Projekt 33923/01

THERMOSTRESS Konzeptionelle Entwicklung eines Bewertungs- und Vorhersageansatzes für Grundwasserökosysteme unter thermischem Stress

Projektträger

Karlsruher Institut für Technologie Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW)
Kaiserstr. 12
76131 Karlsruhe
Telefon: 0721 - 608 43414

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die thermische Untergrundnutzung, z. B. durch Grundwasserwärmepumpen oder thermische Aquiferspeicher, spielt eine wichtige Rolle bei der Wärme- und Kältewende. Die dadurch verur-sachten Temperaturänderungen können, ebenso wie steigende Grundwassertemperaturen aufgrund klimatischer Veränderungen, den natürlichen Zustand der Grundwasserökosysteme beeinträchtigen. Trotz stark gestiegener Anforderungen an die Genehmigungsbehörden sind fachlich begründete Bewertungsverfahren und konkrete Verwaltungsvorschriften für die thermische Untergrundnutzung derzeit nicht verfügbar.
Im Projekt „Thermostress“ wird daher untersucht, ob es in den letzten Jahrzehnten in Baden-Württemberg Veränderungen in der Grundwasserfauna aufgrund von Temperaturänderungen gab, und welche Methoden sich für die Untersuchung dieses Zusammenhangs eignen. Daneben befasst sich „Thermostress“ mit der Frage, ob sich daraus Handlungsempfehlungen für die nachhaltige Nutzung des Grundwassers ableiten lassen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Vorhaben gliedert sich in vier Arbeitsschritte: (1) Entwicklung eines neuen temperatur-ba-sierten Bewertungsindex für den faunistischen Zustand des Grundwassers, (2) Erhebung und Auswertung von faunistischen und abiotischen Freilanddaten, (3) Entwicklung von Modellansät-zen für die Vorhersagen von Grundwassertemperaturen, sowie den thermisch-ökologischen Zustand von Grundwassermessstellen und (4) Erarbeitung von Vorschlägen zur weiteren Erprobung der Ansätze, sowie zur Überführung in die Planungs- und Genehmigungspraxis.


Ergebnisse und Diskussion

Der hier entwickelte Bewertungsindex, der Grundwasserfauna-Temperatur-Index, wurde an den neu erhobenen Freilanddaten getestet und kann für die Identifizierung unterschiedlich warmer Standorte angewendet werden. Für eine großflächige Anwendung ist jedoch eine Überarbeitung in Bezug auf eine feinere Abstufung in der Bewertungsskala und eine Anpassung für weitere Regionen erforderlich.
Die neu erhobenen Freilanddaten zeigen teilweise eine signifikante Abweichung zwischen den Standwassertemperaturen und den Temperatur-Tiefenprofilen in den Grundwassermessstellen. Bei den faunistischen und abiotischen Parametern zeigen sich Unterschiede zwischen den einzelnen Messstellen im Untersuchungsgebiet, die vor allem auf die verschiedenen Naturraumgruppen bzw. den hydrogeologischen Einheiten zurückzuführen sind. Auf regionaler Ebene ergab die Auswertung der Daten über die vergangenen zwei Jahrzehnte keine signifikanten Trends in den faunistischen oder abiotischen Parametern. Einzelne Messstellen zeigen jedoch auffällige Änderungen in der Faunenzusammensetzung, die teilweise in Zusammenhang mit Änderungen der hydrochemischen Bedingungen, sowie des Oberflächeneinflusses stehen. Dabei waren sowohl Verschlechterungen als auch Verbesserungen des ökologischen Zustands des Grundwassers zu beobachten.
Der entwickelte Modellansatz für die Vorhersage der Entwicklung der Aquifertemperaturen bis ins Jahr 2100 liefert plausible Temperaturwerte im Bereich von 14 – 17 °C. Mit einer Erwärmung von ca. 1 – 6 Kelvin innerhalb von 80 Jahren ist die modellierte, zukünftige Erwärmung ähnlich zu den in der Vergangenheit beobachteten Temperaturanstiegen. Eine thermisch-ökologische Modellierung auf regionaler Skala erwies sich aufgrund der Heterogenität in der faunistischen Zusammensetzung und der zeitlichen Variabilität in den gemessenen Standwassertemperaturen als schwierig. Für einzelne Standorte lassen sich statistische Zusammenhänge zwischen der Standwassertemperatur und faunistischen Parametern erkennen, die jedoch aufgrund der geringen Datendichte nicht validiert werden konnten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die in Thermostress gewonnenen Erkenntnisse wurden auf wissenschaftlichen Konferenzen vorgestellt. Weiterführende wissenschaftliche Publikationen zu einzelnen Aspekten des Projektes sind derzeit in Arbeit. Zudem fließen die Methoden und Ergebnisse in Lehrveranstaltungen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ein.


Fazit

Die Änderungen in der Grundwasserfauna an den in „Thermostress“ untersuchten Standorten können nicht eindeutig ursächlich auf Temperaturanstiege im Standwasser zurückgeführt werden. Eine ökologische Bewertung der Standorte sollte deswegen neben der Grundwassertem-peratur auch andere ökologisch relevante Faktoren wie z. B. Hydrologie, organisches Material, Sauerstoff berücksichtigen. Die entwickelten thermisch-ökologischen Modellierungs- und Bewertungsansätze können unter Berücksichtigung von weiteren Faktoren, wie z. B. Flächennutzung und Oberflächeneinfluss eingesetzt und angewandt werden. Für die Bewertung des Zusammenhangs zwischen Grundwasserfauna und Grundwassertemperatur müssen künftig unbedingt auch repräsentative Temperaturmessungen vorgenommen werden, bspw. in Form von Temperatur-Tiefenprofilen.
Bei künftigen Planungen zu thermischen Untergrundnutzungen muss der standort-spezifische Zustand der Grundwasserfauna berücksichtigt werden, um eine mögliche Verschlechterung des ökologischen Zustands zu verhindern bzw. vorzubeugen. Aufgrund der in diesem Projekt beobachteten zeitlichen Variabilität der Zusammensetzung der Grundwasserfauna an den einzelnen Standorten erscheinen für die ökologische Charakterisierung in diesem Rahmen wiederholte Messungen, sowie ein Vergleich mit repräsentativen Referenzwerten sinnvoll.

Übersicht

Fördersumme

121.182,00 €

Förderzeitraum

01.04.2020 - 31.03.2022

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik