Projekt 37195/01

Management und Vermarktung von Ökosystemleistungen des Waldes in Mecklenburg-Vorpommern (ÖSL-MV)

Projektdurchführung

Technische Universität Dresden
Institut für Forstökonomie und Forsteinrichtung
Professur für Forsteinrichtung
Pienner Str. 23
01737 Tharandt

Zielsetzung

Forstbetriebe und forstliche Zusammenschlüsse stellen über die Bewirtschaftung des Ökosystems Wald eine Vielzahl gesellschaftlich relevanter Leistungen zur Verfügung. Für das breite Leistungsspektrum, das traditionell mit der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes umschrieben wurde, ist heute die Bezeichnung Ökosystemleistungen (ÖSL) geläufig. Um die Akzeptanz und gezielte Umsetzung der gesamten Bandbreite der ÖSL in den Forstbetrieben zu fördern, fehlt es bisher meist an wirksamen Anreizsystemen.

Für eine großflächige Implementierung von leistungsdifferenzierten waldbaulichen Behandlungskonzepten in der Praxis bedarf es auf der „Angebotsseite“ eines modifizierten Managementkonzepts. Im Projekt soll ein Ansatz zur zielorientierten Erstellung von ÖSL auf forstbetrieblicher Ebene entwickelt und um die Untersuchung von Ansätzen zur Bewertung und Vermarktung ergänzt werden.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass allgemeingültige und landesweit einsetzbare Honorierungsansätze in nur wenigen Fällen entwickelt werden konnten. Für eine erfolgreiche Weiterentwicklung bestehender sowie die Neuentwicklung weiterer Geschäftsmodelle ist eine stärkere Leistungs- und Angebotsdifferenzierung nach den lokalen oder regionalen Gegebenheiten unverzichtbar.

Anhand geeigneter Fallbeispiele soll im Verbundprojekt mittels Befragungen die konkrete Nachfrage nach ÖSL des Waldes identifiziert und als Ausgangspunkt für die Gestaltung dementsprechender leistungsorientierter waldbaulicher Behandlungsprogramme dienen. Die Untersuchungen werden sich vor allem auf die Leistungsbereiche Holzproduktion, Biodiversität und Naturschutz, Waldästhetik und Erholung sowie das Management der Ressource Wasser im Wald konzentrieren.

Das Ziel des Projektes liegt weiter in der bestandes- und betriebsbezogenen Erfassung entsprechender ÖSL im Rahmen der betrieblichen Inventur und Planung, sodass diese durch Maßnahmen des Wirtschaftsvollzugs im Forstbetrieb wirksam gefördert werden können. Ein solches flächenspezifisches ÖSL-Management ist die Voraussetzung für eine gezielte Vermarktung einzelner Elemente des betrieblichen Leistungsportfolios an örtliche und regionale Nutzergruppen.

Das vorliegende Projekt kann so zu einer effizienten Nutzung der Wälder als Naturraum (zunächst auf Ebene der Modellbetriebe) beitragen, wenn es gelingt, aufzuzeigen, in welchem Maße und auf welcher räumlichen Ebene vorrangige Konfliktfelder hinsichtlich der Nutzung von ÖSL bestehen. Mit Hilfe dieser ÖSL-gebundenen Naturraumanalyse kann ermittelt werden, wann es sinnvoll ist, integrative Ansätze innerhalb einer definierten räumlichen Einheit durch die waldbauliche Gestaltung der Waldflächen zu verfolgen oder wann eine kleinflächige Segregation spezifischer ÖSL sogar einen Mehrwert bedeutet, wenn die betriebliche Ebene einbezogen wird.

Daher beinhaltet das Projektvorhaben auch die regelmäßige und unmittelbare Beteiligung unterschiedlicher regionaler Akteure. Neben finanziellen und förderpolitischen Anreizsystemen entscheidet letztendlich die Akzeptanz der Waldbesitzer und forstlichen Akteure über die tatsächliche Umsetzung von Maßnahmen für unterschiedliche ÖSL auf den Waldflächen. Erfahrungsgemäß kann eine nachhaltige Umweltentlastung, insbesondere bei privaten Eigentumsstrukturen, nur realisiert werden, wenn das Verständnis für die Zusammenhänge zwischen den einzelnen ÖSL transparent, gut nachvollziehbar und praxistauglich aufbereitet wird.

Arbeitsschritte

Das Forschungsprojekt zielte darauf ab, die Struktur-Leistungsbeziehungen in Waldökosystemen innerhalb verschiedener ÖSL-Bereichen zu analysieren und damit das Fundament für ÖSL-spezifischer waldbaulicher Behandlungsempfehlungen zu legen. Daher wurde im ersten Arbeitsschritt eine Struktur-Leistungsmatrix (SLM) erstellt, die die Wirkung unterschiedlicher Strukturmerkmale auf vier ÖSL-Bereiche Erholung, Biodiversität, Wasserreinigung und Holzproduktion beschreibt.

(1) Zu Beginn wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, um geeignete Strukturmerkmale zu identifizieren. Die Recherche bildete die Grundlage für die Konzeptentwicklung und die Auswahl von Merkmalsgruppen und Strukturmerkmalen.
(2) Mittels einer zweistufigen Online-Umfrage wurden die wichtigsten Merkmalsgruppen für jeden ÖSL-Bereich identifiziert. Die Ergebnisse dienten auch als Gewichtungsfaktoren bei der Nutzwertanalyse im waldbaulichen Planungsverfahren.
(3) Ein Expertengremium bewertete die Wirkung der Strukturmerkmale auf die ausgewählten ÖSL-Bereiche in zwei Runden. Die Ergebnisse der Delphi-Studie wurden durch ergänzende Literaturrecherchen verifiziert.

Mit Schwerpunkt auf den ÖSL-Bereich Erholung wurden Vor-Ort-Befragungen und regionale sowie eine landesweite Umfrage durchgeführt, um die Präferenzen der Erholungssuchenden und somit die gesellschaftliche Nachfrage nach Walderholung zu erfassen.

Basierend auf den Ergebnissen der SLM und den Umfragen wurden ÖSL-spezifische waldbauliche Behandlungsempfehlungen entwickelt. Diese Empfehlungen berücksichtigen die natürlichen Altersklassen der Wälder und zielen darauf ab, einzelne Strukturmerkmale waldbaulich zu fördern und ÖSL-Bereiche gezielt zu entwickeln und optimieren. Ein Planungshandbuch wird erstellt, das die wesentlichen Erkenntnisse des Projekts zusammenfasst, über relevante Strukturmerkmale informiert und praxisorientierte Anweisungen für Waldbesitzende und Waldbewirtschaftende bietet.

Die waldbaulichen Behandlungsempfehlungen wurden auf Grundlage einer Auswahl an charakteristischen Waldentwicklungstypen entwickelt und können so überregional Anwendung finden. In zwei Kooperationsbetrieben wurde die Übertragbarkeit des Verfahrens geprüft und Weiserflächen implementiert. Die waldbaulichen Behandlungsempfehlungen sollen zur ÖSL-spezifischen und nachhaltigen Waldbewirtschaftung beitragen, indem sie die betriebliche Entscheidungsfindung unterstützen und somit die Zukunftsfähigkeit unserer Wälder gewährleisten.

Ergebnisse

Das Projekt erreichte seine gesetzten Ziele weitestgehend. Der geplante Arbeits- und Zeitrahmen wurde eingehalten; zeitlich begrenzte Verzögerungen im Bereich der regionalen Umfragen, der Beteiligung der Kooperationspartner:innen sowie bei der Übertragung des Verfahrens konnten ausgeglichen werden. Auch die Kostenkalkulation erwies sich als tragfähig.

Die entwickelte Struktur-Leistungsmatrix (SLM) stellt ein innovatives, praxisorientiertes Werkzeug zur Bewertung relevanter Strukturmerkmale in Bezug auf die ÖSL-Bereiche dar. Die Erfassung der Erholungsleistung von Nah- und Fernerholenden über Befragungen und kontingente Bewertungsverfahren ergab als Ergebnis eine hohe gesellschaftliche Wertschätzung.

Die ÖSL-spezifischen waldbaulichen Empfehlungen wurden für flächig relevante Waldentwicklungstypen, die auch überregional von Bedeutung sind, entwickelt und damit die Tragfähigkeit und Reichweite für die forstliche Praxis erhöht. Deren Anwendbarkeit kann durch das Weiserflächenkonzept erfolgreich auf betrieblicher Ebene demonstriert werden. Das erstellte Planungshandbuch ist darüber hinaus ein geeignetes Instrument, um die Ergebnisse zu kommunizieren und in die forstliche Praxis zu überführen. Es soll ab Anfang 2026 online verfügbar sein.

Das Projekt leistet insofern einen substanziellen Beitrag zur Entwicklung einer leistungsdifferenzierten, multifunktionalen Waldbewirtschaftung. Das entwickelte Konzept bietet eine valide Grundlage für ein forstbetriebliches Anreizsystem, um waldbauliche Maßnahmen ÖSL-spezifisch zu gestalten und ÖSL zu optimieren.

Durch den Fokus auf die praktische Umsetzbarkeit bietet das Forschungsprojekt innovative konzeptionelle wie waldbauliche Ansätzen für die Forstpraxis.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Ergebnisse des Projekts werden im Sinne eines transparenten Wissenstransfers in verschiedenen Formaten der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht. Breite Fachpartizipation wurde durch Online-Befragungen und eine Delphi-Studie sichergestellt.

Wissenschaftliche Publikationen befinden sich im Publikationsprozess: Zwei Beiträge zur Besucherfotografie stehen kurz vor Fertigstellung. Zudem fließen die erhobenen Strukturparameter in eine größere Untersuchung für zwei Veröffentlichungen in internationalen Fachjournalen mit Peer-Review-Verfahren ein, in der der Einfluss der Bewirtschaftungsintensität auf die Strukturdiversität sowie die Häufigkeit und Qualität von Mikrohabitaten analysiert wird. Ein Manuskript im Journal Environmental and Resource Economics ist eingereicht, zwei weitere sind in Vorbereitung.

Die Ergebnisse wurden zudem auf einschlägigen wissenschaftlichen Tagungen präsentiert, u. a. beim AURÖ-Nachwuchsworkshop, der Universität des Baskenlandes, dem forstökonomischen Kolloquium sowie der Forstwissenschaftlichen Tagung 2023. Parallel entstanden sechs qualifizierende Abschlussarbeiten. Das Planungshandbuch bündelt zentrale Erkenntnisse für die forstliche Betriebsplanung und wird derzeit zur Veröffentlichung vorbereitet.

Fazit

Das Projekt hat innovative methodische Ansätze und Vorgehensweisen hervorgebracht, die über den Projektzeitraum hinaus weiterentwickelt und in der Forschungspraxis angewendet werden. Die im Projekt etablierten Weiserflächen dienen künftig als belastbare Grundlage für weiterführende Untersuchungen und ermöglichen Langzeitvergleiche. Das entwickelte Konzept – insbesondere die Struktur-Leistungsmatrix (SLM) mit ihren vielfältigen Einsatzmöglichkeiten – erlaubt eine differenzierte Analyse von ÖSL und dem Optimierungspotential sowohl auf Bestandes- als auch auf Betriebsebene. Zudem bietet sie eine fundierte Basis zur Ableitung ÖSL-spezifischer waldbaulicher Behandlungsempfehlungen.

Das Projekt trägt dazu bei, das Verständnis für die komplexen Zusammenhänge zwischen Waldstrukturen und ÖSL zu vertiefen und die Entwicklung von Waldstrukturen auf forstbetrieblicher Ebene zu befördern. Dabei ergänzt es die Untersuchungen zu Ansätzen zur Bewertung von ÖSL und liefert die Grundlagen zu deren weiterer Vermarktung.

Die Ergebnisse fließen im Rahmen eines sich anschließenden Projekt in Nordrhein-Westfalen ein, das die erarbeiteten Ansätze weiterführt.

Übersicht

Fördersumme

569.804,00 €

Förderzeitraum

01.02.2022 - 31.01.2025

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz