Projekt 38228/01

Konzept zur präventiven Konservierung, Sicherung und Bewahrung für den Wandmalerei-Zyklus im Kreuzgang des Emmausklosters in Prag

Projektträger

Technische Hochschule Köln Cologne Institute of Conservation Sciences (CICS)
Campus Südstadt, Ubierring 40
50678 Köln
Telefon: +4922182753517

Zielsetzung

Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines Erhaltungskonzeptes für den Wandmalerei-Zyklus im Emmauskloster in Prag. Dabei handelt es sich um eine gotische Wandmalerei aus dem 14. Jh., als Prag unter Kaiser Karl IV. das kulturelle Zentrum des Heiligen Römischen Reiches und Herrschaftsgebiet der römisch-deutschen Kaiser war.

Die großformatige Malerei ist aufgrund ihrer Ikonographie und künstlerischen Qualität von internationaler Bedeutung. Sie besteht aus 26 figürlichen Gemälden in 22 Gewölbefeldern und ist im mittel- und nordeuropäischen Raum eine Seltenheit. Die Oberflächen der Malerei weisen erhebliche Schäden auf, die auf negative Auswirkungen von Umwelteinflüssen wie Salze, mikrobiologischer Befall und weitere atmosphärische Verschmutzungen zurückzuführen sind. Zudem haben erhebliche Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit und Kondensa-tionsvorgänge die Farbschichten geschädigt. Eine Analyse der Malereischichten in Bezug auf schädliche Umwelteinflüsse erfolgte bisher nicht und ist dringend notwendig.

Gegenstand des Vorhabens ist daher eine modellhafte Bestands- und Zustandserfassung, im Rahmen derer die Schadzusammenhänge sowie vergangene Restaurierungsarbeiten erstmalig vollumfänglich untersucht werden sollen. Ziel ist es, Kenntnisse über die schädlichen Auswirkungen von Umweltfaktoren sowie dezidiertere Informationen über den Erhaltungszustand zu gewinnen. Das Projekt verfolgt dafür eine umfassende multimethodische Herangehensweise, die auf bildgebenden Verfahren, d. h. nichtinvasiven und mikroinvasiven Analysetechniken, basiert (u. a. Streiflicht, UV-Fluoreszenz, IR-Reflektografie, XRF-, Raman-, Nahinfrarot- und FTIR-Analysemethoden, photogrammetrische Vermessung). Für eine bessere Aussagekraft werden diese durch zwei neue Untersuchungsansätze ergänzt:

Multispektraler Untersuchungsansatz basierend auf dem neuen Multi- und Hyperspektralkamerasystem „Rainbow“. Dieses ist ein innovatives, automatisches Bilderfassungssystem wurde bisher nur in Museen eingesetzt und soll erstmalig am Wandbereich erprobt werden. Durch seine hochauflösenden Multispektral-Bilder (100 MP) können im Gegensatz zu herkömmlichen Geräten präzisere Informationen über Material- und Pigmentverteilung oder verborgene Eigenschaften geliefert werden.

Risikoanalyse basierend auf der sog. ABC-Methode des Canadian Conservation Institute und ICCROM zur Quantifizierung von potenziellen Risiken. Der Berechnungsansatz ermöglicht es, das Ausmaß von bestimmten Risiken für Museumsobjekte zu definieren. Es basiert auf numerischen ABC-Skalen, mit denen die Häufigkeit von Schadensereignissen und der zu erwartende Wertverlust für verschiedene Risiken quantifiziert wird. Im Projekt werden diese Kriterien erstmalig um umweltbedingte und kulturelle Risiken erweitert.

In Ergänzung ist eine Umweltbewertung vorgesehen. Berücksichtigt werden anthropogene Einflüsse wie hygrothermische Zusammenhänge, Auswirkungen des Klimawandels und die starke Schadstoffbelastung in Prag.

Das Ergebnis ist ein Erhaltungskonzept. Es ist Grundlage für eine nach Projektende durchzuführende Restaurierung durch die Fakultät für Restaurierung der Universität Pardubice. Es sind eine Verstetigung der Ergebnisse durch Publikationen und die Breitenwirkung durch ein internationales Kolloquium geplant. Eine 3D-Darstellung der Malerei und des Kreuzganges dient der besucherfreundlichen Vermittlung.

Arbeitsschritte

Arbeitsschritte:
- Katalogisierung bisher nicht erfasster historischer Dokumente.
- Erfassung des aktuellen Zustandes der Wandmalereien, des Umfangs und Charakters der Schäden, Auswertung des Einflusses der Außenfaktoren, insbesondere Luftschad-stoffe anthropogener Herkunft.
- Klima- und Umwelt-Monitoring und Bewertung der aktuellen Bedingungen, denen die Wandmalereien ausgesetzt sind (Untersuchung der Arten von Schäden, ihrer Ursachen und Quellen), Bewertung vergangener Umwelteinflüsse anhand von Archivmaterial und In-situ-Nachweisen sowie Bewertung der möglichen Auswirkungen des globalen Klimawandels und der Auswirkungen von Schadstoffen aus der Stadt auf die Wandmalereien.
- Unterscheidung der ursprünglichen Wandmalereien von den nachfolgenden Übermalungen – qualifizierte und flächenbezogene Abschätzung inwieweit die heutigen Wandmalereien authentisch sind und in welchem Ausmaß die früheren Übermalungen bei der letzten Restaurierung belassen wurden.
- Differenzierung und genaue Beschreibung früherer Restaurierungsmaßnahmen auf einzelnen Malereien (kann bei einzelnen Feldern unterschiedlich sein), einschließlich der Bestimmung der Anzahl von früheren Maßnahmen und ihre Bewertung in Bezug auf die zukünftige Erhaltung der Wandmalereien.
- Kombination von verschiedenen, nicht invasiven Untersuchungsmethoden (spektrale Bildgebung mittels dem sog. Rainbow-System und mobiler Röntgenfluoreszenzanalyse, Ramanspektroskopie und Infrarotspektroskopie) zur Optimierung der Untersuchungsergebnisse und deren Aussagekraft vor Ort und der damit einhergehenden Minimierung von Probenentnahmen am Objekt.
- Zusammenschauende Bewertung aller anthropogenen Einflüssen in Bezug auf die optischen und materiellen Veränderungen der Wandmalereien dazu gehören:
• Historische Übermalungen
• Luftschadstoffe (historisch und aktuell)
• Kriegseinflüsse
• Neugestaltung durch die Beuroner Schule Anfang des 20. Jh.
• Restaurierungen der 1960er Jahre
• Veränderungen seit der letzten Restaurierung
- Implementierung der ABC-Methode für die Wandmalereien in ihrem architektonischen Kontext des Kreuzgangs des Emmaus-Klosters, einem Kulturdenkmal, das sowohl ein historisches als auch ein täglich genutztes Gebäude ist. Auf diese Weise wird die vom UPFR-Team vorgenommene Bewertung der kulturellen Werte (im Dialog mit den Verwaltern des Klosters, Kunsthistorikern, lokalen und staatlichen Beamten, Restauratoren usw.) zusammen mit der anthropogenen und ökologischen Bewertung des Kölner Teams ausgewertet, um einen risk management plan als eine der Grundlagen für die Erstellung des folgenden Konzepts für die präventive Konservierung, Sicherung und Erhaltung. Dieses Konzept bildet die notwendige Grundlage für die Herausgabe der verbindlichen Stellungnahme seitens der zuständigen Denkmalpflegebehörden und ist die rechtliche Voraussetzung für die folgende Konservierung und Restaurierung sowie alle weiteren Maßnahmen.
- Organisation eines Kolloquiums, das sich mit den Problemen der Konservierung und Restaurierung, Erhaltung sowie Präsentation und Pflege des Wandmalereizyklus als Hauptthema auseinandersetzen wird. Die Ergebnisse und Beschlüsse des Kolloquiums werden in das Konzept für die präventive Konservierung sowie die Konservierung und Restaurierung eingearbeitet.
- Veröffentlichungen sollen bereits während des Projektes begleitend in internationalen Fachzeitschriften erscheinen. Es wird von 1-3 Artikeln ausgegangen. Zum Abschluss des Projekts soll ein Buch erscheinen, in dem das Kolloquium als auch die am Ende des Projekts stehenden Ergebnisse dokumentiert werden soll. Die Publikation soll in englischer Sprache erscheinen, um einen möglichst breiten und internationalen Wirkungskreis zu erzielen.

Für die Untersuchung und Zustandserfassung der Wandmalereien werden nichtinvasive sowie mikroinvasive Methoden verwendet. Bei den nichtinvasiven Methoden handelt es sich hauptsächlich um die Erfassung und fotografische Dokumentation von Wandmalereien in verschiedenen, spezifischen Strahlungsbereichen (gestreutes Tageslicht, Streiflicht, UV- und IR-Strahlung, …) und um Materialuntersuchung durch mobile Röntgenfluoreszenzanalyse oder Ramanspektroskopie. Invasive Untersuchungsmethoden umfassen Probeentnahme und ggf. Sondierung an vorher festgelegten Stellen. Die Auswahl dieser Stellen wird auf den Ergebnissen der nichtinvasiven Methoden basieren und somit auf ein Minimum beschränkt werden können. Aufgrund des Umfangs, der Komplexität und der Einzigartigkeit der Wandmalereien ist es somit möglich, die Anwendung von invasiven Methoden zu minimieren aber gleichzeitig die genauesten Ergebnisse zu erzielen. Eine flächige Übertragung der invasiven und punktuellen Ergebnisse in die Fläche ist durch die bildgebenden Verfahren im Vorfeld der Beprobung möglich.

Übersicht

Fördersumme

376.036,00 €

Förderzeitraum

01.01.2023 - 31.12.2025

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter