Projekt 37985/01

Konzept für innovatives Wassermanagement im geplanten Wohnviertel Smart Lichy in der Stadt Zidlochovice (Groß Seelowitz), Tschechien

Projektdurchführung

Technische Universität Hamburg (TUHH)
Institut für Abwasserwirtschaft
und Gewässerschutz
Eißendorfer Str. 42
21073 Hamburg

Zielsetzung

Angesichts zunehmender Wasserknappheit, auch bedingt durch den Klimawandel, zielte das
Projekt darauf ab, ein innovatives Wassermanagementkonzept für das geplante Wohnviertel
„Smart Lichy“ in Židlochovice zu entwickeln. Kernziel war es, durch die effiziente Nutzung von
Grau- und Regenwasser eine erhebliche Einsparung an wertvollem Trinkwasser (Ziel: 50%) und
eine deutliche Erhöhung der Versorgungssicherheit zu erreichen. Konkret sollte untersucht
werden, wie Regenwasser vor Ort versickert und getrennt erfasstes Grauwasser (aus Duschen,
Waschbecken etc.) mittels naturnaher Verfahren (Pflanzenkläranlagen/Biofilter) aufbereitet und
ebenfalls zur Grundwasseranreicherung versickert werden kann. Dieses angereicherte
Grundwasser bzw. das aufbereitete Grauwasser sollte potenziell als Brauchwasser für
Toilettenspülung, Wäschewaschen und Bewässerung wieder nutzbar gemacht werden, um
lokale Wasserkreisläufe zu schließen. Da für eine solche Herangehensweise in Tschechien noch
keine etablierte rechtliche Grundlage existiert, war ein weiteres wichtiges Ziel, in intensiver
Zusammenarbeit mit Behörden und Stakeholdern die rechtlichen Rahmenbedingungen zu
analysieren (auch im EU/DE-Kontext) und konkrete Vorschläge für notwendige Anpassungen zu
unterbreiten, um die Implementierung solcher nachhaltigen Systeme zukünftig zu
ermöglichen. Das Projekt sollte somit als Pilot- und Demonstrationsvorhaben dienen.

Arbeitsschritte

Nach Projektbeginn und Vertragsabschluss zwischen den Partnern (TUHH, JINAG, ASIO,
Stadt Židlochovice) wurde der Zeitplan präzisiert. Die Arbeiten gliederten sich in vier
Hauptaktivitäten. In der ersten Aktivität wurden technische Lösungen erarbeitet. Hierzu
erstellten Hydrogeologen eine Wasserbilanz und analysierten Inputs sowie Outputs. Technische
Möglichkeiten wurden detailliert untersucht, was Gespräche mit Netzbetreibern und Behörden
einschloss. Verschiedene Objekttypen wie Zählerschächte, Vorreinigungsanlagen und
Pflanzenkläranlagen wurden entworfen, bewertet und deren Kosten geschätzt. Zur Sammlung
von Betriebserfahrungen wurden bestehende Anlagen besichtigt. Eine Recherche zu Risiken
und Vorteilen sowie Erkenntnisse aus einer Studienreise nach Deutschland, die unter anderem
Trockentoilette und Projekte wie den HAMBURG WATER Cycle® sowie Flintenbreite umfasste,
flossen in die Entwicklung ein. Es entstanden sieben Hauptvarianten mit Untervarianten, die anhand einer Matrix hinsichtlich Kriterien wie Kosten, Ökologie und Machbarkeit bewertet wurden. Die zweite Aktivität widmete sich dem Entwurf von Betriebsmodellen. Die Varianten wurden einer wirtschaftlichen Analyse unterzogen, die Investitions- und Betriebskosten umfasste. Einzellösungen wie Einheitspreise, Versickerungsanlagen und die Dimensionierung von Pflanzenkläranlagen wurden kalkuliert. Zudem wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Wasserwiederverwendung in der EU und Deutschland recherchiert und verglichen, um einen Anpassungsvorschlag für Tschechien zu formulieren. Sechs europäische Pilotprojekte wurden hinsichtlich Technologie, Akzeptanz und Wasserqualität analysiert. Im Rahmen der dritten Aktivität erfolgte die Erarbeitung der Planungsunterlagen. Nach Abstimmung mit der Stadt und dem Architekten wurde die Vorzugsvariante V4L ausgewählt. Diese kombiniert eine zentrale Trinkwasserversorgung, eine zentrale Brauchwasserversorgung aus einem Brunnen, ein Grauwasser-Pilotprojekt für etwa 30 Einwohner mit Pflanzenkläranlage und lokaler Versickerung sowie eine dezentrale Regenwasserversickerung mit zentraler Ableitung von Überlaufwasser in einen Teich.
Eine detaillierte Planung für Wasserleitungen, Grauwasserbehandlung und Regenwassermanagement wurden daraufhin erstellt. Die vierte Aktivität war die
Öffentlichkeitsarbeit. Die angewandte Methodik umfasste technische Analysen, hydrogeologische Bewertungen, Kostenkalkulationen, rechtliche Vergleiche, Stakeholder-Dialoge, Expertenworkshops.

Ergebnisse

Das Projekt lieferte umfassende Ergebnisse für ein nachhaltiges Wassermanagement im
Wohnviertel „Smart Lichy“. Als zentrales Resultat der Variantenbewertung wurde das innovative
Konzept der Variante V4L als technisch machbarer und wirtschaftlich tragfähiger Kompromiss
identifiziert. Es verbindet zentrale Elemente wie die Trinkwasserversorgung und einen Brunnen
für Brauchwasser mit dezentralen Ansätzen wie der Regenwasserversickerung und einem
Pilotprojekt zur lokalen Grauwasseraufbereitung mittels Pflanzenkläranlage für etwa 10-11
Haushalte. Diese Lösung wurde präferiert, da eine vollständige dezentrale
Grauwasserbehandlung angesichts der vorhandenen zentralen Kanalisation in Židlochovice
nicht als optimal erschien. Das Konzept demonstriert das Potenzial zur Reduzierung des
Trinkwasserverbrauchs um bis zu 50%, hauptsächlich durch die Nutzung von Brunnenwasser als
Brauchwasser für WC, Bewässerung und potenziell Wäsche, ergänzt durch das
Grauwasser-Pilotprojekt. Für das Regenwassermanagement wurde ein detaillierter Plan zur
lokalen Versickerung an Gebäuden und zur Ableitung von Überlaufwasser in einen zentralen
Teich entwickelt. Im Rahmen des Grauwasser-Pilotprojekts wurde die Planung einer
Pflanzenkläranlage (vertikaler Biofilter) für etwa 30 Einwohner dimensioniert, inklusive mechanischer Vorbehandlung, was die technische Machbarkeit der lokalen Aufbereitung und Versickerung belegt. Die rechtliche Analyse identifizierte Lücken in der tschechischen Gesetzgebung zur Wasserwiederverwendung. Basierend auf EU-Verordnungen und deutschen Normen wurden Empfehlungen zur Anpassung erarbeitet, die Qualitätsanforderungen, Überwachung und Risikomanagement fokussieren. Die detaillierte Analyse der Investitions- und Betriebskosten der verschiedenen Varianten unterstützte die wirtschaftliche Entscheidung für V4L. Durch intensive Dialoge konnte zudem ein breiter Stakeholder-Konsens über die gewählte Lösung erreicht werden. In der Diskussion zeigt sich, dass das Projekt erfolgreich die Anwendbarkeit von Kreislaufwirtschaftsprinzipien im Wassersektor auf Quartiersebene demonstriert. Es unterstreicht die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes, der Trink-, Grau- und Regenwasser integriert. Die Anpassung der ursprünglichen Pläne betont die Bedeutung lokaler Gegebenheiten wie Hydrogeologie und Infrastruktur. „Smart Lichy“ kann als wertvolles Modell für ähnliche Vorhaben dienen, wobei die Skalierbarkeit und Anpassung an andere Kontextestets geprüft werden muss.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Projektaktivitäten und -ergebnisse wurden umfassend kommuniziert: Über 73 Fach- und
Publikumsartikel wurden veröffentlicht. Ergebnisse erschienen in tschechischen/slowakischen
Fachzeitschriften (z.B. Komunální ekologie, TZB Haustechnik, tzbinfo.cz). Das Projekt wurde auf
Fachseminaren, Konferenzen (z.B. SANHYGA 2023, Wassermanagertreffen Kutná Hora) und
Workshops vorgestellt. Vorträge wurden u.a. vom Projektpartner ASIO und dem Bürgermeister
von Židlochovice gehalten. Informationen wurden auf den Webseiten der Projektpartner (ASIO,
JINAG, Stadt Židlochovice) bereitgestellt. Ein Video-Medaillon [bitte zu diesem Video verlinken] und Beispiele guter Praxis wurden
für den tschechischen Gemeindeverband und CzechInvest erstellt. Es fanden Einzelgespräche mit Schlüsselakteuren statt. Eine Studienreise zu Pilotprojekten in Deutschland (Berlin, Hamburg, Lübeck) wurde für Partner und Stakeholder organisiert. Ein abschließender Expertenworkshop diente der Validierung der Ergebnisse. Eine abschließende Pressemitteilung fasste die Ergebnisse zusammen und wurde breit gestreut. Diese Maßnahmen trugen maßgeblich zur Verbreitung der Projektergebnisse und zur Sensibilisierung für nachhaltiges Wassermanagement bei.

Projekt Webseite„Quellenorientierter Ansatz“ zu Abwässern – Teil 1: Hamburg, Komunalni ekologie, 18. 12. 2023Unkonventionelle Lösung für die Abwasserentsorgung des Stadtteils Chytré Líchy (Netradiční řešení sanitace městské čtvrti chytré líchy), 21. 12. 2023 - Ing. Karel Plotěný, Ing. Jan BártaTZB HAUSTECHNIK 1/2024 (Fachzeitschrift): Unkonventionelle Lösung für die Abwasserentsorgung des Stadtteils Chytré Líchy in Židlochovice (Netradičné riešenie sanitácie mestskej štvrte Chytré Líchy v Židlochoviciach) - Karel Plotěný (Slowakisch)Die Auswahl einer geeigneten Variante für das Wassermanagement in einer spezifischen Lokalität, tzbinfo.cz, 14. 11. 2024Video: Chytré Bydlení: Židlochovice

Fazit

Das Projekt „Konzept für innovatives Wassermanagement im geplanten Wohnviertel Smart
Lichy“ stellt einen bedeutenden Fortschritt für nachhaltige Wasserlösungen im urbanen Raum
Tschechiens dar. Es hat erfolgreich aufgezeigt, wie durch eine intelligente Kombination aus
zentralen und dezentralen Ansätzen, insbesondere der Nutzung von Brunnenwasser als
Brauchwasser und der pilothaften lokalen Grauwasseraufbereitung, der Trinkwasserverbrauch
signifikant reduziert werden kann (Ziel 50%). Die entwickelte Lösung V4L ist ein pragmatischer,
an die lokalen Gegebenheiten angepasster Ansatz. Das Projekt lieferte nicht nur technische
Entwürfe und Planungsdokumentationen, sondern auch wichtige Erkenntnisse zu
wirtschaftlichen Aspekten und eine wertvolle Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für
Wasserwiederverwendung inklusive konkreter Anpassungsvorschläge. Die intensive Einbindung
von Experten und Stakeholdern war entscheidend für die Akzeptanz und Qualität der
Ergebnisse. Die gewonnenen Erkenntnisse und das entwickelte Konzept sind von hohem Wert
für die Stadt Židlochovice und dienen als übertragbares Modell für zukünftige nachhaltige
Siedlungsprojekte in Tschechien und darüber hinaus. Das Projekt unterstreicht die
Notwendigkeit eines ganzheitlichen, flexiblen und innovativen Wassermanagements zur
Ressourcenschonung und Klimaanpassung. Es ist ein wichtiger Beitrag zur Etablierung der
Kreislaufwirtschaft im Wassersektor.

Übersicht

Fördersumme

124.961,00 €

Förderzeitraum

04.08.2022 - 31.12.2024

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Ressourcenschonung
Umwelttechnik