Projekt 35685/01

eva – Entwicklung von regionalen Agroforstsystemen in der Landwirtschaft für eine klimaresiliente und ökonomisch attraktive Grünlandnutzung

Projektträger

Hochschule Trier Umwelt-Campus Birkenfeld Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS)
Campusallee 9926
55768 Hoppstädten-Weiersbach
Telefon: +49 6782-17-2636

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Immer häufigere Mindererträge oder Missernten durch Hitzeperioden, ausbleibenden Regen oder Starkregenereignisse sind eine zunehmende wirtschaftliche Belastung für die landwirtschaftlichen Betriebe. Die Landwirte in den Mittelgebirgen sind aufgrund der Topographie besonders betroffen. Wasser fließt teils schneller ab, als es der Boden aufnehmen kann. Die nutzbaren Bodenwasserkapazitäten sind aufgrund der geringen Mächtigkeit der Bodenauflage nicht sehr hoch. Insbesondere sonnenexponierte Südhänge sind durch Dürre gefährdet. Hinzu kommt, dass aufgrund der Topographie und des Erosionsrisikos Grünland als Landnutzungsform dominiert, dies aber im Vergleich zu einer Ackernutzung deutlich weniger Wertschöpfungsmöglichkeiten bietet. Durch die Integration von Bäumen/Gehölzen zur Nuss-/Obst-/Biomasse- bzw. Futterlaubproduktion in die landwirtschaftliche Bewirtschaftung lässt sich diesen Problemen entgegenwirken: Agroforstsysteme können die Wertschöpfung auf sehr artenreichem Grünland erhöhen, sodass sich die Bewirtschaftung (Pflege) auch zukünftig lohnt und die Flächen nicht brachfallen und verbuschen. Des Weiteren können Agroforstsysteme ein verbessertes Mikroklima schaffen und Stressoren wie extreme Hitze dämpfen. Darüber hinaus erhöhen sie die ober- und unterirdische Biodiversität, schaffen neue biogene Kohlenstoffkreisläufe und steigern sukzessive den Bodenkohlenstoffgehalt. Seit rund 15 Jahren nehmen die Wasserextremereignisse (Starkregen & Dürre) in den Mittelgebirgsregionen zu. Agroforstsysteme können den oberflächlichen Wasserabfluss und die Erosion reduzieren und damit die Schadwirkung dieser Extreme reduzieren. In der Praxis stößt man, je nach örtlichen und individuellen Gegebenheiten, mit der Umstellung auf Agroforstsysteme auf ökonomische, arbeitswirtschaftliche, ökologische und rechtliche Fragestellungen. Um diese Fragen in der Realität eines landwirtschaftlichen Betriebes beantworten zu können, wurden gezielt Praxiserfahrungen gesammelt und eine wissenschaftliche Auswertung bzw. Grundlagenerhebung aufgebaut.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenKonzeptentwicklung und Umsetzung:
- Erörterungstermin mit Schlüsselakteuren
- Standortanalyse (Vor-Ort und mit GIS)
- Vor-Ort-Termine mit Teich- und Wasserbauer
- Abflussmodellierung durch Wasserbauer
- Konsultationen von Behörden und anderen Landwirten
- geologisches Gutachten über Beschaffenheit des Bodens und Standsicherheit des geplanten Teiches

Umsetzung holistisches Weidemanagement
- durch den Landwirt im Rahmen der betrieblichen Arbeit

Untersuchung holistisches Weidemanagement
- 2022 an drei verschiedenen Parzellen
- Probeschnitte vor und nach der Beweidung zur Ermittlung von Ertrag und Qualität des Aufwuchses
- je 7 x 0,5 m² mittels Akkuschere
- Ertrag: Trockenmasse und Bestandshöhe
- Qualität: Rohprotein, Rohfaser, Rohfett, Rohasche und metabolisierbare Energie mittels NIRS- Spektroskopie der Mischprobe

Untersuchung Vegetation
- eine Frühjahrs- und eine Sommeraufnahme (jeweils 2021 & 2022)
- fünf Standorte (5 x 5 m²): zwei im Nussagroforst und drei in den Randbereichen
- Braun-Blanquet Methode mit Erweiterung nach Willmanns (1989)
- zusätzlich zur Abundanz wurde die Vitalität (geschwächt, kümmerlich, sichtbare Schäden, normal, kräftig) fünfstufig erfasst.

Untersuchung Avifauna
- im Mai bis Juli drei Audioaufnahmen (jeweils 2021 & 2022)
- drei Standorte: eine im Nussagroforstsystem und zwei in den Randbereichen
- Auswertung der Aufnahmen 2021 mit dem Programm „Audacity“ (Erstellung/Zuschnitt von Detektionen) und der Webanwendung „BirdNET Sound ID“ (Artzuordnung)

Untersuchung organischer Kohlenstoffvorrat
- Faktor 1: Abstand zur Baumreihe (0 m und ±6 m)
- Faktor 2: Bodentiefe (5 - 10 cm und 30 - 35 cm)
- Winter 2021/2022
- Bodenprobennahme mit 43 cm langem Probennehmer (4,8 mm Innendurchmesser)
- Bestimmung von Trockenmasse, Lagerungsdichte, Skelettgehalt, Kohlenstoffgehalt


Ergebnisse und Diskussion


Konzeptentwicklung und Umsetzung:
Ein Keyline-Konzept wurde auf dem Standort entwickelt und umgesetzt. Die Nussbäume wurden als Schalenobst anerkannt. Die Anlage von Agroforstsystemen ist aufgrund des geänderten Rechtsrahmens in 2023 einfacher geworden. Die Integration von Wassermanagementstrategien in die landwirtschaftliche Produktion ist nur teilweise möglich und darüber hinaus aufgrund der aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen von einem Prozess des Abwägens (mit den zuständigen Genehmigungsbehörden) der standortspezifischen Zielkonflikte geprägt. Darüber hinaus ist die fachliche Planung und Umsetzung je nach Maßnahmenziel und Standort sehr anspruchsvoll.

Umsetzung holistisches Weidemanagement
Die höheren Bestände werden nach Einschätzung des Landwirts gut von den Tieren angenommen und die Trampeleffekte lassen sich in den hohen Beständen optisch gut erkennen. Das Ziel einer sehr kurzen Weidedauer war für den Betrieb und dessen Arbeitskraftausstattung zu starr. Die Umstellung des Weidemanagements ist für einen Mutterkuhhalter deutlich aufwändiger als für einen Milchviehbetrieb mit Weidehaltung. Denn Milchviehhalter müssen i.d.R. unabhängig vom Weidesystem die Tiere zum Melken täglich von der Weide treiben, wohingegen bei Mutterkuhhaltern bei einer Umtriebsweide für die Weidedauer einer Parzelle nur die tägliche Tierkontrolle, aber kein Treiben anfällt. Deshalb steigt für den Mutterkuhhalter der Arbeitseinsatz gegenüber dem Milchviehhalter erheblich an.

Untersuchung holistisches Weidemanagement
Detaillierte regelmäßige Untersuchungen in einer engen Zeitspanne auf einem Partnerbetrieb umzusetzen ist eine logistische und arbeitstechnische Herausforderung. So konnten z.T. nur lückenhaft Daten gewonnen werden, diese lassen sich zwar einordnen aber ein Vergleich der Auswirkung des Weidesystems auf den Ertrag verschiedener Standorte ist nicht möglich.

Untersuchung Vegetation
Die Vegetation unterhalb des Nussagroforstsystems lässt sich als Glatthaferwiese mittlerer Standorte (Arrhenatheretum eliotioris) und in Teilen auch als magere, trockene Glatthaferwiese (Arrhenatheretum brometosum) charakterisieren. In zwei der drei Randbereiche dominiert die magere Variante der Wiesengesellschaft. Der dritte Randbereich zeigt sogar einen Trespen-Halbtrockenrasen (Mesobromion erecti). Die vielfältigen Standortverhältnisse sorgen für eine beachtliche Vielfalt an Vegetationsgesellschaften, die sehr artenreich sind und mit vielen seltenen und z.T. geschützten Arten wie z.B. dem Purpur-Knabenkraut oder der Bocksriemenzunge aufwarten. Aufbauend auf diesen Vegetationsuntersuchungen können zukünftig die Auswirkungen der Agroforstsysteme auf die Vegetation untersucht werden.

Untersuchung Avifauna
Von den protokollierten Arten leben drei Arten ausschließlich in offenen Landschaften und neun ausschließlich in Wäldern. Der größte Teil lebt in der Regel in Wäldern und halboffenen Landschaften sowie Wäldern, Parks und Gärten. Neun Arten lassen sich den Gewässern bzw. Feuchtgebieten zuordnen. Elf detektierte Arten sind bezüglich der Wahl ihres Habitats indifferent. Aufbauend auf dieser Datengrundlage können zukünftig die Auswirkungen der Agroforstsysteme auf die Vogelbesiedlung untersucht werden.

Organischer Kohlenstoffgehalt
Der organische Kohlenstoffgehalt ist zwischen humosem Oberboden und Unterboden signifikant unterschiedlich, zwischen den Abständen ± 6 m und 0 m nicht. Der organische Kohlenstoffgehalt des Oberbodens beträgt innerhalb der Baumreihe durchschnittlich 3,5 ± 1,3 % und zwischen den Baumreihen 4,0 ± 0,6 %. Damit ist der Oberboden als stark humos zu bewerten. Der organische Kohlenstoffgehalt des Unterbodens beträgt innerhalb der Baumreihe durchschnittlich 1,4 ± 0,9 % und zwischen den Baumreihen 1,0 ± 0,6 %. Der Unterboden zwischen den Baumreihen ist damit als schwach humos und der Unterboden innerhalb der Baumreihen als mittelhumos zu bewerten. Aufbauend auf dieser Datengrundlage können zukünftig die Auswirkungen der Agroforstsysteme auf den organischen Kohlenstoffgehalt im Boden untersucht werden.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Nachfolgend sind die Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zum Projekt und seinen Wirkungen für den Ressourcen- und Klimaschutz aufgeführt:
• Einrichtung und Betrieb einer Projektwebseite: https://www.keyline-agroforst.de/
• Begleitung der Pflanzaktion mit Drohnenaufnahmen und Interview durch PermaGlück (23.11.2020): https://youtu.be/dnaQuF16MJc
• Beitrag zum Projekt im Länderreport von Dlf Kultur (31.05.2021) https://www.deutschlandfunkkultur.de/nachhaltige-landwirtschaft-rinder-unter-nussbaeumen-100.html
• „Tag der offenen Weide“ am 11.06.2021 auf der Projektfläche
• Aufbau eines Hinweisschildes auf der Fläche
• Vorstellung des Projektes als Beispiel für integrierte Landnutzungskonzepte auf dem DAAD-Symposium “Grüne Wirtschaft, Klima- und Biodiversitätsschutz und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) für einen gesunden Wohlstand” (3. bis 7. Oktober 2021)
• Prämierung der Bannmühle mit dem Siegerplatz in der Kategorie "Gesamtbetriebliche Konzeption" beim “Ideenwettbewerb – Modellbetriebe Bioökonomie in Mittelgebirgen 2021“: https://www.ibm.dvl.org/siegerideen/gesamtbetriebliche-konzeption#c4903
• „2. Tag der offenen Weide“ im Rahmen der Öko-Aktionstage Rheinland-Pfalz (20.08.2022)
• Bericht von Anja Rath in LandInForm 3/2022 (Seite 30-32): https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/fileadmin/Redaktion/Seiten/Service/Publikationen/LandInForm/2022/LandInForm_2022_03.pdf
• Präsentation der Projektfläche im Rahmen der internationalen 3. Agroforst Fach-Exkursion nach Süd-West Deutschland (26.-28. September 2022) mit Teilnehmern aus Belgien und den Niederlanden: https://agroforst-info.de/wp-content/uploads/2022/09/Programm_Herbstexkursion.pdf
• Präsentation der Projektfläche im Rahmen von Exkursion & Workshop "Rechtliche & administrative Rahmenbedingungen für Agroforstwirtschaft" im EU-Horizon-Projekt AGROMIX (9. & 28. Februar 2023) mit Vertretern der Landwirtschaft, der Agrar- und Umweltministerien, der Beratungseinrichtungen und Verwaltung, des Naturschutzes und aus der Forschung in Rheinland-Pfalz und im Saarland: https://www.stoffstrom.org/aktuelles/agroforst-und-die-neue-gap-erste-eindruecke-aus-rheinland-pfalz-und-dem-saarland/
Nach Projektende:
• Präsentation der Projektfläche auf einer Exkursion mit Sebastian Thul (Staatssekretär des MUKMAV Saarland, 21.06.2023) und Katrin Eder (Ministerin des MKUEM RLP, 17.07.2023) im Rahmen des Projektes AGROMIX: https://www.stoffstrom.org/aktuelles/exkursionsgruppe-um-den-staatssekretaer-thul-informiert-sich-zum-thema-agroforst/
https://www.stoffstrom.org/aktuelles/ministerin-katrin-eder-besucht-agroforst-pionierbetriebe/




Fazit

Die Etablierung des Pilotstandortes für eine Agroforstwirtschaft im Keyline-Design mit einem nachhaltigen Weidemanagement ist auf Flächen der Bannmühle erfolgreich umgesetzt worden. Der Anwuchserfolg der Pflanzungen ist sehr hoch. Die Planung und Genehmigung des Teiches oberhalb des Nussgartens konnte in der Projektlaufzeit umgesetzt werden. Anfang August 2023 hat der Betrieb mit dem Bau des Teiches begonnen. Nach dessen Vollendung ist das erarbeitete und geplante Keyline-Design vollständig umgesetzt. Das holistische Weidemanagement wurde von der Bannmühle erstmalig im Jahr 2021 gezielt durchgeführt, musste jedoch im Jahr 2022 an die Personalkapazitäten des Betriebs angepasst werden. Die sukzessiv gesammelten Erfahrungen wurden im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit einer großen Zahl an Personen zugänglich gemacht. Der Betrieb und das aufgebaute Agroforstsystem ist in der Fachwelt nunmehr bekannt und wird mit großem Interesse in der weiteren Etablierung bzw. Entwicklung verfolgt. Der Pilotstandort wird ausgebaut und im Rahmen verschiedener Folgeprojekte weiter beforscht.

Übersicht

Fördersumme

124.247,00 €

Förderzeitraum

26.10.2020 - 30.04.2023

Bundesland

Rheinland-Pfalz

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz