Projekt 37325/01

Schwerpunkträume zum Artenschutz in der Windenergieplanung, Methodische Ansätze zur Betrachtung von Schwerpunktvorkommen bei der planerischen Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung

Projektträger

Technische Universität Berlin Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung Fachgebiet Umweltprüfugen Sekr. EB 5
Str. des 17. Juni 145
10623 Berlin
Telefon: +49 030 314-77548

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Bundesregierung hat sich sowohl dem Klimaschutz als auch dem Schutz der Biodiversität verpflichtet. Arten- und Klimaschutz schließen sich nicht aus. Dennoch führt bei der Planung der Windenergienutzung die zwingend notwendige Beachtung des Artenschutzes immer wieder zu Interessenskonflikten.
Das Projekt dient einer Verbesserung der Beachtung von Artenschutzbelangen beim Ausbau der Windenergienutzung im Bereich der Flächenausweisung. Die geplanten Konzepte sollen die Umsetzung von Zielen des Artenschutzes im regionalen Kontext fördern und gleichzeitig die Erstellung von Regio-nalplänen erleichtern und damit beschleunigen. Gleichzeitig stellen die Konzepte einen Beitrag zur naturschutzverträglichen Nutzung der Windenergie dar.
Die Flächenbereitstellung ist eine der größten Herausforderungen für den weiteren Ausbau der Windenergie. Die Bereitstellung muss aufgrund der langen Planungszeiten langfristig gedacht werden. Derzeit erfolgt der Artenschutz auf Planungsebene in der Regel durch die Berücksichtigung von Schutzabständen oder durch Ausweisung von Schwerpunkträumen; beide Ansätze sind jedoch auch problembehaftet. Da die Ausweisung von Schwerpunkträumen bzw. Dichtezentren in Politik und Praxis als ein praktikabler Ansatz gesehen und in seiner konkreten Ausgestaltung auch bereits viel diskutiert wird, soll sich dieses Vorhaben mit dieser Vorgehensweise näher auseinandersetzen. Inwiefern ist eine flächenhafte Behandlung des Artenschutzes im Rahmen der Konzentrationszonenplanung für die Windenergienutzung unter Unsicherheiten möglich?
Zentrale Ziele des Vorhabens sind,
a) methodische Vorgehensweisen der Ausweisung von Schwerpunkträumen zum Schutz windenergiesensibler Arten auf der Ebene der Flächenausweisung aufzuzeigen und zu diskutieren,
b) wo möglich, einen Beitrag zur Verbesserung der Rechtssicherheit von deren Anwendung zu leisten sowie
c) die Implikationen dieses Ansatzes für das Erreichen unserer Klima- und Artenschutzziele zu beleuchten.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Vorhaben hat die unterschiedlichen methodischen Ansätze zur Ausweisung von Dichtezentren/ Schwerpunkträumen analysiert und sodann verglichen sowie für die Flächenausweisung handhabbare wissenschaftliche Vorgehensweisen, die gleichzeitig eine rechtssichere Umsetzung ermöglichen, aufgezeigt. Es wurde eine Methode zur Abgrenzung von Schwerpunkträumen/Dichtezentren für windenergiesensible Arten mit Hilfe einer Habiatmodellierung entwickelt. Da sich die meisten Konflikte mit dem Rotmilan (Milvus milvus) ergeben, stand diese Art im Vordergrund der Untersuchungen. Darüber hinaus wurden auch die drei Adlerarten, Seeadler (Haliaeetus albicilla), Schreiadler (Clanga pomarina) und Fischadler (Pandion haliaetus) sowie Schwarzmilan (Milvus migrans) und Wanderfalke (Falco peregrinus) in die Betrachtung mit einbezogen. Ein aktuelles Hemmnis, ist die z. T. begrenzte Datenlage für die Ausweisung von Schwerpunkträumen/Dichtezentren. Auch mit dieser Thematik (Datenverfügbarkeit und -qualität/-güte) hat sich das Projekt auseinandergesetzt und der methodische Ansatz über die Habitatmodellierung wurde daraufhin getestet und optimiert.
Ebenso wurden mit der Ausweisung von Dichtezentren/Schwerpunkträumen verbundene juristische Fragen bearbeitet. So wurde beleuchtet, inwieweit eine Planung mit Schwerpunkträumen mit den neuen rechtlichen Voraussetzungen für die Planung und Genehmigung von Windenergieprojekten kompatibel ist.
Anhand der Ergebnisse der o. g. Untersuchungen und Betrachtungen wurden die Implikationen der Planung mit Schwerpunkträumen für zwei Bundesländer analysiert, dazu Szenarien erstellt und diese unterstützt durch multikriterielle Analysen verglichen und diskutiert.



Ergebnisse und Diskussion

Ziel dieses Projekts war es, aktuelle Ansätze für die Identifizierung von Schwerpunkträumen auszuwerten und einen methodischen Ansatz für den Schutz windenergiesensibler Vogelarten wie Rot- und Schwarzmilan, Schreiadler, Seeadler und Wanderfalke zu entwickeln und zu untersuchen, wie sich zusätzliche Flächen zum Schutz dieser Arten sowie andere Kriterien der Raumplanung auf die Verfügbarkeit von Flächen für WEA auswirken. In diesem Rahmen wurde eine multikriterielle Szenarienanalyse erstellt, um die Abwägung von Kompromissen und trade-offs in der regionalen Planung zu unterstützen.
Die entwickelte Methode zur Abgrenzung von Schwerpunkträumen/Dichtezentren für windenergiesensible Arten mit Hilfe einer Habiatmodellierung wurde für zwei Bundesländer in Deutschland getestet. Dieses methodische Vorgehen eignet sich insbesondere für Arten, deren Verbreitung eine hohe Habitatabhän-gigkeit hat. Zur Identifikation der Habitatvariablen wurde auf Daten des europäischen Copernicus Erdbeobachtungsprogramms zurückgegriffen. Für sämtliche Berechnungen zeigen sich, auch bei einer redu-zierten Datenlage, ausreichende bis sehr gute Modellergebnisse.
Als Bezugsraum für die fachliche Abgrenzung von Schwerpunkträumen wird die Ebene der Bundesländer als geeignet angesehen. Das erscheint ein geeigneter Kompromiss, um überregionale Unterschiede darzustellen und gleichzeitig zu vermeiden, dass lokale, jedoch überregional unbedeutsame Vorkommen ausgewiesen werden.
Um zu ermitteln, ob auch bei der Ausweisung von Schwerpunkträumen noch genügend Fläche zur Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels verfügbar ist, wurde an zwei Beispielen eine multikriterielle Szenarienanalyse durchgeführt. Im Vergleich mit anderen planerischen Belangen zeigen die in dem Projekt abgegrenzten Schwerpunkträume einen geringen Einfluss auf die Flächenkonkurrenz. Andererseits müssen, je nach den Gegebenheiten in den Plangebieten ggf. andere bisher planerisch freigehaltene Gebiete der Windenergienutzung zumindest in Teilen geöffnet werden, um die Flächenziele zu erreichen. Die multikriterielle Szenarienanalyse kann als Entscheidungshilfe dienen und unterstützt die transparente Darstellung von Flächenkonkurrenzen.
Rechtlich sind Schwerpunkträume/Dichtezentren nicht normiert. Sie können jedoch eine Erleichterung bei der artenschutzrechtlichen Prüfung auf der Planungsebene bedeuten und zum Identifizieren von für die Windenergienutzung besonders geeigneten Flächen beitragen. Es ist davon auszugehen, dass Schwerpunkträume einen Beitrag bei der gemäß Novelle der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie auszuweisenden Beschleunigungsgebiete spielen. Demnach sollen auf Grundlage von Sensibilitätskarten identifizierte Gebiete von der Ausweisung ausgenommen und Gebiete ermittelt werden, in denen keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vorträge zum Projekt
Im Rahmen des Vorhabens wurden die Ergebnisse auf einer Abschlussveranstaltung im März 2023 in Berlin präsentiert. Die Dokumentation der Veranstaltung und der dortigen Vorträge findet sich auf einer Webseite der Fachagentur Windenergie an Land: https://www.fachagentur-windenergie.de/services/veranstaltungen/archiv-abschlussveranstaltung-im-projekt-schwerpunktraeume-21-03-2023/
Weiterhin wurden Zwischen- und Endergebnisse des Vorhabens auf diversen Konferenzen und Veranstal-tungen vorgestellt. Die folgende Liste führt die Präsentationen chronologisch auf:
- HusumWind mit einem Poster am Stand der FA Wind, 14.-17.09.2021
- Mitgliederversammlung der FA Wind am 30.09.2021
- Workshop der Facharbeitsgruppe Regionalplanung & Energiewende des LEE Mecklenburg-
Vorpommern am 7.12.2021
- Conference on Wind Energy and Wildlife 2022: https://cww2022.org/
- Österreichischer Klimatag 2023: https://ccca.ac.at/dialogformate/oesterreichischer-klimatag/klimatag-2023
- Energiecluster der BOKU Wien: https://boku.ac.at/boku-energiecluster/veranstaltungen?no_cache=1#c555499
- Mitgliederversammlung der FA Wind am 27.06.2023
- Conference on Wind Energy and Wildlife 2023 am 19.09.2023: https://cww2023.org/
- Unterarbeitsgruppe Probabilistik der Umweltministerkonferenz (UMK, UAG 2) am 27.09.2023

Veröffentlichungen
Das Vorhaben hat eine Kurz-Information für Interessierte digital veröffentlicht. Diese ist auf der Website der Fachagentur Windenergie an Land verfügbar: https://www.fachagentur-windenergie.de/fileadmin/files/Veroeffentlichungen/Natur-_und_Artenschutz/FA_Wind_Kompaktwissen_Schwerpunktraeume_3-2023.pdf
Ein Beitrag im Universitätsmagazin der Universität für Bodenkultur Wien fasst das Vorhaben und die Er-gebnisse ebenfalls kurz zusammen und ist hier verfügbar: https://www.yumpu.com/de/document/read/67690016/boku-magazin-1-2023
Der Abschlussbericht zum Vorhaben ist auf der Webseite der Fachagentur Windenergie an Land verfüg-bar: https://fachagentur-windenergie.de/fileadmin/files/Veroeffentlichungen/Natur-_und_Artenschutz/FA_Wind_bericht_schwerpunktraeume_09-2023.pdf
Eine wissenschaftliche Publikation von Projektergebnissen in Kooperation mit Jessica Weber (DBU-Stipendiatin) wurden im internationalen Journal Energy, Sustainability and Society eingereicht und ist on-line verfügbar unter: https://doi.org/10.1186/s13705-023-00402-7



Fazit

Die folgenden Schlussfolgerungen fassen die Ergebnisse des Projekts noch einmal kompakt zusammen und werden im Abschlussbericht ausführlich erläutert:
- Schwerpunkträume können einen fachlich gut realisierbaren Beitrag zur Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Belange auf der Ebene der Flächenausweisung bieten.
- Die exakte Ausgestaltung der Schwerpunkträume sollte vor dem Hintergrund der Klima- und Energieziele mit anderen Interessen transparent abgewogen werden.
- Das Identifizieren von Schwerpunkträumen über den Ansatz der Habitatmodellierung bietet für viele Arten vielfältige Vorteile.
- Das Instrument der Schwerpunkträume ist besonders geeignet für die Berücksichtigung von Arten die über ein hohes Konfliktpotenzial für den weiteren Ausbau der Windenergie verfügen und dieses Problem gleichzeitig mit bisherigen Instrumenten auf den Ebenen der Regional und/oder Genehmigungsplanung nur unzureichend gelöst werden konnte.
- Schwerpunkträume sollten auf der Ebene der Bundesländer bzw. Regionen ausgewiesen werden.
- Schwerpunkträume und die multikriteriellen Szenarienanalyse können auf der Landesebene regionale Konflikte identifizieren und die Verteilung des Windenergieausbaus optimieren.
- Schwerpunkträume können einen Einfluss auf die artenschutzrechtliche Beurteilung von Vorhaben haben.

Übersicht

Fördersumme

198.844,00 €

Förderzeitraum

01.10.2021 - 31.03.2023

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz