Projekt 34750/01

Prüfung zur ökologischen und ökonomischen Umsetzung des CargoCap-Systems am Standort Bergisch Gladbach

Projektträger

Fachhochschule Düsseldorf Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik
Münsterstr. 156
40476 Düsseldorf
Telefon: +49 211 4351 3030

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Stadt Bergisch Gladbach ist bereit, die weltweit erste Anwendung des CargoCap-Systems zu überprüfen.
Der mögliche Anwendungsfall sieht vor, ein Güterverteilzentrum (GVZ) im Süden der Stadt an der A4 (Abfahrt Frankenforst) zu errichten und von dort aus die ankommenden Waren unterirdisch per Caps in die
Innenstadt zu einem neu zu errichtenden City-Hub und/oder direkt anzuschließenden Kunden und umgekehrt Fertigprodukte, aber auch Abfälle, auch wieder aus der Stadt heraus zu transportieren. Das Projekt hat das Ziel, zu prüfen, ob der zu untersuchende Anwendungsfall des CargoCap-Systems in Bergisch Gladbach aus ökologischer und ökonomischer Sicht rentabel ist. Die Ergebnisse sollen als Grundlage für die
weitergehende Planung und zur Formulierung und Bewerbung eines Fonds-Produktes für einen potenziellen Investor verwendet werden. Das CargoCap-System sorgt durch die Verlagerung des Güterverkehrs in
den Untergrund für eine Entlastung bestehender Verkehrswege und ist darüber hinaus witterungsunabhängig, flexibel und zeitgenau. Gleichzeitig ist es durch den emissionsfreien Betrieb absolut umweltfreundlich.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Prüfung beinhaltet folgende Schritte:
1. Abstimmungen der Zielvorstellungen und Rahmenbedingungen für die Errichtung und den Betrieb
des CargoCap-Systems mit der Stadt Bergisch Gladbach, möglichen Investoren, Betreibern und Kunden/Nutzern
2. Klärung der Logistikaufgabe auf Grund der Vorgabe oder der Bedarfsplanung der Stadt Bergisch-
Gladbach und von Konsultationen und Besichtigungen vor Ort unter Einbeziehung von Handel, KEP,
Industrie, Entsorgern, Spediteuren u. a.
3. Erarbeitung eines Planungskonzeptes einschließlich Untersuchung alternativer Lösungsmöglichkeiten
auf der Basis von Straßenfahrzeugen mit gleichen Anforderungen, Dokumentation und Bewertung
4. Integrieren der Leistungen anderer fachlich Beteiligter inklusive Abschätzung der Investitions- und
Betriebskosten
5. Betriebswirtschaftliche Bewertung
6. Volkswirtschaftliche Bewertung
7. Abschlussdokumentation


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen der Klärung der Logistikaufgabe wurden durch fragebogengestützte Interviews Logistikdaten von Unternehmen in den Bereichen Industrie, Handel und KEP-Dienstleistern erhoben und durch Statistiken und Hochrechnungen ergänzt. Die logistische Bewertung wurde anhand der Komponenten der Logistikleistung vorgenommen. Es zeigt sich, dass das CargoCap-System in den Stadtteilen an der A4 zu Nachteilen bei der Lieferzeit führt. Die Industriegebiete Zinkhütte und West besitzen das größte Liefervolumen, gefolgt vom Handel, der jedoch räumlich stärker verteilt ist und einen nicht zu vernachlässigenden Anteil gekühlter Ware empfängt. Es werden eine hohe Vielfalt an Palettentypen sowie möglichst hohe Palettenladehöhen verwendet. Die befragten Unternehmen haben lediglich ein geringes Inte-resse an einer Verlagerung von Lagerplätzen und einer Just-in-time-Anbindung an das GVZ. Die für den Erstanwendungsfall des CargoCap-Systems gewählte Pilotstrecke erstreckt sich zwischen dem GVZ und der Innenstadt mit direkter Anbindung der wesentlichen Industriekunden. Sie ist ca. 7,9 km lang und wird einspurig mit zwei jeweils 500 m langen doppelspurigen Kreuzungsstationen ausgelegt. Die autonom und elektrisch fahrenden Caps können jeweils zwei oder drei Europaletten transportieren. Es wurden zwei Varianten untersucht, und zwar 3 Paletten pro Cap mit einer Beladungshöhe von 1,20 m (Rohrinnendurchmesser DN 2000 bzw. DN 2200) und 2 Paletten pro Cap mit einer Beladungshöhe von 1,95 m (DN 2800 bzw. DN 3000). Bei einer weiteren untersuchten Variante wurden die Caps durch den eSprinter der Daimler AG ersetzt, wodurch ein Rohrinnendurchmesser DN 3200 erforderlich ist und die Beladungshöhe der Paletten auf 1,20 m (EUL 1) beschränkt wird. Alle untersuchten Varianten sind technisch machbar und jederzeit erweiterbar. Vor dem Hintergrund der dynamischen Investitionsrechnung der betriebswirtschaftlichen Bewertung erreicht die CargoCap-Investition die Schwelle für ihre betriebswirtschaftliche Rentabilität, wenn der Ausgabenbarwert dem Einnahme- oder Erlösbarwert entspricht. Diese Bedingung wird für eine Zielerlösannuität von rund 10,5 Mio. € p. a. (DN 2200) bzw.11 Mio. € p. a. (DN 3000) erfüllt, wenn die Gütertransportaufgabe in Bergisch Gladbach weitgehend vollständig von CargoCap übernommen wird. Die Ge-samtkosten belaufen sich dann für DN 2200 auf rund 803 Mio. €, für DN 3000 auf 826 Mio. € p.a. Die Zielerlöse liegen bei insgesamt rund 837 Mio. € (DN 2200) bzw. rund 880 Mio. € (DN 3000). Werden der Betrieb des Güterverteilzentrums ausgegliedert und die Infrastrukturkosten öffentlich finanziert, sinken die jährlichen Kosten gravierend und die notwendigen Zielerlöse nehmen ab. Die volkswirtschaftliche Bewertung nach dem Ressourcenverbrauchsansatz der Bundesverkehrswegeplanung 2030 zeigt, dass die analysierten Vorteile die systemimmanenten Nachteile des CargoCap-Systems nicht aufwiegen. Die im Vergleich zum Lkw höheren Betriebskosten und zusätzlichen Trans-portzeiten führen zu einem negativen Gesamtnutzen. Die Bewertung hat aber auch gezeigt, dass das Transportsystem CargoCap geeignet ist, fossile Kraftstoffe einzusparen, die Umweltbelastung durch Abgasemissionen zu reduzieren, die Verkehrssicherheit zu steigern und innerörtliche Trennwirkungen zu mindern. Aus jeder verlagerten Lkw-Fahrt ziehen die Verkehrsteilnehmer, Anwohner und die Stadt einen Nutzen, durch kürzere Reisezeiten, geringere Lärmeinwirkungen, Erhöhung der Zuverlässigkeit und niedrigeren Verschleiß der Infrastruktur.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde in zwei Informationsveranstaltungen über die Wirtschaftsförderung der Stadt Bergisch Gladbach und das Wirtschaftsgremium Bergisch Gladbach der IHK Köln vorgestellt. Die Projektergebnisse werden auf der Projekt-Website https://machbarkeitsstudie-cargocap-bergischgladbach.de/ zur Verfügung gestellt. Ein Buchbeitrag über unterirdischen Warentransport für die zweite Auflage des Buches „CSR und Logistik“ (Hrsg.: Prof. Dr. Carsten Deckert) ist in Planung.


Fazit

Die Anforderungen an die volks- und betriebswirtschaftliche Rentabilität der CargoCap-Investition in Bergisch Gladbach fallen insgesamt vor dem Hintergrund der Betriebs- und Investitionsausgaben sowie vor dem Hintergrund des Potenzials des Transportaufkommens relativ hoch aus. Zudem ist nicht zu erwarten, dass sich der CargoCap-Transport ohne öffentliche Intervention in Konkurrenz zum Lkw-Transport durchsetzt, weil die Grenz- und Durchschnittskosten für die „letzten“ Kilometer des Lkw zwischen GVZ und den verschiedenen Stationen unter denen des CargoCaps liegen. Die Inangriffnahme der Realisation des subterrestrischen Transportsystems in Bergisch Gladbach kann trotzdem mit dem Hinweis auf seinen innovativen Pilotcharakter für die Entwicklung umweltfreundlicher, nachhaltiger Gütertransportsysteme politisch begründet werden. Die Bedingungen für eine betriebs- und volkswirtschaftliche Rentabilität verbessern sich dann erheblich, wenn das GVZ ausgegliedert und die Infrastrukturkosten wie beim Straßenbau öffentlich finanziert werden. Darüber hinaus führt ein Netzausbau über Bergisch Gladbach hinaus dazu, dass Skalenerträge, höhere Transportmengen sowie Kostendegressionseffekte und geringere Umladekosten realisiert werden, die für das Gesamtsystem eines wachsenden Netzes betriebs- und volkswirtschaftliche Rentabilitätsgewinne versprechen.

Übersicht

Fördersumme

93.836,00 €

Förderzeitraum

06.03.2019 - 15.10.2020

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik