Projekt 37555/01

Rückgewinnung von Silber als Schlüssel für ein wirtschaftliches Recycling von kristallinen Silizium-Solarmodulen

Projektträger

JPM Silicon GmbH
Wilhelmsgarten 3
38100 Braunschweig
Telefon: +49 531 22 43 49 87

Zielsetzung

Die Photovoltaik (PV) ist eine zentrale Säule des erneuerbaren Strom-Mix. Aktuell fallen in Deutschland ca. 7.855 Tonnen ausgediente Solarmodule an. Mit einer angenommenen Lebensdauer von 30 Jahren steigt die Zahl der zu recyclenden Solarmodule bis zum Jahr 2030 auf mehr als 1 Mio. Tonnen. Weltweit fallen bis zum Jahr 2050 zwischen 50-70 Mio. Tonnen Solarmodule für das Recycling an.

Bis heute ist das wirtschaftliche Recycling von Solarmodulen in Deutschland und Europa nur auf Basis einer durch die Hersteller und Importeure von Solarmodulen gezahlten Umlage möglich. Bisher wurden lediglich die gut erreichbaren Komponenten wie der Aluminiumrahmen, die Anschlussdose mit Kabeln und ein Teil des Deckglases recycelt. Ein Recycling ist nur aufgrund der von Herstellern gebildeten Rücklage möglich. Eine rein wirtschaftliche Lösung zum Recycling von Solarmodulen existiert bisher nicht. Insbesondere das energie- und ressourcenintensiv hergestellte Silizium und das Edelmetall Silber der Solarzellen werden nicht zurückgewonnen. Ziel des Vorhabens ist, die Entwicklung von Technologien zum werthaltigen und wirtschaftlichen Recycling von Solarmodulen. Der Schwerpunkt liegt auf einer möglichst sortenreinen Rückgewinnung aller Rohstoffe, sodass die Qualität der bisherigen Glasfraktion deutlich gesteigert werden kann und zudem das Silizium und Silber der Solarzellen zurückgewonnen wird.

Das recycelte, metallurgische Silizium wird u.a. als Rohstoff zur Herstellung von Aluminium und seinen Legierungen verwendet. Silber kann in Scheideanstalten weiter aufbereitet werden. Im Gegensatz zum Stand der Technik können dadurch alle Bestandteile des Solarmoduls wirtschaftlich verwertet werden.

Das Recycling der genannten Rohstoffe spart dabei ca. 80 % der elektrischen Energie verglichen mit ihrer Primärproduktion. Dies ist je nach Produktionsstandort äquivalent zu den energieseitigen CO2-Emissionen. Das beantragte Vorhaben kann dazu beitragen, den Rohstoffkreislauf in der Solarindustrie zu schließen und die Photovoltaik zu einer ganzheitlich nachhaltigen Energieform zu machen. Solarmodule werden zur Rohstoffquelle.

Arbeitsschritte

Bisherige Recyclingverfahren konzentrierten sich vor allem auf die Rückgewinnung des Glases, das den größten Gewichtsanteil eines Solarmoduls ausmacht, oder auf Silizium als Funktionsmaterial des Solarmoduls. Mit den heute genutzten Verfahren, dem Zerkleinern und Sortieren der Solarmodule, können die Rohstoffe nicht in der gewünschten Qualität recycelt werden. Ein wirtschaftliches Recycling ist nur dann möglich, wenn Rohstoffe möglichst sortenrein und gleichzeitig ein signifikanter Anteil des Silbers zurückgewonnen werden können. Der innovative Lösungsansatz zielt daher nach Demontage von Rahmen und Anschlussdose auf eine energieeffiziente Trennung der Solarmodule in Glas und Laminat mit Solarzellen, so dass von der Oberfläche der Solarzellen anschließend das Silber zurückgewonnen werden kann.

Das Projekt steht unter der Leitung der JPM Silicon GmbH (KMU) und wird gemeinsam mit dem langjährigen Partnerunternehmen, der Rovak GmbH (KMU), und dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik (IWF) der TU Braunschweig durchgeführt.

Für die Versuchsreihen wurden Proben aus fünf unterschiedlichen Solarmodulen mit einer Größe von 156 mm x 156 mm durch Wasserstrahlschneiden aus den Solarmodulen herausgetrennt. Die Modulfragmente wurden zunächst delaminiert (Rovak GmbH), das Silber abgetragen (IWF) und anschließend das Silizium zurückgewonnen (JPM Silicon).

Während die Vermarktung von Glas, Kupfer und Plastik den konventionellen Stoffströmen folgt, zielt das Vorhaben mit der Verwertung von Silber und Silizium auf zwei bisher nicht betrachtete Rohstoffe ab. Die erhaltenen Silizium-Pellets können als vollwertiger Silizium-Rohstoff beispielsweise in der Aluminiumindustrie eingesetzt werden, das Silber kann als Edelmetall an Scheideanstalten veräußert werden und von dort zurück in die industriellen Anwendungen gelangen. Durch den niedrigen CO2-Fußabdruck kann das recycelte Silizium als nachhaltiger Rohstoff zu Marktpreisen an die Kunden verkauft werden.

Ergebnisse

Ausgehend von den ersten Testversuchen konnte in einer Reihe von weiterführenden Laborversuchen eine für das Recycling von Solarmodulen technisch machbare und wirtschaftlich tragfähige Lösung entwickelt werden.

Es bleibt festzuhalten, dass der Primäreffekt zur Delamination durch Erwärmung hervorgerufen wird. Damit ist das Ziel eines entsprechenden Verfahrens eine möglichst effiziente Erwärmung der EVA-Folie. Abweichend vom Stand der Technik, Wissenschaft und Forschung, konnte die Delamination durch UV-Strahlung und Mikrowellenstrahlung ohne Nutzung der Pyrolyse nicht bestätigt werden. Allerdings konnte mit geeigneter IR-Strahlung der gewünschte Effekt reproduzierbar und energieeffizient erzielt werden.

Der innovative Lösungsansatz besteht damit aus den folgenden Teilaspekten:

1. Die Delamination der Modulvorderseite durch IR-Strahlung für den Zugang zu einer möglichst intakten Zelloberfläche
2. Der mechanische Abtrag der auf die Zelloberfläche gedruckten Silberkontakte zur Rückgewinnung eines silberhaltigen Staubs
3. Die anschließende mechanische Aufbereitung des verbleibenden Laminats aus Zellen, EVA-Folie und Rückseite des Moduls durch Zerkleinern und Sortieren zum Erhalt eines metallurgischen Siliziumpulvers und die Aufbereitung zu Silizium-Pellets

Für den anschließenden Abtrag der Silberleiterbahnen sind abtragende Verfahren grundsätzlich geeignet, jedoch ist hier ein Kompromiss aus Präzision und Durchsatz zu erzielen. Als Faustformel gilt, dass je genauer der Abtrag, desto langsamer der Prozess. Hier können verschiedene Verfahren weiterverfolgt werden.

Die generelle Machbarkeit des Abtragens durch Schleifen wurde gezeigt. Eine hohe Menge an Silberstaub konnte entgegen ursprünglichen Annahmen jedoch nicht erzeugt werden. Weil das Abschleifen der Leiterbahnen im Hinblick eines serientauglichen Leiterbahnabtrages daher nicht zielführend erscheint, werden weitere Prozesse außerhalb des Schleifens erprobt.

Hinsichtlich der höherwertigen Verwertung der Rohstoffe ergibt sich weiterer Entwicklungs- und Forschungsbedarf. Dies betrifft die weitere Anreicherung des Silbers im abgetragenen silberhaltigen Staub für eine Senkung der Scheidekosten, eine Erhöhung der Glasqualität für die Rückführung in die Herstellung von Flachglas sowie bspw. Solarglas und die Aufreinigung der Silizium-Fraktion zum Absatz nicht nur in die Aluminiumindustrie und Metallurgie, sondern auch in der Chemie und damit als Rohstoff für Solarsilizium.

Öffentlichkeitsarbeit

Im Rahmen des Projekts wurden drei studentische Arbeiten betreut und die Ergebnisse entsprechend in wissenschaftlichen Veröffentlichungen verwendet. Hierzu zählen ein Posterbeitrag auf der 8. World Conference on Photovoltaic Energy Conversion (WCPEC) sowie ein Paper im Rahmen der 30. CIRP Conference on Life Cycle Engineering.

Mit der Ausgründung der SOLAR MATERIALS GmbH sind die Ergebnisse zudem in allgemein zugänglicher Form in verschiedenen Magazinen veröffentlicht worden, z.B. im PV Magazine.

Solar Materials will Rohstoffkreislauf von Photovoltaik-Modulen schließenECO22 Berlin: Fridolin Franke pitches Solar Materials

Fazit

Ausgehend von umfangreichen Untersuchungen verschiedener Delaminations- als auch Abtragsverfahren konnte ein für das Recycling von kristallinen Silizium-Solarmodulen zunächst technisch machbares Verfahren entwickelt werden. Die erzielten Ergebnisse wurden nachfolgend von Zellgröße (ca. 150 x 150 mm) auf Modulgröße (ca. 1,60 x 1,80 m) übertragen. Im Ergebnis konnten sowohl die technische Machbarkeit als auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit dargestellt werden. 

Wissenschaftlich bleibt festzuhalten, dass die Delamination, d.h. das Lösen der Haftkräfte, zunächst zwischen Deckglas und Solarzellen aus einer Erwärmung der EVA-Schicht folgt. Für die Wirtschaftlichkeit ist dabei eine Temperaturführung deutlich unter dem Zersetzungspunkt der EVA-Folie und somit zur Vermeidung einer Pyrolyse und nachfolgender Abgasreinigung ein entscheidenes Kriterium. In Laborversuchen konnte ein ausreichender Delaminationseffekt unter Einsatz von UV- oder Mikrowellen-Strahlung nicht ohne Pyrolyse-Erscheinungen durchgeführt werden. Zugleich war keine Reproduzierbarkeit der Versuchsergebnisse möglich.  

Der letztlich gewählte Lösungsansatz besteht aus:
 
1. Der Delamination der Modulvorderseite durch IR-Strahlung für den Zugang zu einer möglichst intakten Zelloberfläche.
2. Dem mechanischen Abtrag der auf die Zelloberfläche gedruckten Silberkontakte zur Rückgewinnung eines silberhaltigen Staubs zur Weitergabe an Scheideanstalten.
3. Der anschließenden mechanischen Aufbereitung des verbleibenden Laminats aus Zellen, EVA-Folie und Rückseite des Moduls durch Zerkleinern und Sortieren zum Erhalt eines metallurgischen Siliziumpulvers und die Aufbereitung zu Silizium-Pellets.

Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens wird wie erwartet durch den Abtrag und damit die Verwertung des Silbers erreicht. Auch wenn hier eine Vielzahl von Verfahren grundsätzlich technisch möglich ist, können hinreichende Ergebnisse nur durch großflächige Abtragsverfahren erzielt werden. Die dabei erhaltenen Silberstäube können bei einem Silbergehalt von > 3% anschließend in Scheideanstalten aufbereitet werden.

Auch wenn sich bereits mit der Rückgewinnung von Glas, Aluminium und Silber als Rohstoff, sowie einem Silizium-haltigen Reststoffstrom ein wirtschaftlich tragfähiges Verfahren ergibt, besteht weiterer Forschung- und Entwicklungsbedarf der Rohstoffqualitäten. Dies sind zum einen die weitere Steigerung der Glasqualität von Behälter auf Flachglas und später Solarglas und die Erhöhung des Silbergehalts zu Senkung der Scheidekosten. Silizium, das im Vorhaben als Rohstoff für die Aluminiumindustrie aufbereitet werden kann, soll in der Qualität weiter gesteigert und somit für chemische Produkte und als Rohstoff für Solarsilizium Verwendung finden können. Damit wird die Solarindustrie gänzlich zur Kreislaufwirtschaft.

SOLAR MATERIALS GmbH

Übersicht

Fördersumme

124.473,00 €

Förderzeitraum

23.08.2021 - 23.11.2022

Internet

www.jpmtechnologies.de

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik