Klimaneutralität im Gesundheitssektor – Berechnungstool für CO2-Emissionen im Klinikbetrieb

Projekt aus der Förderinitiative Planetary Health

Nach einer Schätzung der World Health Organisation (WHO) werden in Deutschland 6,7 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen durch den Gesundheitssektor verursacht. Das entspricht mehr als 50 Millionen Tonnen CO2. Für die Entwicklung einer ambitionierten Strategie zum Erreichen einer Klimaneutralität des Gesundheitssektors bedarf es genauer Kenntnisse zu den jeweiligen Quellen und Mengen von CO2-Emissionen der einzelnen Teilbereiche und Aktivitäten.Im Vorhaben wurden am Beispiel des Uniklinikums Freiburg modellhaft die konkreten CO2-Emissionen im Klinikbetrieb entsprechend Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) für das Bilanzjahr 2019 quantifiziert. Dabei wurden relevante Einflussfaktoren auf den Carbon Footprint ermittelt, um entsprechend der Einflussfaktoren auf den Carbon Footprint Reduktionsmaßnahmen abzuleiten. Die Pilotstudie am Universitätsklinikum Freiburg trägt durch Veröffentlichung der CO2-Bilanz und des im Rahmen des Forschungsprojektes entwickelten CO2-Berechnungstools zur Transformation auf Klinikebene bei („Open-Data-/Open-Source-Prinzip“).

CO2-Berechnungstool entwickelt

Das MS-Excel basierte Tool erlaubt nicht nur eine umfassende CO2-Bilanz durch Inklusion der indirekten Emissionen in vor- und nachgelagerten Prozessen (sog. Scope 3 nach GHG Protocol), sondern auch eine Integration von Verbrauchsdaten auf Produkt- bzw. Prozessebene („Bottom-Up“-Bilanz). Wo dies, z.B. aufgrund der Fülle der Daten oder mangels Verfügbarkeit von verknüpfbaren CO2-Inventardaten, nicht möglich ist, kommen rein ausgabenbasierte „Top-Down“-Emissionsfaktoren zum Einsatz. Die hieraus generierte „Hybrid“-Bilanz begegnet aus unserer Sicht dem Spagat zwischen pragmatischen und validen CO2-Bilanzen.Im Bereich der Lieferketten bestehen weiterhin große Datenlücken. Daher wurden im Rahmen des Projektes zur Bilanzierung der eingekauften Produkte neben ausführlichen Literaturrecherchen auch umfassende Anfragen bei den sog. „Tier 1“-Unternehmen durchgeführt, um noch weitere Informationen zum CO2-Gehalt von Pharmaka, medizinischen Verbrauchsmaterialien etc. zu erhalten.

Trotz größter Bemühungen konnten hierdurch jedoch nur wenige Daten zu Lieferketten und produktbasierten CO2-Emissionen ergänzt werden, was einer der Gründe für die gewählte „Hybrid“-Bilanzierung war.Wichtiger Schritt des Carbon AccountingDie im Projekt berechnete CO2-Bilanz zeigt Mengen und Proportionen der Emissionen im Regelbetrieb. Durch weitere Verbesserungen in der Datenbereitstellung im Scope 3 und die Entwicklung von einheitlichen Benchmarks (CO2e pro Einheit) könnte die Emissionsbewertung einen höheren Detailgrad erreichen und die Vergleichbarkeit mit anderen Kliniken gewährleistet werden. Dieses Projekt stellt einen wichtigen Schritt des Carbon Accounting dar, es bedarf jedoch noch weiterer Forschung und Maßnahmen aus Politik und Wirtschaft, um eine leicht durchführbare und vergleichbare Berechnung von CO2-Emissionen im Gesundheitswesen zu ermöglichen, die neben Kliniken auch Einrichtungen der ambulanten Versorgung umfasst.

Das CAFOGES-Tool zur Berechnung der Treibhausgasemissionen von Kliniken ist ab sofort frei verfügbar (CC-BY-SA-NC-4.0) unter https://www.uniklinik-freiburg.de/allgemeinmedizin/cafoges.html oder https://www.oeko.de/CaFoGes-Tool

Weitere Informationen in unserer DBU-Pressemitteilung.

Link zur PM

DBU-Förderthema 1: Instrumente und Kompetenzen der Nachhaltigkeitsbewertung sowie Stärkung von Nachhaltigkeitsbewusstsein und -handeln

WBGU-Teilhandlungsfeld: Gesunde Gesundheitssysteme (die Teilhandlungsfelder beziehen sich auf die Publikation des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) „Planetare Gesundheit: Worüber wir jetzt reden müssen“) 

Projektdurchführung: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Allgemeinmedizin

Ansprechpartner: Prof. Dr. Andy Maun

DBU-AZ: 38024/01, Förderzeitraum: Januar 2022 – Juni 2023

Stand: Juni 2023

Titelfoto: Canva/mediaphotos von Getty Images