Infektionsbiologische und parasitologische Fortbildung (IPFo) und Diagnosetool für Parasiten und sich ausbreitende Zoonosen (paDIAG)
Projektdurchführung
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Integrative Parasitology and Zoophysiology Senckenberg
Gesellschaft für Naturforschung Campus Riedberg
Biologicum - Campus Riedberg, Max-von-Laue-Str. 13
60438 Frankfurt
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Das Ziel des Projekts war die Entwicklung eines umfassenden Diagnose-Tools (paDIAg) sowie eines begleitenden Fortbildungskurses (IFoM), um die Erkennung und Differenzierung von vektorbasierten Infektionskrankheiten, Parasitosen und Zoonosen zu verbessern. Angesichts globaler Entwicklungen wie Klimawandel und zunehmender Mobilität gewinnen diese Erkrankungen auch in Regionen außerhalb traditioneller Endemiegebiete an Bedeutung. Das Diagnose-Tool soll es Medizinern ermöglichen, schneller und gezielter Verdachtsdiagnosen zu stellen und so die Behandlungsqualität zu steigern sowie eine frühzeitige Meldung relevanter Infektionsfälle zu erleichtern. Ergänzend dazu zielt der Fortbildungskurs darauf ab, die Sensibilisierung für diese Krankheitsbilder zu fördern und das Fachwissen gezielt zu erweitern. Durch die Integration in bestehende Weiterbildungsstrukturen perspektivisch auch mit der Möglichkeit, CME-Punkte zu erwerben sollen die diagnostische Kompetenz gestärkt und das Bewusstsein für vektorassoziierte Erkrankungen nachhaltig geschärft werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Untersuchung zur Entwicklung adressatengerechter Fortbildungsangebote für Mediziner folgte einem mehrstufigen methodischen Ansatz. Zunächst wurde eine Bedarfsanalyse durchgeführt, um den bestehenden Bedarf an Fortbildungen im Bereich Parasitologie, Entomologie und Reservoirwirte zu ermitteln. Hierzu wurden qualitative Leitfadeninterviews mit Medizinern verschiedener Fachrichtungen und Erfahrungsstufen geführt. Die Interviews dauerten etwa 60 Minuten und behandelten Themen wie berufliche Tätigkeiten, bisherige Fortbildungserfahrungen und spezifisches Wissen zu den genannten Bereichen. Die Antworten wurden aus Datenschutzgründen nicht aufgezeichnet, sondern durch eine Protokollantin schriftlich festgehalten.
Auf Basis der qualitativen Interviewergebnisse wurde anschließend eine quantitative Online-Befragung entwickelt. Der Fragebogen enthielt geschlossene Fragen, die mithilfe einer Likert-Skala bewertet wurden. Er wurde an 45 Medizinstudierende und 40 Ärzte verteilt. Die Teilnehmenden wurden über E-Mail-Kontakte in Universitäten, Kliniken und Arztpraxen rekrutiert. Die gesammelten Daten wurden statistisch ausgewertet, um Unterschiede zwischen den Gruppen zu analysieren.
Parallel zur Bedarfsanalyse wurde das Diagnosetool paDIAG entwickelt und getestet. paDIAG dient der Diagnostik vektorübertragener Infektionskrankheiten, Parasitosen und Zoonosen. Es wurde als webbasierte Anwendung realisiert, um einen einfachen und flexiblen Zugang zu ermöglichen. Die Systemarchitektur basiert auf Vue.js für das Frontend und Spring Boot mit MySQL für das Backend. Das Tool berücksichtigt Symptome, Reisehistorien und Expositionsrisiken, um potenzielle Erreger gezielt einzugrenzen. Eine Rückkopplungsfunktion ermöglicht Ärzten die Bestätigung oder Anpassung von Diagnosen, wodurch der Algorithmus kontinuierlich optimiert wird.
Die Ergebnisse beider Methoden dienten der Entwicklung eines modularen Fortbildungskonzepts mit unterschiedlichen Kurslängen, das den Bedürfnissen verschiedener Zielgruppen gerecht wird. Dieses umfasst einen eintägigen Grundlagenkurs, einen vertiefenden Wochenendkurs und einen umfassenden fünftägigen Kurs mit erweiterten diagnostischen und praktischen Übungen.
Ergebnisse und Diskussion
IFoM: Die Untersuchung ergab, dass sowohl Medizinstudierende als auch erfahrene Mediziner begrenzte Vorerfahrungen in den Bereichen Parasitologie, Entomologie und Reservoirwirte haben. Die qualitative Interviewphase zeigte, dass Mediziner im Berufsalltag zunehmend mit parasitären Erkrankungen konfrontiert sind, insbesondere im Zusammenhang mit Reiseaktivitäten oder klimatischen Veränderungen. Gleichzeitig stellten die Befragten fest, dass entsprechende Fortbildungen nur eine untergeordnete Rolle spielen und das Wissen in diesen Bereichen oft lückenhaft ist.
Die quantitative Befragung bestätigte diese Beobachtungen. Nur wenige Studierende gaben an, dass Parasitologie in ihrer Ausbildung umfassend behandelt wurde. Auch unter Medizinern war das Wissen über Parasitologie, Reservoirwirte und Entomologie begrenzt. Während Mediziner eine höhere praktische Erfahrung mit bestimmten Parasiten (z. B. Zecken, Bandwürmer) hatten, war das theoretische Wissen nicht umfassend. Dies deutet darauf hin, dass eine gezielte Fortbildung in diesem Bereich notwendig ist.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis war die Bevorzugung flexibler Fortbildungsformate. Aufgrund der beruflichen Belastung bevorzugten viele Befragte Online-Seminare oder wohnortnahe Fortbildungen. Zudem spielten praxisnahe Inhalte, sinnvolles Begleitmaterial und offizielle Zertifizierungen eine wesentliche Rolle bei der Auswahl von Fortbildungen.
Die Erkenntnisse führten zur Entwicklung eines modularen Fortbildungsangebots. Der eintägige Kurs vermittelt Basiswissen, während der Wochenendkurs vertiefte Einblicke und praktische Übungen bietet. Der fünftägige Kurs richtet sich an Fachkräfte, die eine umfassende Schulung in Diagnostik und Probenanalyse benötigen. Diese Struktur berücksichtigt die unterschiedlichen Bedürfnisse und zeitlichen Ressourcen der Zielgruppen und stellt sicher, dass Wissen gezielt vermittelt wird.
paDIAG: Die Entwicklung von paDIAG (
https://padiag.de) adressiert diesen Bedarf direkt. Durch die systematische Erfassung von Symptomen, Reisedaten und epidemiologischen Faktoren ermöglicht das Tool eine präzisere und effizientere Diagnosestellung. Besonders hervorzuheben ist die Rückkopplung mit Medizinern, durch die das System kontinuierlich lernt und seine Vorschläge verbessert. Die intuitive Benutzeroberfläche und die Integration in bestehende IT-Strukturen erleichtern die Nutzung im klinischen Alltag.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse der Untersuchung wurden gezielt für verschiedene Zielgruppen aufbereitet, um die Relevanz der Fortbildungen zu verdeutlichen und eine breite Fachöffentlichkeit zu erreichen. Ein zentraler Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit war die direkte Ansprache von Medizinern und Studierenden durch Vorträge. Diese dienten dazu, das Bewusstsein für die Bedeutung parasitologischer Inhalte in der medizinischen Ausbildung zu schärfen und eine fachliche Diskussion anzuregen. Zusätzlich wurden Mediziner und Studierende systematisch befragt, um die Wahrnehmung von paDIAG zu erfassen und die Relevanz für IFoM zu bewerten. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen dazu bei, das Diagnosetool weiterzuentwickeln und optimal an die Bedürfnisse der Zielgruppen anzupassen.
Um die entwickelten Fortbildungen und paDIAG bekannt zu machen, wurden gezielte Informationsveranstaltungen durchgeführt. Dabei wurden die Funktionalität des Tools und dessen Nutzen für den medizinischen Alltag praxisnah demonstriert. Der direkte Austausch mit den Zielgruppen ermöglichte es, offene Fragen zu klären und Hemmschwellen gegenüber der Nutzung des Tools abzubauen.
Zusammenfassend wurde durch eine Kombination aus Vorträgen, gezielter Befragung von Medizinern und Studierenden sowie direkter Informationsvermittlung eine effektive Strategie verfolgt, um die Bekanntheit von paDIAG zu steigern und die Relevanz für IFoM zu untermauern.
i. Vortrag (Klimawandel und Anstieg von Infektionskrankheiten) und Vorstellung IFoM/ paDIAG durch Prof. Dr. Sven Klimpel im Rahmen der Veranstaltung Deutsches Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (DNTDs), 10.05.2023, Berlin
ii. Vortrag (Vektoren und Reservoirwirte als Infektionskrankheitsüberträger) und Vorstellung von IFoM/paDIAG durch Prof. Dr. Sven Klimpel im Rahmen der Veranstaltung Retreat des Fachberichs Biological Sciences, 27.09.2024, Bad Nauheim
iii. Vortrag (Klimawandel und der Impact der Vektormodellierung) und Vorstellung von IFoM/paDIAG durch Prof. Dr. Sven Klimpel im Rahmen der Veranstaltung jUNITE Netzwerk Junge Infektionsmedizin, 11.10.2024, Bad Tabarz
iv. Vortrag (Zoonosen und Infektionskrankheiten) und Vorstellung von IFoM/ paDIAG durch Prof. Dr. Sven Klimpel im Rahmen der Veranstaltung One Health der Frankfurter Bürger-Universität/ Gesundheitsamt, 24.10.2024, Frankfurt am Main
Fazit
Das Projekt hat erfolgreich ein praxisorientiertes Diagnose-Tool (paDIAG) sowie ein maßgeschneidertes Fortbildungskonzept (IFoM) entwickelt, das auf die steigenden Herausforderungen durch vektorassoziierte Infektionskrankheiten, Parasitosen und Zoonosen eingeht. Die Ergebnisse der Bedarfsanalyse zeigen deutlich, dass sowohl Medizinstudierende als auch erfahrene Mediziner in diesen Bereichen oftmals über unzureichendes Wissen verfügen. Daher wurde ein flexibles und modulares Fortbildungsangebot geschaffen, welches den unterschiedlichen Bedürfnissen und zeitlichen Ressourcen der Zielgruppen gerecht wird und zur Sensibilisierung und Kompetenzsteigerung beiträgt. Die gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation der Ergebnisse trugen zur breiten Bekanntmachung der entwickelten Instrumente bei und fördern den Austausch innerhalb der Fachgemeinschaft. Insgesamt leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Diagnostik und der medizinischen Weiterbildung im Bereich vektorübertragener Erkrankungen und Parasitosen, was insbesondere angesichts globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel von großer Bedeutung ist. Im Verlauf des Projekts traten Herausforderungen wie eine begrenzte Teilnahme des medizinischen Fachpersonals an Befragungen, die fehlende Resonanz auf Veranstaltungen für Medizinstudierende und eine aufwändigere Zulassung der Fortbildungskurse durch die Ärztekammer auf, die jedoch weiterhin verfolgt werden, um die Akzeptanz des Tools und der Fortbildungsangebote zu steigern. Das Diagnose-Tool paDIAG adressiert den wachsenden Bedarf nach einer schnellen und präzisen Diagnostik und stellt eine wertvolle Unterstützung im klinischen Alltag dar. Besonders hervorzuheben ist die kontinuierliche Optimierung des Tools durch Rückkopplung mit Medizinern, was zu einer fortlaufenden Verbesserung der Diagnosegenauigkeit führt.