Projekt 35086/01

Pflanzen, Wissen, Engagement Entwicklung, Erprobung und Verbreitung innovativer Bildungsformate zum Thema pflanzliche Biodiversität an Naturschutzakademien und Botanischen Gärten

Projektträger

Universität Kassel Tropengewächshaus/Didaktik der politischen Bildung
Steinstr. 19
37213 Witzenhausen
Telefon: 05542-981244

Zielsetzung

Es war erklärtes Ziel, die Kompetenzen der beteiligten Partner*innen (Multiplikator*innen) bezüglich der Wahrnehmung und Kommunikation von systemischen Zusammenhängen im Kontext pflanzlicher Biodiversität als Beitrag zum Nationalen Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu stärken. Es sollten neue, BNE konforme Angebote entstehen, die im Kontext Biodiversität politisches Handeln unterstützen – also beispielsweise das Engagement in Naturschutzprojekten und -organisationen, die demokratische Mitgestaltung von Nachhaltigkeitsprozessen oder die Mitarbeit in Nachhaltigkeitsinitiativen. Die Angebote sollten politische Handlungsebenen einbinden und systemische Zusammenhänge kommunizieren und so die Dimensionen pflanzlicher Vielfalt mit allen Facetten der Nachhaltigkeit in die Öffentlichkeit transportieren und Handlungsräume im Sinne der Sustainable Development Goals (SDG) eröffnen.

Die Veranstaltungen sollten unter der Wortmarke „Die politische Pflanze“ Bildungsaktivitäten zum Erhalt, der nachhaltigen Nutzung und dem gerechten Vorteilsausgleich von pflanzlicher biologischer Vielfalt mit gesellschaftswissenschaftlichen, politischen und außerschulischen Bezügen verbinden.

Die Kooperation von Botanischen Gärten und Landesakademien in sollte gleichzeitig das Entstehen neuer Kooperationen auf der Ebene von Verbänden (BANU und VBG) ermöglichen. Die Partner wollten im Team und im Projektkreis das Mind – Behaviour- Gap diskutieren und reflektieren und daraus innovative Bildungsformate und Methoden entwickeln und erproben.

Arbeitsschritte

Die Universität Kassel (Tropengewächshaus & Didaktik der politischen Bildung) als Bewilligungsempfängerin hatte zwei strategische Partner: den Verband Botanischer Gärten e.V. (VBG) und den Bundesweite Arbeitskreis der staatlich getragenen Bildungsstätten im Natur- und Umweltschutz (BANU). Insgesamt entstanden acht Länderteams, bestehend aus jeweils Botanischen Gärten und Naturschutzakademie. In zwei Bundesländern schlossen sich Biologie-Didaktiken und ein Eine-Welt-Netzwerk an.

Alle Arbeitsschritte fanden während der Corona –Pandemie statt und wurden entsprechend angepasst! Die Projektgruppe konnten sich zwei Mal in Präsenz treffen und auf online-meetings ausweichen: zu einem Auftaktworkshop mit Diskussion und Auswahl der Themen und Vorgehensweisen, -zu einer Klausurtagung mit Zwischenbilanz für evtl. notwendige Anpassungen und zu einer Abschlusstagung. Alle Treffen/Tagungen boten Raum für Workshops und Diskussionsrunden zur Auseinandersetzung mit der Frage „Wie kommen wir vom Wissen zum Handeln?“ mit Fokus auf Umweltpsychologie und politischem Engagement. Zusätzlich gab es nach einem öffentlichen online- Impuls auch Team-interne Beratungen mit einer Klimapsychologin. In der Zwischenzeit entwickelten und erprobten die Länderteams ihre Veranstaltungen.

In 8 Bundesländern haben 8 Naturschutzakademien gemeinsam mit jeweils 1-2 Botanischen Gärten insgesamt 16 Veranstaltungsangebote für unterschiedliche Zielgruppen initiiert, konzipiert und durchgeführt. Die Fachkräfte der politischen Bildung unterstützten durch ihre Expertise. Den bundesweit stattfindenden jeweils mehrstündigen/-tägigen Veranstaltungen/Angeboten lagen fachlich fundierte, didaktisch aufbereitete Konzepte auf Grundlage des Bildungskonzeptes Bildung für nachhaltige Entwicklung zugrunde.

Die Netzwerkstrukturen entstanden durch gemeinsame Teamtreffen, 3 Tagungen und die gegenseitige Teilnahme auf den Jahrestagungen der Verbände.

Ergebnisse

Die Veranstaltungskonzepte aus den Länderteams:
Ziel der Zusammenarbeit in den Länderteams war es, Bildungsformate zu entwickeln, die Biodiversitätsbildung mit politischer Bildung verbinden. Entstanden sind Formate, die die Dimensionen pflanzlicher Vielfalt mit allen Facetten der Nachhaltigkeit aufzeigen und zu politischem Handeln motivieren. Die Teams nahmen unterschiedlichste Pflanzenarten und damit auch Themen einer nachhaltigen Entwicklung in den Fokus. Angesprochen, reflektiert und diskutiert wurden Konsummuster, nicht-nachhaltige Produktions- und Lebensweisen und Biodiversitätsverlust. Es fand eine Auseinandersetzung mit den individuellen, gesellschaftlichen und politischen Handlungsebenen im Kontext von Umwelt- und Biodiversitätsschutz statt. Die Formate reichten von Führungen über Diskussionsrunden und Aktionstagen bis hin zu Online-Workshops. Sie sprachen Zielgruppen von Schüler:innen über Studierende und Multiplikator:innen bis hin zur breiten Öffentlichkeit an.
Aus 16 Formaten (2 pro Länderteam) haben wir neun Formate im Projektreader veröffentlicht:

Berlin/Brandenburg
Durchblicke das Grün. Zielkonflikte zwischen Artenschutz und Stadtplanung. Pflanzenbestimmungskurs und Austausch mit Expert*innen für Erwachsene

Durchblicke das Grün. Durch Artenkenntnis zum ehrenamtlichen Engagement. Eine sechsstündige Botanische Exkursion für Schüler*innen der 10. Klassenstufe mit zwei Einführungsseminaren

Hessen
Zuckerrohr, Rübe und Co.: Vom bittersüßen Wohlgeschmack. Ein eintägiger Workshop für Studierende im Lehramt Biologie

Mecklenburg-Vorpommern
Die Erdbeere - eine politische Pflanze? Ein Erlebnispfad für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Botanischen Garten der Universität Rostock

Niedersachsen
Mais: Zucker – Stärke – Energie. Ein eintägiger Workshop für Lehrkräfte in der Oberstufe

Nordrhein-Westfalen
Sehr anziehend – was Faserpflanzen alles können! Ein zweistündiger Workshop für Kinder im Grundschulalter

Rheinland-Pfalz
Vielfaltsgarten / „Nachhaltig Gärtnern“. Eine Seminarreihe für Studierende und Schüler*innen

Sachsen
Ist die Fichte unser Problem? Ein eintägiger Workshop für Schüler*innen der Sekundarstufe II, Gymnasium; 11. Klasse

Schleswig-Holstein
Dialogabend zur „politischen Pflanze“. Online-Austauschangebote mit Weiterbildungselementen für Multiplikator*innen der Natur- und Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung

Steckbriefe zur politischen Pflanze
Die Idee zu Steckbriefen „Politische Pflanze“ stammt aus dem Botanischen Garten Bonn, Länderteam Nordrhein-Westfalen. Das Verfassen von Steckbriefen ist eine Möglichkeit, von der Theorie zum konkreten Beispiel zu gehen und das Format „Steckbrief“ in der Bildungsarbeit zu nutzen. Sie beinhalten kurze und präzise Zusammenfassungen, die den abstrakten Begriff der politischen Pflanze erläutern. Sie liefern in Stichpunkten Informationen zur Biologie/Ökologie, Fakten zu bedeutsamen Zahlenwerten und selbstverständlich zu den politischen Aspekten der ausgewählten Art. Jeweils zwei bis drei Quellen ergänzen die Übersicht.
Insgesamt entstanden im Projekt 14 Pflanzenportraits, darunter Steckbriefe von Bäumen wie Rotbuche und Fichte, von geschützten Arten wie Pfingst- und Sandgrasnelken, von gefährdeten Moosen oder von Kulturpflanzen wie Mais und Zuckerrohr. Fast alle Pflanzen haben direkten Bezug zu den im Projekt entwickelten Veranstaltungskonzepten.

Kooperation mit dem im Projekt Wildpflanzenschutz Deutschland - WIPs-De
Bildungsarbeit in Botanischen Gärten ist thematisch breit gefächert und hat das Ziel, Begeisterung für Wissenschaft und Natur zu wecken, dabei zu unterstützen, Bewusstsein für die Bedeutung der biologischen Vielfalt zu entwickeln und so einen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft zu leisten. Heimische Wildpflanzen und deren Schutz sind bisher in der Bildungsarbeit noch nicht sehr stark vertreten. Dabei sind gerade sie auch Gegenstand verschiedener politischer Bemühungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt, so zum Beispiel die sogenannten Verantwortungsarten. Auf ihnen liegt der Fokus im Projekt Wildpflanzenschutz Deutschland (WIPs-De II).
Die Grüne Schule im Botanischen Garten Mainz war im Projekt „die politische Pflanze“ Teil des Länderteams Rheinland-Pfalz. Die Überschneidungen von Inhalten und Formaten aus „wildwuchs“ weisen viele Anknüpfungspunkte an das Projekt auf – es war daher folgerichtig, gemeinsam zu agieren und auch auf Projektebene zu kooperieren.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Homepage ging am 04. August 2020 unter https://www.die-politische-pflanze.de/startseite online. Dort finden sich Informationen zum Projekt, zu den Bildungsangebote der Länderteams, eine Mediathek mit Presseberichten, Fachliteratur, Filmen sowie ein Bereich mit Links und Downloads.

Ein schöner Erfolg waren die Auszeichnungen der UN Dekade Biologische Vielfalt im September 2020, zum Projekt Nachhaltigkeit 2021 im November 2021 und die Auszeichnung Bildung für nachhaltige Entwicklung im Oktober 2022 sowie die Nominierung zum Nationalen Preis Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Die Projektergebnisse sind im Reader "Die politische Pflanze" veröffentlicht. Der Reader enthält die Basisartikel
• Botanische Gärten im Spannungsfeld von Politik und Gesetz (Cornelia Löhne und Maximilian Weigend)
• Bundesweiter Arbeitskreis der staatlich getragenen Umweltbildungsstätten (BANU) (Saskia Helm und Ulrike Steinweg)
• Mit Umwelt- und Klimapsychologie vom Wissen zum Handeln - In sechs Schritten zu aktivierender Nachhaltigkeitsbildung (Janna Hoppmann)
• (Wie) Kann und soll politische Bildung zum Handeln motivieren? (Andreas Eis)
• Politische Pflanzen in Geschichte und Gegenwart (Bernd Overwien)
• „Politische Pflanzen“ verschieben die Grenzen der gemeinsamen Welt
• und die Aufgaben politischer Bildung (Andreas Eis)
• Bildungsarbeit im Projekt Wildpflanzenschutz Deutschland - WIPs-De (Ute Becker und Franziska Hahn)
• Versuch einer Definition und Begriffserläuterung (Marina Hethke)

sowie 9 Veranstaltungskonzepte aus den Länderteams und 14 Pflanzensteckbriefe. Der Reader ist auf der Projekthomepage abrufbar.

Homepage zum Projekt "Die-politische-Pflanze"

Fazit

Die Zusammenarbeit der drei Projektpartner war ein wichtiger Schritt, um Erfahrungen auf Augenhöhe auszutauschen, Synergien auszuloten und die Integration der bestehenden Bildungsangebote und -erfahrungen im Kontext Natur- und Umweltschutz sowie der Nord-Süd-Verhältnisse in alle gesellschaftlichen Bereiche voranzutreiben. Ein Transfer zwischen den Bildungs- und Handlungsstrategien in der Universität, in den Botanischen Gärten und in den BANU-Akademien gab Impulse zur Weiterentwicklung der jeweiligen Angebote und zu neuen Partnerschaften auf Landes- und Bundesebene.

Ein wichtiges Ziel war es, die Wahrnehmung ausgewählter „politischer“ Pflanzen als Botschafter für Naturschutz und als Ressource für die menschliche Nutzung zu stärken. Hierfür hat sich die Wahl der Wortmarke „Politische Pflanze“ als sehr bedeutsam erwiesen. Die Verbindung von Politik und Pflanze löste unter den Besucher*innen der Bildungsveranstaltungen und auf Tagungen immer wieder Irritationen aus. Dies mündete in Diskussionen über die politischen Dimensionen von Pflanzen im Kontext von Biodiversitäts- und Naturschutz und führte zur Reflexion von individuellen und politischen Handlungsoptionen. So konnte die politische Dimension einer BNE greifbarer gemacht werden.

Projektstart und -umsetzung fielen in die Pandemie-Zeit. Dies erschwerte die Umsetzung aller öffentlichen Angebote und das Netzwerken zwischen den neuen Partnern.

Die Einbeziehung von politischer Bildung in die Biodiversitäts- und Naturschutzbildung erfordert eine intensive Reflexion des persönlichen und institutionellen Bildungsverständnisses. Es zeigte sich, dass die immer wieder eingebrachten Impulse zur sozial-ökologischen Transformation, zur Umweltpsychologie und zur politischen Bildung auf den Tagungen sowie über Online-Vorträge und im Rahmen von Beratungen eine bedeutende Rolle in diesem Prozess einnahmen.

Die innovativen Elemente in den neuen Bildungsformaten zeigten sich insbesondere darin, dass sie erstmals Wissen und Fähigkeiten in den Fokus nahmen, die nötig sind, um aktiv an politischen Prozessen im Kontext „Pflanze“ mitzuwirken und Kompetenzen für politisches Handeln aufzubauen. Je nach vorangegangen Erfahrungen in diesem Kontext entstanden Konzepte mit unterschiedlich starken Elementen politischer Bildung.

Das Ziel, auf Verbandsebene (BANU und VBG) neue, dauerhafte Kooperationen entstehen zu lassen, wurde nicht erreicht. Zwar fand vereinzelt ein Austausch auf den Konferenzen/Tagungen der Verbände statt, dieser führte aber nicht zu langfristigen Kooperationen. Aus unserer Sicht ist dies auf sehr unterschiedliche Organisationsstrukturen und Verbandsziele sowie auf eine durch die Corona-Pandemie verursachte enorme zusätzliche Arbeitsbelastung in den Verbänden zurückzuführen.

Übersicht

Fördersumme

298.325,00 €

Förderzeitraum

09.10.2019 - 31.03.2023

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation