Projekt 31428/01

Verträglichkeit von biologisch abbaubaren Biokunststoffen mit den etablierten Systemen zur Erfassung und zum Recycling von Altkunststoffen

Projektträger

Haus der Kongresse für Umwelt-Bau-Verkehr Dresden e.V.
Gutenbergstr. 6
01307 Dresden
Telefon: 0351/4445-753

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In jüngster Zeit werden, besonders für Verpackungen, verstärkt biologisch abbaubare Biokunststoffe eingesetzt. Es wird vermutet, dass ihre von den etablierten Kunststoffen abweichenden physikalisch-mechanischen und Verarbeitungseigenschaften zu Störungen der herkömmlichen Recyclingprozesse für Kunststoffabfälle (Erfassung, Identifizierung, Aufbereitung, Spritzguss oder Extrusion) führen können. Erhöhter Sortieraufwand und Einbußen der Qualität der Recyclate könnten die wirtschaftliche Situation klein- und mittelständischer Unternehmen der Recyclingbranche gefährden.
Im Rahmen des Projektes sollten Handlungsempfehlungen erarbeitet werden, die dazu beitragen, das Recycling von Verpackungskunststoffen weiterhin in hoher Qualität zu gewährleisten. Das Ziel besteht darin, im Produktionsmaßstab – und nicht nur, wie bisher praktiziert, im Labormaßstab - festzustellen, ob sich auf dem Markt befindliche bioabbaubare Biokunststoffe (PLA, PHB u. a.) entweder abtrennen oder ggf. weitgehend problemlos gemeinsam mit klassischen Kunststoffen, wie PE oder PP, werkstofflich recyceln lassen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurden theoretische Mengenpotenziale biologisch abbaubarer Biokunststoffe in den Erfassungssystemen ermittelt und analysiert, welche Arten biologisch abbaubarer Biokunststoffe aktuell eingesetzt werden (PLA, PHB oder TPS) bzw. welche Mengen tatsächlich in den Stoffstrom gelangen können.
Online oder in persönlichen Gesprächen auf Messen und Konferenzen wurden bei Rohstoffherstellern und –vertreibern sowie Verpackungsmittelherstellern und -vertreibern wesentliche Motivationen zum Einsatz von biologisch abbaubaren Biokunststoffen erfragt. Sortierkampagnen wurden durchgeführt, um den Anteil biologisch abbaubarer Biokunststoffe im Massestrom der Leichtverpackungen zu bestimmen. Durch die Analyse der konkreten Verfahrensbedingungen in den Recyclingunternehmen für Aufbereitung und Recycling, wie Temperatur, Feuchtigkeit, Prozess-Zeiten, Waschbedingungen und Waschmittelzu-sätze wurde gewährleistet, dass die bei der ConVerta GmbH geplanten Versuche unter wirklich praxisnahen, realen und qualitätsgesicherten Bedingungen vorgenommen werden. An Prüfstäben aus Mischungen von Polyolefinen mit 5, 10 und 15 Masse-% PLA bzw. PLA-Blends wurden bei verschiedenen Versuchsbedingungen Eigenschaften, wie Zugfestigkeit, E-Modul, Schlagzähigkeit und Bruchverhalten in Abhängigkeit von der Restfeuchte ermittelt. Unter Beachtung der Ergebnisse dieser Laboruntersuchungen konnten schließlich in einem „Großversuch“ Erzeugnisse (Ecoraster und Paletten) hergestellt und geprüft werden.


Ergebnisse und Diskussion

Untersuchungen zum Aufkommen sowie Möglichkeiten zur Sortierung und Abtrennung:
Bei der Auswertung der Befragung von Verpackungsmittelherstellern und –Vertreibern wurde festgestellt, dass „Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein als Unternehmensstrategie“ und der „ökologische Druck durch die Verbraucher“ als häufige Begründungen für die Verwendung von biologisch abbaubaren Biokunststoffen genannt werden. Als Hindernisse wurden vor allem die „unvollständige Kommunikation bezüglich der Entsorgungsysteme“ sowie die „fehlende Akzeptanz bei Kunststoffrecyclingunternehmen“ genannt. Die mangelnde Temperaturbeständigkeit von Biokunststoffen kann den Hygieneanforderungen bei der Verwendung von Folien mit Lebensmittelkontakt entgegenstehen. Aktuell gelangen in Deutschland vor allem Leichtverpackungen aus PLA sowie Einkaufstüten und Obstbeutel aus TPS- oder PLA-Blends in die LVP-Fraktion. Die Sortier- und Aufkommensanalysen im DSD („Gelbe Säcke im Erfassungssystem“ bzw. Input-Ballen im Recyclingunternehmen) ergaben Masseanteile von maximal 0,2%. Es ist somit momentan keine Beeinflussung des Recyclings etablierter fossil-basierter Kunststoffe zu erwarten. Im Rahmen des Projektes konnte auch gezeigt werden, dass Erkennung und Abtrennung von Biokunststoffen aus dem Strom der LVP-Abfälle technisch durchaus sehr gut möglich sind. Die Spektren lassen sich für die verwendeten Scannern anpassen. Für alle untersuchten Biokunststoffe, z. B. PLA-basierte Kunststoffe, sind ausreichend überlagerungsfreie NIR-Spektralbereiche vorhanden.

Praktische Versuche zum Recycling:
Alle untersuchten Biopolyester sind hygroskopisch. Beim Waschen zeigt sich, dass bei Zugabe von Natronlauge zum Waschwasser und bei höheren Temperaturen die Extraktionsmasse, insbesondere bei PLA, stark zunimmt. Das Waschwasser wird verunreinigt (eventuell Erhöhung des BSB). Waschen ohne Natronlauge hat dagegen auch nach 20 min kaum Einfluss auf das Waschwasser und wird empfohlen. Bei Wahl der für PP/PE-Regranulate aus LVP üblichen Bedingungen wurde für die ausgewählten Biopolyester die Masse-Fluss-Rate (MFR) bestimmt. Dabei wurden mindestens die 20-fachen MFR-Werte erreicht, d. h. die Biopolyester fließen wesentlich leichter.
Bei dem Unternehmen ConVerta/Purus GmbH wurden aus Mischungen von PP/PE mit 5-10 Masse-% PLA über den Doppelschneckenextruder Granulate und anschließend auf der Spritzgießmaschine Ecoraster und Transportpaletten hergestellt. Bei der Verarbeitung wurden sinkende Schmelzedrücke, Entmischungen im Schmelzestrom, eine thermische Schädigung sowie eine ungleichmäßige Verteilung der Biopolyester im Formteil festgestellt. Zusätzlich war die Erhöhung der Kühlzeit für die Entformung notwendig. Eine sinkende Schwindung des Materials erschwert bei der Herstellung die Entformung aus dem Werkzeug und kann zu Problemen bei der Montage der Teile führen. Das Formteilgewicht stieg aufgrund der höheren Dichte der Biopolyester an. Alle diese genannten Fakten führen zu Wirtschaftlichkeitsverlusten. Auch die anwendungstechnischen Eigenschaften der Formteile sind von Bedeutung: Die gemessene Abnahme der Zug- und Druckfestigkeit könnte schon bei geringerer Krafteinwirkung zum Versagen führen. Ein steigender E-Modul führt zu höherer Steifigkeit, was jedoch eventuell vorteilhaft sein kann. Die deutlich sinkende Schlagzähigkeit verstärkt die Versprödungstendenz.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zwei Workshops mit den an der Herstellungs-, Distributions-, Nutzungs- und Verwertungskette beteiligten Unternehmen und Institutionen dienten der Vorstellung der Projektergebnisse und der Qualifizierung der weiteren Projektarbeit. Neben der Diskussion zahlreicher praktischer Recyclingprobleme stand die Frage im Mittelpunkt, ob und wie die Verpackungshersteller und -vertreiber bereit sind, ihre Produzenten- bzw. Produktverantwortung wahrzunehmen (Bioabbaubarkeit von Verpackungen als Wert der „Nachhaltigkeit“? Ressourcenschonung vs. potenzielle Beschränkung der Recyclingfähigkeit.) Weitere Gegenstände der Beratung waren der mögliche Einfluss des gesamteuropäischen Marktes (Importe), Möglichkeiten und Grenzen einer Kennzeichnung bioabbaubarer Biokunststoffe und mögliche Auswirkungen bioabbaubarer Kunststoffe auf „marine littering“.

Projekt und Projektergebnisse wurden in Vorträgen zur Hannovermesse, im Rahmen von Veranstaltungen (bvse-Fachverbandes Kunststoffrecycling, SBG Dresden mbH). auf dem 24. Seminar „Kunststoffrecycling in Sachsen“ in Dresden sowie zum 18. Internationalen Altkunststofftag in Bad Neuenahr vorgestellt.


Fazit

Die oben dargestellten Ergebnisse des Versuchs im Produktionsmaßstab haben die bei Technikumsversuchen gewonnenen Erkenntnisse bestätigt. Neben den Eigenschaften, die für die Formteile ausreichend sein müssen, sind auch Gewicht und Zykluszeit in der Kalkulation maßgebliche Größen.
Zusammenfassend kann eindeutig festgestellt werden, dass bioabbaubare Biopolymere das Kunststoffrecycling beeinflussen. Mit Blick auf das jeweils vorgesehene Einsatzgebietes des Produktes ist zu entscheiden, ob die benötigten Eigenschaften weiterhin erreicht werden können. Wenn dies nicht der Fall ist, sollten die bioabbaubaren Biokunststoffe vor der Verarbeitung aussortiert werden. Es wurde gezeigt, dass dies durchaus möglich ist. Eine Anpassung vorhandener Produktionsanlagen für die Verarbeitung von Mi-schungen mit bioabbaubaren Biokunststoffen ist aus unserer Sicht technologisch und ökonomisch problematisch.

Übersicht

Fördersumme

76.450,00 €

Förderzeitraum

15.11.2013 - 15.08.2015

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik