifenden Projekttagen eingesetzt. Anschließend wurden die Materialien ergänzt und durch das Projektteam überarbeitet bzw. methodisch verfeinert. Diese Phase wurde durch qualitätssichernde Workshops zum Theorie-Praxis-Transfer sowie über diverse Evaluationsmaßnahmen begleitet.
In der Disseminationsphase wurden die Unterrichtsreihen veröffentlicht, in Fortbildungsangebote eingebettet und über Netzwerke und Kanäle der beteiligten Fachdidaktiken verbreitet. Im Projektzeitraum fanden zwei Fortbildungen statt, eine weitere überregionale Fortbildung ist zum Projektabschluss in Planung. Die Dissemination der Materialien erfolgt über zwei zentrale Kanäle: Über die Homepage Rep-It-Up (vormals: RetiBNE) und über die niedersächsischen OER-Plattform twillo.
Im Rahmen des Projektes wurden fächerübergreifende Unterrichtsreihen entwickelt, die über Unterrichtsexperimente, Reparaturanleitungen, Arbeitsblätter und Erklärvideos modular miteinander verknüpft werden können.
Das erstellte Material ist in vier thematischen Modulen organisiert: Einflüsse auf Reparaturentscheidungen, Dilemma des Reparierens, sozialer Druck sowie Reparierbarkeit & Obsoleszenz. Jedes Modul enthält ein Lernpfadbeispiel und einen Erklärungstext, der einen Überblick über Reparaturanleitungen, Unterrichtsexperimente, Erklärvideos und Arbeitsblätter gibt. Zudem zeigt eine tabellarische Übersicht weitere Verknüpfungsmöglichkeiten zwischen Experimenten und Reparaturanleitungen auf, um die Kombination aus beiden disziplinären Perspektiven zu erleichtern. Insgesamt werden dreizehn Reparaturanleitung angeboten, die mit vier Experimenten kombiniert werden können: Konsumentscheidungen, Re-Zeit-Cling, Kleider machen Leute und Repair-Ability.
Als didaktische Hilfestellung für die Unterrichtsvorbereitung wurden Lernpfade entwickelt, an denen sich die Lehrenden orientieren können. Zudem wurde ein Zugang über die Inhaltsfelder (IT, Fahrrad, Textil) geschaffen, um (Technik-)Lehrkräften einen alternativen Zugang zu den Materialien zu ermöglichen. Die Materialien können auch unabhängig von den Lernpfaden verwendet und kombiniert werden, um die Angebote für möglichst vielseitige Bedürfnisse und Interessen flexibel nutzbar zu machen.
Das Projekt versteht sich als transdisziplinäres Entwicklungsvorhaben, welches über die Verknüpfung zweier fachlicher Perspektiven hinausgeht und Methoden, Akteur*innen, Lernorte und thematische Zugänge zur Circular Economy zusammenführt. Außerschulische Lernorte und Projekttage werden als Anlässe für den Austausch und für neue Impulse der beteiligten Fachperspektiven betrachtet. Im Ergebnis stehen überfachlichen Transfermaterialien, aber auch vielfältige Dialogangebote, welche in die Unterrichtsreihen eingearbeitet wurden. Die Projektergebnisse können unabhängig von Lernorten (Schule, Universität, außerschulische Bildungsarbeit, Praxis) von Multiplikatoren für die domänenspezifische und/oder fächerübergreifende Bildungsarbeit eingesetzt werden.
Die Projektergebnisse wurden als Open Educational Resources veröffentlicht und werden über die Kanäle der ökonomischen und der technischen Bildung beworben. Sie werden in die erste Phase der Lehrkräftebildung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg integriert und sind Gegenstand regionaler und überregionaler fachdidaktischer Fortbildungsangebote.
Das Projekt wurde unter fachdidaktischen Fragestellungen auf deutschen und europäischen Fachkonferenzen vorgestellt. Ein Schwerpunkt der weiteren Forschungsarbeit wird die fachdidaktische Fundierung von Circular Literacy sein. Zu diesem Thema wie auch zum Stellenwert außerschulischer Lernorte in der ökonomischen und in der technischen Bildung befinden sich Publikationen in Arbeit.
Im Projekt TransREPAIRent wurden über vier Module und drei Themenbereiche über 100 Einzelmaterialien für Lehrende und Lernende zu Reparaturkultur und Kreislaufwirtschaft entwickelt. Dabei liegt ein Fokus auf der Verknüpfung von Perspektiven aus der technischen und der ökonomischen Bildung. Reparatur wird dabei als lebensweltlich eingebettetes Phänomen begriffen, zu dem Entscheidungs-, Handlungs- und Reflexionskompetenzen vermittelt werden können, um Sach- und Sinnzusammenhänge auf der individuellen (Mikro-)Ebene mit Voraussetzungen und Konsequenzen auf der Makroebene zu verknüpfen. Das Projekt leistet einen Beitrag zu einem kritisch-reflexiven Verständnis von Bildung für nachhaltige Entwicklung, indem es nicht (nur) normative Vorgaben zur Notwendigkeit von Reparaturhandlungen macht, sondern Restriktionen, (fehlende) Anreize und alternative Lösungszugänge explizit in den Blick nimmt. Mit Lernenden als handelnde und entscheidende Akteur*innen im Mittelpunkt werden Denkanstöße zur Reflexion der eigenen Konsumhandlungen und ihrer Konsequenzen gegeben. Die Unterrichtseinheiten sind so gestaltet, dass sie sowohl an schulischen als auch an außerschulischen Lernorten modular eingesetzt werden können. Die Projektergebnisse sind über den OER-Bildungsserver twillo sowie über das Portal Rep-It-Up der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg abrufbar.