Projekt 34713/01

Rückgewinnung und Verwertung von Arzneistoffen aus Altarzneimitteln

Projektträger

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Department Chemie und Pharmazie Pharmazeutische Chemie
Nikolaus-Fiebiger-Str. 10
91058 Erlangen
Telefon: (+49)-(0)9131-85-65670

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In Deutschland erfolgt die Entsorgung von Altarzneimitteln bisher im Wesentlichen über den Hausmüll sowie die anschließende Müllverbrennung. Auch Altarzneimittel, die in Apotheken und über Wertstoffhöfe gesammelt werden, gelangen über die zuständigen Deponien schließlich in die Müllverbrennung. Eine Rückgewinnung der in den Altarzneimitteln enthaltenen, vielfach hochwertigen Wirkstoffe erfolgt bisher nicht.
Um die „Rückgewinnung und Verwertung von Wirkstoffen aus Altarzneimitteln“ hinsichtlich ihrer Eignung als Geschäftskonzept zu evaluieren, betrachten wir folgende drei Stufen der potentiellen Wertschöpfungskette:
1. Sammlung und Sortierung der Altarzneimittel
2. Rückgewinnung der enthaltenen Wirkstoffe (mit Abtrennung von den Hilfsstoffen)
3. Bedarfsanalyse und Marktforschung

Dabei sollen die drei Stufen im Projektverlauf parallel untersucht und schrittweise ausgebaut werden.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenArbeitsschritte entsprechend der 3 Stufen:
1. Sammlung von Altarzneimitteln über Wertstoffhöfe und Deponien im Großraum Erlangen-Forchheim-Neustadt/Aisch-Herzogenaurach sowie über einen eigenen Sammelcontainer vor dem Institutsgebäude, Sortierung der Altarzneimittel
2. Entwicklung von kostengünstigen Rückgewinnungsverfahren für Wirkstoffe aus Altarzneimitteln, schrittweise Steigerung der Ansatzgröße vom 100 mg- in den Kilogramm-Maßstab
3. Marktforschung und Identifizierung möglicher Interessenten für zurückgewonnene Wirkstoffe im Bereich von Hochschulen, Forschungsinstituten und der Industrie in Deutschland



Ergebnisse und Diskussion

Ergebnisse zu den Stufen 1 bis 3:
Stufe 1: Im bisherigen Sammlungsgebiet fielen im Jahr 2021 3500 kg an Altarzneimitteln an, wobei etwa 35 - 40 % direkt für das Forschungsprojekt nutzbar waren. Die gesammelten Mengen sind für zahlreiche Arzneistoffe ausreichend, um Rückgewinnungsversuche im Maßstab bis etwa 50 g durchführen können. In Einzelfällen sind Versuche im Kilogramm-Maßstab möglich.
Stufe 2: Neben den in Reinform gesammelten Wirkstoffen wurden bisher 70 Wirkstoffe erfolgreich von ihren Hilfsstoffen getrennt. Für 42 Wirkstoffe wurde ein Reinheitsgrad von >95 % erreicht, für 18 Wirkstoffe ein Reinheitsgrad von 90 - 95 % und für 10 Wirkstoffe ein Reinheitsgrad von 80 - 90 %. Wirkstoffe, die bisher nur einen Reinheitsgrad unter 80 % erreichen (16 Fälle), zählen noch nicht als erfolgreich von den Hilfsstoffen getrennt. Die Bestimmung des Reinheitsgrads erfolgte mittels 1H-NMR-Spektroskopie und Massenspektrometrie-gekoppelter Flüssigkeitschromatographie (HPLC-MS).
Zudem gelang es unter Anwendung der bestehenden Trennverfahren und durch deren weitere Optimierung, die Wirkstoffe aus vier industriellen Fehlchargen in einer Reinheit zurückzugewinnen, die den Anforderungen es Arzneibuchs entspricht.
Stufe 3: Zur Ermittlung des Bedarfs an Arzneistoffen in Forschung und Lehre an der FAU wurden alle Arbeitsgruppen in der Medizinischen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät in einem Rundschreiben über das aktuelle Forschungsprojekt informiert. Rückmeldungen zum Bedarf gibt es bisher aus der eigenen Abteilung (Department Chemie und Pharmazie) sowie von mehreren Gruppen aus der Medizin. Zudem ergab eine Umfrage unter zehn universitären Pharmazie-Standorten in Deutschland, dass acht dieser Standorte an einer Verwendung zurückgewonnener Wirkstoffe in Forschung und/oder Praktika interessiert wären.
Konkret wurden die zurückgewonnenen Wirkstoffe bisher in mehreren eigenen Projekten sowie in einem Kooperationsprojekt mit der Biologie eingesetzt. Zudem wurden zurückgewonnene Wirkstoffe an Ämter und Universitäten in Deutschland versandt.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

"Alte Forchheimer Medizin wird in Erlangen recycelt"
Nordbayerische Nachrichten, Forchheim, 21.11.2019, Ulrich Graser
https://www.nordbayern.de/1.9556106
"Abfall aus Gosberg als Fundgrube für Forscher"
Fränkischer Tag, Forchheim, 21.11.2019, Ekkehard Roepert
https://www.infranken.de/regional/forchheim/abfall-als-fundgrube-fuer-forscher;art216,4586491
„Auch die in Apotheken gesammelten Arzneimittel landen in der Müllverbrennung“
Fränkischer Tag, Höchstadt/Herzogenaurach, 23.11.2019, Ekkehard Roepert
"Ins Labor statt in die Toilette - Forscher arbeiten am Recycling alter Arzneimittel"
DAZ.online, Düsseldorf, 04.12.2019, Volker Budinger
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/12/04/ins-labor-statt-in-die-toilette-forscher-arbeiten-am-recycling-alter-arzneimittel/chapter:1
„Ein zweites Leben für alte Medikamente“
Nürnberger Nachrichten, Nürnberg, 05.12.2019, Ulrich Graser
„Recycling von Medikamenten“
Rundschau, BR-Fernsehen, 12.12.2019, 16.00
"Im Müll gefischt - FAU recycelt Medikamente"
Frankenschau aktuell, BR-Fernsehen, 18.12.2019, 17:30
https://www.br.de/mediathek/video/im-muell-gefischt-fau-recycelt-medikamente-av:5dfa6f2f0fca80001af42509
"Stadt und Landkreis unterstützen das Altarzneimittel-Forschungsprojekt der FAU"
Homepage der Stadt Erlangen, 10.01.2020
https://www.erlangen.de/desktopdefault.aspx/tabid-1123/208_read-36760/
„Recycling von Medikamenten“
BR-Rundfunk, 04.02.2020
Bayern 1: Mittags in Franken, ca. 12.21 Uhr (2'48), Bayernmagazin, ca. 18.43 Uhr (2'20)
Bayern 2: Regionalzeit Franken, ca. 13.43 Uhr (3'02), Bayern 5 aktuell: ca. 20.10 Uhr und ca. 23.07 Uhr (2'47), Bayern plus: ca. 10.46 Uhr (2'48)
„Ein Fall für die Tonne?“
Magazin „Gesundheit erlangen“, 01.03.2020, Alessa Sailer
Sammelaktion für alte Arzneimittel: Rother Apotheken unterstützen Projekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Donaukurier, 06.03.2020
„Riskanter Chemiecocktail im Abwasser - Warum wir mehr umweltverträgliche Medikamente brauchen", enorm Magazin, 07.07.2020, Aileen Hohnstein
Woche der Umwelt (virtuell), 10.-11.06.2021, https://www.woche-der-umwelt.de/
„Research project on old drugs of FAU Erlangen-Nürnberg at the Week of the Environment 2021“, Video zum Forschungsprojekt anlässlich der Woche der Umwelt, https://www.youtube.com/watch?v=aPhluTZlTKw
„Ein Leben nach dem Verfallsdatum“, friedrich, Forschungsmagazin der FAU, Nr. 121, Dezember 2021, Deborah Pirchner
„Nachhaltigkeit von Arzneien: Neues Verfahren an der FAU“, Franken Fernsehen, 03.03.2022; https://www.frankenfernsehen.tv/mediathek/video/nachhaltigkeit-von-arzneien-neues-filterverfahren-an-der-fau/
„Alte Arzneimittel wieder nutzbar machen“, Pressemitteilung der DBU zum Global Recycling Day, 17.03.2022, https://www.dbu.de/123artikel39325_2442.html
„Wie Altarzneimittel die Forschung nachhaltiger gestalten können“, DAZ.online, 18.3.2022; https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/bare/news/artikel/2022/03/18/wie-altarzneimittel-die-forschung-nachhaltiger-gestalten-koennen
„Medikamente wiederverwerten“, Bild der Frau, Nr. 16, 14.04.22, Franziska Wiegard

Demnächst:
Artikel in Frau im Spiegel, Ellen Warstat/Franziska Wiegard
Artikel in National Geographic, Simone Einzmann
Beitrag zur Sendereihe „plan.b“ des ZDF, Candan Six-Sazmaz
Artikel in der Apotheken-Umschau, Andrea Grill


Fazit

Durch die im Rahmen des DBU-Projekts durchgeführten Forschungsarbeiten konnte gezeigt werden, dass für zahlreiche Wirkstoffe eine kostengünstige Rückgewinnung aus den entsprechenden Altarzneimitteln möglich ist. Die Altarzneimittel wurden zuvor über im Wesentlichen über Apotheken, Kliniken, Wertstoffhöfe sowie einen speziell eingerichteten Sammelcontainer gesammelt. In mehreren Forschungsprojekten konnte bereits gezeigt werden, dass die zurückgewonnenen Wirkstoffe sinnvoll in der Forschung einsetzbar sind. In den letzten Monaten wurden zudem Proben an Behörden und Pharmaziestandorte in Deutschland versandt.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

01.08.2018 - 31.01.2022

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik