Hochschule Bochum
Fachbereich Architektur
Fachgebiet Entwerfen u. Konstruieren/Nachhaltiges Bauen
Am Hochschulcampus 1
44801 Bochum
Im Forschungsprojekt „Modular - Zirkulär - Digital“ wurde untersucht, welche Synergieeffekte durch die Verknüpfung einer kreislauffähigen Systembauweise mit einer digitalen Planungs- und Produktionsstrategie erreicht werden können und welche Methoden für die Etablierung eines solchen Prozesses prinzipiell nötig sind, um diesen in eine praxistaugliche Anwendung zu überführen.
Die Forschungsleistung stellt die Entwicklung von vorgefertigten Bauteilen oder Baugruppen in Hybridbauweise in den Fokus, die auf einem durchgängig digitalen Planungs- und Produktionsprozess basieren und eine höhere konstruktive Flexibilität und gestalterische Varianz erreichen, wodurch sie zur Verbesserung der nachhaltigen Nutzung von Gebäuden beitragen.
Alleinstellungsmerkmal des Forschungsansatzes ist der komplementäre Mittelweg aus Raummodul- und Elementbauweise im Hinblick auf eine adaptive Baumethode, die dem komplexen Anforderungsgeflecht heutiger Planungsaufgaben durch eine hohe Flexibilität sowohl in der materialkonstruktiven Ausführung als auch der gestalterischen Varianz entspricht.
Im Vergleich zum aktuellen Stand der Technik zielt die Forschungsleistung insbesondere auf eine nachhaltige Systemoffenheit ab, welche durch eine Balance zwischen Flexibilität und damit einer Adaptivität auf der einen Seite und Systematisierung auf der anderen Seite gekennzeichnet ist. Adaptivität bezeichnet hier die projektspezifische Anpassung der raummodularen Einheiten und Tafelelemente miteinander und in ihren Dimensionen.
Die dabei angestrebten konkreten Forschungsziele werden entsprechend des Arbeitsplans wie folgt zusammengefasst:
a) Verbesserung der Ressourceneffizienz auf Baustoffebene
b) Umweltentlastung durch Bauweise und Konstruktion
c) Nachhaltiges Gebäudetechnikkonzept
d) Entlastung der Ressource Mensch
e) Digitale Nachhaltigkeit
Die interdisziplinäre Forschungsleistung erfolgt formal stets entsprechend der drei Schwerpunkte Modular - Digital - Zirkulär, die im Wesentlichen auch die Leistungen der drei Kooperationspartner aufzeigen. Die synchrone Erarbeitung der Leistungsschwerpunkte und deren Verzahnung war stets forschungsleitend. Methodisch haben die drei Bereiche unterschiedliche Ansätze verfolgt. Unter dem Thema Modular wurde maßgeblich die Gewichtung von Systemansatz zu Anpassungsplanung erarbeitet. Auf Planungsebene wurde ein eigenes Referenzgebäude konzipiert, welches die konstruktiven Vorteile der entwickelten Forschung in der Kombination von raummodularer Bauweise und elementierten Bauteilen optimal herausstellt und auf Potenziale und Hemmnisse prüft. Die bewusste Fokussierung auf das entwickelte hybride System als massive Skelettkonstruktion mit flächigen Leichtbauteilen wurde unter dem Schwerpunkt Zirkulär kontinuierlich bilanziert. Dazu wurden eine umfassende Datengrundlage zur Ökobilanzierung erstellt, die sowohl Einzelbauteile, also das Raummodul, und gesamtheitlich das Referenzgebäude betrachtet. Die Bilanzierungsergebnisse fungierten als unmittelbare Entscheidungshilfe innerhalb der Forschungsleistung bei der Konzeption des hybriden Systembaus. Unter dem Schwerpunkt Digital erfolgte die Forschungsentwicklung hauptsächlich am digitalen Beschreibungsmodel. Die analog erzeugten Bilanzierungsdaten wurden konsequent in die digitale Konzeption eingespeist und abgeglichen. So konnte eine konsequente Schnittstellenkontrolle gewährleistet werden.
Die Forschungsziele zu Modular - Zirkulär - Digital wurden zuerst durch die Hochschulpartner analysiert, kategorisiert und methodisch gesamtheitlich entwickelt, um anschließend im digitalen Demonstrator durch den Praxispartner Design-to-Production eingesetzt und erprobt zu werden. Die Bewertung des anwendungsorientierten Einsatzes erfolgte durch den Praxispartner Solid.Modulbau GmbH. Die ausschnittsweise Fertigung eines realen Demonstrators sowie die Erarbeitung der hierfür erforderlichen Ausführungsunterlagen wurde durch die Firma Bremer SE durchgeführt.
Methodisch wird stets das ausbalancierte Verhältnis aus der Anwendung eines Systemansatzes und einer Anpassungsplanung abgewogen - mit dem Ziel, zugleich wirtschaftliche wie architektonisch hochwertige Konstruktionen zu schaffen.
Folgende Ergebnisse wurden im Rahmen des Vorhabens angestrebt und in Kooperation erreicht:
Verbesserung der Ressourceneffizienz auf Baustoffebene:
Ausgehend von einer raummodularen Stahlbetonbauweise wurden anhand von weitgreifenden ökobilanziellen Untersuchungen Verbesserungen der Ressourceneffizienz auf Material- bzw. Baustoffebene sowie für die Konstruktion erreicht. Einhergehend mit der Lebenszyklusanalyse der Bauteile und des Gesamtsystems, deren Prüfung in engem Zusammenhang mit alternativen Bauweisen stattgefunden hat, ist die Weiterentwicklung des baukonstruktiven Systems zugunsten einer kreislaufgerechten Konstruktion mit einem hohen Wiederverwendungspotenzial erarbeitet worden.
Umweltentlastung durch Bauweise und Konstruktion
Die Entwicklung der hybriden Konstruktionsmethodik, durch die eine Kombination von flächigen Bauteilen und raummodularen Einheiten in einer Systemidee möglich wird, führt zu einer sehr effizienten und leistungsstarken Bauweise, die konkret auf die jeweiligen Anforderungen einer Bauaufgabe reagieren kann. Eine ausschlaggebende Verbesserung der Ökobilanz und der Treibhausgasemissionen wurde sowohl für das Einzelmodul als auch das Referenzgebäude nachgewiesen. Weiterhin sind in Anbetracht einer kreislauffähigen Konstruktionslogik für die strukturellen Bauteile reversible Fügemethoden entwickelt worden, was sich insbesondere für die Wieder- und Weiterverwendung von Bauteilen und Materialien positiv auswirkt.
Entlastung der Ressource Mensch
Der angestrebte Planungs- und Bauprozess, der sich in großen Teilen durch einen digitalen Arbeitsfortschritt und die stärkere Einbindung von automatisierten Fertigungsschritten auszeichnet, schafft eine Reduzierung der körperlichen Arbeit und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die ausführenden Gewerke.
Digitale Nachhaltigkeit
Um den Planungsprozess gesamtheitlich entsprechend der komplexen Anforderungen an eine ressourcenschonende, nachhaltige Gebäudeentwicklung aufzusetzen und gleichzeitig Aspekte einer zukunftsfähigen Bau- und Prozessumsetzung zu gewährleisten, wurde eine digitale Softwareanwendung für ein Gebäudebeschreibungsmodell erarbeitet, die assoziativ auf Veränderungen und Anpassungen eines Entwurfs reagieren kann. Die Modellierung der einzelnen Komponenten und des Gebäudes trägt nicht nur zur Optimierung der ökologischen, werkstofftechnischen oder baulichen Eigenschaften bei sondern berücksichtigt gleichermaßen produktionsrelevante Faktoren.
Die Forschungsansätze wurden kontinuierlich während der Bearbeitung in externen Forschungskreisen und auf internationalen Konferenzen beispielsweise auf der „ISIC - international conference“ zum Thema „trends on construction in the post-digital era“ in Guimaraes, Portugal, zur Diskussion gebracht. Es erfolgte die Veröffentlichung des Beitrags „prototypical approach for an individualized standardization process in the context of intelligent construction and automation“ im Springer Verlag im Journal Architecture, Structures and Construction.
Die aktuellen Forschungsergebnisse wurden für die Teilnahme an der Konferenz „Cisbat 2025“ an der EPFL in Lousanne vorbereitet, die im September 2025 stattfinden wird. Die Veröffentlichung des Artikels mit dem Titel „Correlation of enhanced circularity and customized prefabrication“ findet im Anschluss an die Cisbat-Konferenz innerhalb der IOP series statt und stellt Teilergebnisse des Forschungsvorhabens im Kontext der nachhaltigen Gebäudeplanung und ressourcenschonenden Bauausführung vor.
Weiterhin findet eine Übertragung der Ergebnisse in die Architekturlehre statt. Rückkopplungen mit der Industrie wurden bereits mit unterschiedlichen Praxispartnern angestrebt.
Die Entwicklung der Arbeitsergebnisse zeigt, dass die anvisierten Optimierungen für einen gesamtheitlichen Planungs- und Bauprozess für eine individualisierbare Systembauweise auf den unterschiedlichen, entsprechend der Aufgabenstellung definierten Ebenen in großen Teilen erreicht werden konnte. Synergieeffekte zwischen den Bausteinen Modular - Zirkulär - Digital wurden dargestellt und sind für das erfolgreiche Zusammenwirken im Sinne einer zukunftsfähigen Anwen-dung und Übertragbarkeit unumgänglich.
Um eine praxisorientierte Anwendung des Vorhabens zu stützen, wäre die Einbindung der prototypischen Software bzw. des digitalen Beschreibungsmodells in einen Planungs- und Bauprozess erforderlich. Im Zuge der aktuellen Arbeit wurde ein Demonstrator entwickelt. Dessen volle Funktionsfähigkeit sollte im nächsten Schritt für den Anwendungsfall geprüft und erweitert werden. Diesbezüglich könnte man in einem simulierten Planungsvorhaben für ein reales oder fiktives Grundstück den Einsatz der Software testen. Je nach Einsatzgebiet und den funktionalen Anforderungen der Planungsaufgabe ist eine Anpassung der Software vgl. einfach aus den Kernkomponenten ableitbar.
Die Einbindung des notwendigen gebäudetechnischen Systems wurde nicht ausreichend und nur in Teilen im Rahmen der Forschungsarbeit betrachtet. Lösungen, die ein robustes bauklimatisches Konzept verfolgen und auf einer auf passiven Prinzipien beruhenden energetischen Nutzung basieren, stehen dabei im Vordergrund.