Projekt 35505/71

Umweltfreundliches Galvanisierungsverfahren zum Ersatz von Silber durch Kupfer für PV-Solarzellenkontakte

Projektdurchführung

PV2+ GmbH
Heidenhofstr. 2
79110 Freiburg

Zielsetzung

Die Solarenergie ist neben der Windenergie eine der Hauptsäulen der Energiewende. Damit die Klimaziele erreicht werden, ist es notwendig die Solarindustrie weltweit massiv zu skalieren. Pierre Verlinden, einer der weltweit führendsten Solarexperten, äußert sich dazu 2020 im Journal of Renewable and Sustainable Energie wie folgt: “The [PV] industry has demonstrated that it is capable to grow at a very high rate and to continuously reduce the cost of manufacturing. There are no challenges related to the technology, manufacturing cost, or sustainability, except for the consumption of silver, which needs to be reduced by at least a factor of 4 […].”

Silber ist die einzige kritische Ressource in der Solarzellenproduktion. Derzeit werden bereits weltweit ca. 17 % des jährlich in Minen abgebauten Silbers für die Solarzellenfertigung beansprucht. Gleichzeitig wächst die Fertigungskapazität für Solarzellen exponentiell um 20 - 30 % pro Jahr. Ohne technologische Innovation würde die Solarindustrie bereits im Jahr 2030 das gesamte weltweit verfügbare Silber aus dem Bergbau nachfragen. Es versteht sich von selbst, dass dies kein tragfähiges Szenario ist, zumal auch andere Zukunftstechnologien, wie die Elektromobilität, einen zunehmend hohen Silberbedarf anmelden.

Expert*innen sind sich einig, dass die Versorgung der Solarindustrie mit Silber für die elektrischen Kontakte der Solarzellen bereits in 2 - 4 Jahren das größte Problem für das nötige Wachstum der Solarindustrie sein wird und somit auch zum Flaschenhals für die gesamte Energiewende wird.

Das Spin-off des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, PV2+, hat eine patentierte Galvaniktechnologie entwickelt, die es Solarzellenherstellern erlaubt mithilfe eines speziell entwickelten Elektrolyten, in Solarzellenkontakten Silber durch Kupfer zu substituieren. Dies ermöglicht die Skalierung der Solarindustrie und löst somit eine der zentralen Nachhaltigkeitsherausforderungen unserer Zeit.

Arbeitsschritte

Im Rahmen des Projekts ist geplant, die Technologie von PV2+ im Rahmen einer Demofertigung zu erproben und die Langzeitleistung der Kontakte in Solarmodulen mit beschleunigten Testverfahren zu prüfen.
Im Fokus steht dabei für PV2+ die sog. Silizium-Heteroübergangstechnologie (SHJ), die die europäische Solarindustrie wegen der hohen Leistungsfähigkeit und des geringen CO2-Fußabdrucks bevorzugt. Bei dieser ist jedoch der Silberverbrauch pro Watt deutlich höher als bei der heutigen Standardsolartechnologie.
Wenn der große Nachteil des erhöhten Silberverbrauchs durch den Einsatz von Kupferkontakten in einen Vorteil umgewandelt werden kann, hat die SHJ-Technologie die besten Chancen, innerhalb weniger Jahre zum Zugpferd der europäischen Solarindustrie zu werden.
Im Rahmen des Projekts sollen die Vorteile der Technologie von PV2+ auch im Rahmen einer Demolinie bestätigt werden. Diese Vorteile sind:
1. Kupfer ist ca. 100-mal billiger als Silber. Die Verwendung von Silber verursacht in der Solarindustrie jährliche Kosten von etwa 3 Mrd. USD und macht etwa 10 % des Preises für ein Solarmodul mit der Silicium-Heterojunction Technologie aus.
2. Kupfer ist ca. 1000-mal verfügbarer als Silber, weshalb selbst das allein in Deutschland jährlich recycelte Kupfer für die Herstellung aller weltweit produzierten Solarzellen ausreichen würde. Dadurch verfügen wir über eine sichere und transparente Lieferkette und sind unabhängiger von Rohstoffkonflikten.  
3. Kupfer ist deutlich umweltfreundlicher und erlaubt Kunden daher eine bessere Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards, im Einklang mit den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft.  
4. Höhere Leistung der Solarzellen.

Ergebnisse

Die technischen Projektziele wurden im Wesentlichen erreicht, ohne Planabweichungen beim Arbeits-, Zeit- oder Kostenplan.

- Ein neuer interner Effizienzrekord wurde erzielt.

- Prozessentwicklung: Sputtern für diverse Waferformate (bis G12-halb) optimiert und auf Pilotanlagen übertragen. Laserablation verbessert (Laserschäden reduziert, Voc 745mV).

- Galvanik: Neue Anlage (bis G12-Wafer, 8+8 Zellen) in Betrieb. Elektrolyt stabil (>2 Jahre), homogene Abscheidung auf ≥ 500 Zellen; keine Waferkanten-Abscheidung. Prototypen auf IBC-/TOPCon-Zellen vielversprechend.

- Validierung: Proof of Concept auf Industriezellen erbracht (bessere physikalische Eigenschaften, ROI ca. 1 Jahr). Erste Umsätze aus Kundenbemusterungen generiert.

- Strategische Anpassungen und Herausforderungen: Die Projektaussichten änderten sich durch den Rückgang der europäischen PV-Industrie. Die ursprünglich geplante Pilotfertigung bei Meyer Burger (USA-Verlagerung) wurde durch eine Internationalisierung (Asien/USA) und den Aufbau eigener pilotähnlicher Demofertigung ersetzt. Berichte über Reproduktionsversuche chinesischer Hersteller führten zur Publikationseinschränkung. Gleichzeitig besteht Interesse führender Akteure in China, was gemeinsame Demofertigungen ermöglicht.

- Ökologische und ökonomische Einordnung (Mehrwert): Die Innovation ist entscheidend für die Energiewende, da Silbermangel die Solarindustrie-Skalierung behindert.

- Quantitativer Nutzen: Kupfer 100x günstiger, 1000x häufiger verfügbar. Potentielle Einsparung ~1,5 Mrd. USD für die Solarindustrie im Jahr 2025. LCA: Kupfer mindestens 20x umweltfreundlicher als Silber.

- Qualitativer Mehrwert (über Gesetzliches hinaus):
> Kreislaufwirtschaft: Recycling-Kupfer, recycelbares Al-Maskierungsmaterial.
> Reduzierung von Umwelt-/Sozialschäden durch Silberabbau.
> Sichere Lieferketten und reduzierte Transport-CO2-Emissionen.
> Keine gefährlichen Emissionen.
> Beitrag zu UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs).
> Ganzheitliches Nachhaltigkeitskonzept (ökonomisch, ökologisch, sozial).

Öffentlichkeitsarbeit

Publikation: Eine Fachpublikation (DOI 10.1002/solr.202300335) wurde veröffentlicht. Weitere Veröffentlichungen wurden jedoch zum IP-Schutz und gegen Reproduktionsversuche Dritter eingestellt.

Kunden-Samplings: Es wurden umfangreiche Bemusterungen und Demos mit führenden Herstellern für diverse Waferformate (M6, M10, G10, G12-halb) durchgeführt, was zu ersten Umsätzen führte.

Netzwerkaktivitäten: Aktiver Austausch im Solarindustrie-Netzwerk (u. a. Fraunhofer ISE, SolarPower Europe, Maschinenbauer wie Von Ardenne, Trumpf).

Zukünftige und geplante Verbreitung (über die Projektlaufzeit hinaus):
Aufbau von Pilot- und Demofertigungen: Statt initialer EU-Fokussierung wird aufgrund der Marktlage eine internationale Strategie verfolgt. Eigene pilotähnliche Demofertigungen und Kooperationen mit Herstellern in Asien (z. B. Sunwell, Von Ardenne in China) und den USA (NuVision) sowie Indien (REC Reliance) sind geplant.

Strategische Partnerschaften: Gezielte Kooperationen mit Schlüsselakteuren der PV-Wertschöpfungskette (z.B. Aiko Solar, Jinko) werden zur schnellen Marktvalidierung und Skalierung angestrebt.

Website PV2+ GmbH

Fazit

Das Förderprojekt PV2+ verfolgte das Ziel, Silber durch Kupfer in Solarzellenkontakten zu ersetzen, um Kosten zu senken, die Rohstoffabhängigkeit zu verringern und die ökologische Nachhaltigkeit der Photovoltaikbranche zu stärken. Die gewählte technische Vorgehensweise erwies sich als sehr erfolgreich: Prozesse wie Sputtern und Laserablation wurden optimiert und auf Industrieanlagen übertragen, eine neue Galvanikanlage ermöglichte die homogene Kupferabscheidung auf über 500 Zellen bei stabilisiertem Elektrolyt. Der Proof of Concept wurde durch bessere Zellleistungen auf Industriewafern und einem ROI < 1 Jahr erbracht. Auch erste Umsätze durch Kundenbemusterungen bestätigen den Marktbedarf.

Strategisch war eine Kurskorrektur nötig: Aufgrund des Rückgangs der europäischen Solarindustrie wurde der Fokus erfolgreich auf Asien und die USA sowie auf eigene pilotähnliche Demoproduktion verlagert. Diese Neuausrichtung erwies sich als essenziell für Markteintritt und Skalierung.

Alternative technische Ansätze wie Kupfer-Nanopartikel oder Polymermasken wurden geprüft, boten jedoch keine vergleichbare Leistung, Wirtschaftlichkeit oder Umweltbilanz wie das patentierte Galvanikverfahren von PV2+. Die zentrale alternative Idee war daher nicht technologischer, sondern strategischer Natur und sie trug maßgeblich zur Zielerreichung bei.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

18.06.2023 - 18.06.2026

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik