Projekt 33414/01

Historische Ökosystemleistungen von Naturerbeflächen in Deutschland

Projektträger

Friedrich-Schiller-Universität Jena Institut für Ökologie
Dornburger Str. 159
07743 Jena
Telefon: 0341/9733153

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die meisten Naturerbeflächen sind, als Teil der historischen Kulturlandschaft, Ergebnis einer jahrhundertelangen Nutzung durch den Menschen. Dabei wurden die Landschaften so gestaltet, dass sie verschiedenste Ökosystemleistungen zur Verfügung stellen. Weidenutzung zur Produktion von Fleisch und Wolle oder aber Holznutzung gehören dabei genauso zu den historischen Ökosystemleistungen wie die militärische Nutzung der Flächen, die ebenfalls zur Entwicklung des heutigen Zustands beigetragen hat. Durch diese Nutzungsformen hat sich ein Reichtum an heimischen Tier- und Pflanzenarten in unterschiedlichen Lebensräumen gebildet. Heute haben sich die Ansprüche an die Flächen wieder verändert. Neben Regulationsleistungen, wie beispielsweise Kohlenstoffspeicherung werden Möglichkeiten zur Erholung auf den Naturerbeflächen wahrgenommen.
Die TEEB DE Studie zu Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen (Naturkapital Deutschland – TEEB DE, 2016) zeigt aber beispielsweise auch, dass das Gefühl von Heimat und die Identifikation mit der Region oft mit dem Erleben vertrauter Landschaften sowie regional-typischen Tier- und Pflanzenarten verbunden ist. Eine besondere Rolle spiel in diesem Zusammenhang auch der Existenzwert der Tier- und Pflanzenarten, definiert als der Wert, der aus der bloßen Existenz resultiert und uns Befriedigung und Wohlbefinden bringt, auch wenn wir dieses Gut heute und auch künftig nicht nutzen. Die zunehmende Bedeutung des Existenzwerts lässt sich gut an den beiden Schutzzielen für Naturerbeflächen erkennen. Basierend auf bestimmten Existenzwerten dieser Flächen sollen erstens durch den dynamischen Naturschutz von Wald- und Feuchtgebieten viele von ihnen wieder in einen möglichst naturnahen Zustand gebracht werden. Zweitens sollen die durch menschliche Nutzung entstanden Offenflächen durch eine dauerhafte Pflege als Rückzugsgebiete für viele weitere bedrohte Tier- und Pflanzenarten erhalten werden. Besonders interessant ist dabei die Tatsache, dass kulturelle Praktiken, wie beispielsweise bestimmte Formen der Beweidung wiederbelebt werden, um einen bestimmten Zustand der Ökosysteme zu erhalten. Das Wissen um diese kulturellen Praktiken, um regional-typischen Tier- und Pflanzenarten und ihre Bedeutung ist aber vielerorts genauso bedroht, wie die Arten selbst, da immer weniger Menschen darum wissen und das Wissen mit ihrem Tod endgültig verloren. Damit einher geht auch oft ein Verlust von historischen Dokumenten, die die Bedeutung der Flächen zu verschiedenen Zeitpunkten beschreiben.
Der Wandel der unterschiedlichen Ansprüche an die Ökosysteme hinsichtlich ihrer Leistungen macht aber auch deutlich, dass der Begriff „Naturerbe“ unter Umständen verschiedene und sogar konflikthafte Bedeutungen haben kann. Um innovative Maßnahmen zur Lösung von möglichen Konflikten im Schnittbereich Natur- und Kulturlandschaftsschutz für Naturerbeflächen zu entwickeln, ist es daher sinnvoll historisch bedeutende (Natur)Denkmäler, Ökosystemleistungen, und Praktiken zu erfassen und den Wandel der Bedeutung der Flächen für verschiedene Nutzergruppen zu verstehen.

Hier setzt das hier vorgeschlagene Projekt an. Es soll ein Methodenleitfaden mit Praxisbeispielen entwickelt werden, der verschiedenen Personengruppen, in Naturerbeflächen oder vergleichbaren Räumen Unterstützung bietet. Hierzu zählen insbesondere Akteure aus dem bürgerschaftlichen Engagement wie Heimat- und Geschichtsvereine, Naturschutzvereine, oder Interessierte aus dem Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung. Darüber hinaus sind Akteure aus Landwirtschaft, Forst und Bildung angesprochen. Die Arbeitshilfe erlaubt es, den Kontext zwischen den kulturhistorisch wirksamen Kräften, die die Flächen prägten und ihren Ökosystemleistungen zu erfassen. Mit dem hier beantragten Projekt kann daher auch ein beispielgebender Beitrag hinsichtlich der UNESCO-Konvention zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes geleistet werden.

Der Zeitraum, der analysiert werden soll, bezieht sich auf die letzten 100 Jahre. Außerdem soll der Leitfaden ermöglichen, das traditionelle ökologische Wissen um die Nutzung und Erhaltung bestimmter ökologischer Zustände und regional-typischer Tier- und Pflanzenarten von Akteuren vor Ort festzuhalten. Wir verstehen ihn damit als Beitrag zum Weiterqualifizierungsangebot im Bereich des nachhaltigen Schutzes von historischen Kulturlandschaften einschließlich der Naturerbeflächen. Das heißt, der Leitfaden wird zunächst von uns entwickelt, in der Praxis getestet und die Erfahrungen so aufbereitet, dass die verschiedenen Methoden beispielsweise für die oben genannten Zielgruppen eigenständig nutzbar sind und als Anregung zur Entwicklung weiterer Methoden dient. Gleichzeitig soll dieses Projekt aber auch als Machbarkeitsstudie dienen, um Bedarfe, Potentiale und Rahmenbedingungen für die Erfassung der Bedeutung für alle Naturerbeflächen auszuloten.

Übersicht

Fördersumme

124.650,00 €

Förderzeitraum

01.02.2017 - 31.12.2018

Bundesland

Alte und Neue Bundesländer

Schlagwörter

Alte und Neue Bundesländer
Kulturgüter
Landnutzung
Naturschutz
Umwelttechnik