Projekt 35520/01

Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung und solaren Trocknung einer Lehmplatte aus Lehm-Faser-Mischungen

Projektträger

CLAYTEC GmbH & Co. KG
Nettetaler Str. 113 - 117
41751 Viersen
Telefon: 02153 918-10

Zielsetzung

Ziel war die Entwicklung einer neuen solar getrockneten Lehmbauplatte. Eine stillgelegte Gewächshausanlage zur Trocknung von Blumenzwiebeln sollte im Projekt modellhaft umgenutzt werden, um eine neue Lehmmischung allein durch passive Solareinträge zu trocknen. Die Entwicklung der neuen Mischung zielte darauf ab, nur Baulehm aus Erdaushub und Pflanzenfasern (hier. Miscanthus) als Ausgangsstoffe zu verwenden. Technische Zielsetzung des Projektes war die experimentelle Entwicklung einer kompletten Pilotanlage für Versuche im industriellen Maßstab zur Herstellung der Lehmplatte im Strang-Guss-Verfahren für pastöse Lehmmischungen mit formgebenden Prozesslinien. Insgesamt sollte im Projekt eine rationell und energieeffizient hergestellte Lehmplatte mit einer signifikant verbesserten Ökobilanz entstehen.

Arbeitsschritte

Die experimentelle Entwicklung und Erprobung im industriellen Maßstab umfasst vier Aufgabenstellungen:
• Entwicklung einer Rezeptur/Mischung
• Lösungsansätze zu Formgebung und Handhabung im Prozess
• Aufbau einer solaren Trocknung
• Qualitätssicherung durch geeignete Kalibrierungsstrecke.
Daraus ergeben sich einzelne Arbeitsschritte, die im Verlauf der experimentellen Entwicklung und Erprobung immer wieder angepasst bzw. ergänzt werden mussten.
Arbeitsschritt I Rezeptur/Mischung: Laborversuche mit Baulehm und pflanzlichen Zusatzstoffen nach DIN 18948; Mischverfahren für eine homogenen und konsistente Verbindung erdfeuchter mineralischer und pflanzlicher Komponenten.
Arbeitsschritt II Formgebung/Handhabung: Entwicklung und Erprobung geeigneter Formkästen zur Befüllung am Strang; Schneidversuche zum Trennen des Stranges miteinander gekoppelter Formkästen; Handhabung der vereinzelten Formbleche im Prozessablauf.
Arbeitsschritt III Trocknungsprozess: Entwicklung von Trockentunneln; Test der luftdurchlässigen Trockengestelle, Optimierung der Durchströmung; Erprobung einer automatisierten, schadensfreien Logistik zwischen Formgebung und Trocknung und zurück.
Arbeitspaket IV Kalibrierung: Schleifstrecke zum Entgraten und Sicherung der Maßhaltigkeit nach gewünschter Plattendicke.

Ergebnisse

Es entstand eine neue Mischung für Lehmplatten aus Sekundärlehm der beim Kiesabau als Abfall anfällt. Die Miscanthusfasern kommen von einem landwirtschaftlichen Versuchsfeld in der Nachbarschaft des für die Lehmplatte umgenutzten Gewächshauses. Der Produktionsablauf und die passive Solartrocknung konnten soweit erprobt werden, dass die Funktionsfähigkeit nachgewiesen ist. Unterstützt durch Industrieventilatoren und Schwarzfolie erreichen die Platten im Trockentunnel nur durch Sonneneinstrahlung eine ausreichende Durchtrocknung bis auf die kapillare Wasserrückhaltung der Tonmineralien im Lehm.
Erntebedingte Qualitätsschwankungen der Miscanthusfasern lassen sich zum Teil durch Variation des Mischungsverhältnisses ausgleichen. Das verursacht andrerseits die festgestellten Schwankungsbreiten der Rohdichte der Platten. Deshalb folgt nach der Kalibrierung eine automatische Wägung und Sortierung nach Raumgewichten zwischen 900 – 1.100 kg/m³. Leichte Platten eignen sich z.B. für Deckenkonstruktionen, schwere Platten haben besser Brandschutzeigenschaften.
Die Anwendungstests mit ersten solar getrockneten Lehmplatten zeigten, dass sich die Platten mit Standardwerkzeugen und Schrauben im Trockenbau rationell und entsprechend des Leitfadens „Ökologische Trockenbauwände im System“ verarbeiten lassen. Die Anwendungstests dienten der Vorbereitung zur Prüfung nach DIN 18948 und DIN 4103, die erst mit Aufnahme der Serienproduktion durchgeführt werden.
Solarplatten werden zu 94% mit regenerativen Energieträgern produziert. Das schließt die Vorprodukte und die Stromverbräche für die entwickelte Automatisierung der Prozesse bereits mit ein. Der Strombedarf der solaren Lehmplattenproduktion und der Fahrzeuge im Werk wird zu 100% aus Wasserkraft (Flusswasser) bezogen.
Die Treibhausgaspotenziale (GWP 100) der solar getrockneten Lehmplatte sind mit -279 kg CO2 equiv. /m³ Lehmplatte negativ, weil darin eine CO2 - Gutschrift für das im Miscanthus gespeicherte CO2 in Höhe von 286 kg CO2 equiv./ m³ (Masseanteil von 225 kg / m³) enthalten ist. Ohne die CO2 Gutschrift würde sich ein Treibhausgaspotenzial von 6,87 kg CO2 equiv. /m³ Lehmplatten ergeben.
Die Solar-Lehmplatte ist bislang die einzige Trockenbauplatte mit einer negativen CO2 Bilanz. Die Mischung von Sekundärgrubenlehm aus Bodenabfällen der Kiesgewinnung mit einem hohen Masseanteil von Miscanthusfasern ist ursächlich für diesen Treibhausgas-Entlastungseffekt in der Ökobilanz. Alle Lehmplatten werden stofflich verwertet als „Rohstoffquelle“ für neue Lehmprodukte. Deshalb bleibt das im Miscanthusanteil gespeicherte CO2 im Kreislauf und wird nicht bei energetischer Verwertung wieder freigesetzt.

Leitfaden Lehm-Trockenbau im System

Öffentlichkeitsarbeit

Nach Beginn der Serienproduktion werden die neuen Solar-Lehmplatten in die Vertriebsstruktur von Claytec integriert und über den Baustoffhandel in Deutschland und Europa am Markt eingeführt. Zugleich folgen Vorführungen, Schulungen und Anwendungsunterlagen für die Planer und Handwerker im Claytec-Verbund
Die Platten werden auf Messen präsentiert. Assoziierte Teilnehmer erfahren von der Innovation im Clay Blog und im Clay Newsletter.

Social Media

Fazit

Die Umkehrung der Funktion von Gewächshäusern von „Klimakammern“ zu „Wärmelieferanten“ durch verstärkte passive Solareinträge öffnet nach Projektabschluss die neue Möglichkeit, Trockenbauplatten oder Steine aus Lehm ohne fossile Wärmeenergie oder Verbrennung von Holz klimaneutral herzustellen.
Zum Projektabschluss sind damit alle Zielsetzungen der experimentellen Entwicklungsphase erreicht worden. Insgesamt konnte eine klimaneutrale Produktion der Lehm-Trockenbauplatte im industriellen Maßstab modellhaft erprobt und optimiert werden, dies ohne zusätzliche Flächenversiegelung. Nach dem Muster dieses geförderten Pilotprojektes sollen weitere solare Produktionsstandorte entstehen.

Übersicht

Fördersumme

82.380,00 €

Förderzeitraum

17.02.2020 - 31.05.2022

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik