Projekt 28142/01

Modellhafte Entwicklung und Umsetzung einer Ufersicherungsbauweise für eine anthropogen umweltgeschädigte historische Gräfte am Beispiel von Haus Rüschhaus in Münster unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit

Projektträger

Stadt MünsterAmt für Grünflächen und UmweltschutzAbt. Naturschutz, Grün- und Umweltplanung
Albersloher Weg 33
48155 Münster
Telefon: 0251/492-6720

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Haus Rüschhaus ist ein herausragendes Ensemble von Architektur und Gartenkunst mit internationaler Bedeutung. Die Gräfte bildet den gestalteten Rahmen für Garten und Hof.
Seit Errichtung des Gebäudeensembles haben sich die hydrologischen Rahmenbedingungen deutlich verändert. Straßen- und Siedlungsbauten führen heute zu stark schwankenden Wasserständen in der Gräfte. Diese stellen besondere Anforderungen an den Uferverbau. Zu Beginn der 1980er Jahre wurde die Anlage nach Originalplänen aufwändig rekonstruiert, wobei die seitlichen Spundwände mit Tropenholz erneuert und gesichert wurden. Trotz kontinuierlicher Unterhaltungsarbeiten befinden sich weite Be-reiche der Einfassung der Gräfte nach 25 Jahren wieder in sehr schlechtem Zustand. Es sollte eine Ufersicherung realisiert werden, die auf Tropenhölzer verzichtet, im Erscheinungsbild die Anforderungen des Denkmalschutzes erfüllt und zugleich auch langlebig und wartungsfreundlich ist.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Rahmen der Vorplanungen wurde ein Verfahren zur Ufersicherung erarbeitet, das den Anforderungen an eine langlebige Ufersicherung gerecht wird. Gleichzeitig werden in besonderem Maße die Belange des Denkmalschutzes und des Umweltschutzes berücksichtigt. Vor dem Hintergrund der angespannten öffentlichen Haushalte ist zudem besonderer Wert auf eine nachhaltige Lösung gelegt worden.

Die Stadt Münster hat in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus den Bereichen Landschaftsarchitektur, Technische Denkmalpflege, Gartendenkmalpflege und Wasserbau einen intensiven fachlichen Austausch zum Thema Gräftensicherung am Haus Rüschhaus geführt. Im Rahmen eines eintägigen Workshops wurden Möglichkeiten und Ansprüche mit den benannten Fachleuten erörtert. Bei einem Treffen der Landesdenkmalpfleger Deutschlands wurden ebenfalls verschiedene Bauweisen diskutiert. Als Ausbauziel wurde am Ende der verschiedenen Diskussionen eine Konstruktion angestrebt, die möglichst langlebig und zugleich wartungsfreundlich ist. Als Leitmotiv sollte das von Holz geprägte Erscheinungsbild der Sanierung aus den 1980gern aufgegriffen und mit Eichenholz umgesetzt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Aus diesen Vorüberlegungen wurde eine völlig neue Verbaumethode entwickelt. Sie besteht aus zwei Komponenten: Einer Unterkonstruktion aus Stahl und den daran befestigten Holzbohlen. Im unteren Bereich wurden die Böschungen zudem mit Wasserbauschotter vor Nutria und Bisam gesichert.
Beschreibung der Konstruktion:
3 Meter lange Stahlpfosten aus IPB-100 wurden auf ca. 2 Meter Länge in den Untergrund eingebracht. Der Abstand der Pfosten zueinander beträgt ca. 3 Meter. An den Pfosten wurden Konsolen montiert, die über Langlöcher um einige cm verschiebbar sind. Sie dienen zur Montage der längsverlaufenden Stahlprofile. Unten wurde ein U-Profil 150x7 so eingebaut, das es mit dem U nach oben zeigt. Oben wurde ein L-Profil 100x8 angebracht. An der Vorderseite wurde eine Halfenschiene HM 38/17 M12 angeschweißt. Anschließend wurden die Eichenbohlen in das U-Profil gestellt und an den Halfenschienen verschraubt.
Da die Gräfte nicht nur gradlinige Uferverläufe aufweist, sondern auch diverse, vordefinierte und formal relevante Radien, war ein genaues Aufmaß der Bestandssituation sowie eine entsprechende Detailplanung erforderlich. Die Stahlelemente wurden im Werk, noch vor dem Verzinken, entsprechend gebogen und zugeschnitten. Die Konstruktion ermöglicht durch Länglöcher an allen Verbindungspunkten einen Montagespielraum von wenigen Zentimetern. Bei der Montage und auch dem Einmessen der Standorte für die Pfosten musste entsprechend genau gearbeitet werden.
Im Rahmen der Fertigung durch die Ausführungsfirma kam es produktionsbedingt zu kleineren Abweichungen zur ursprünglich vorgesehenen Konstruktion. Diese Abweichungen sind im Wesentlichen auf die fertigungsspezifischen Bedingungen zurückzuführen. So war es, entgegen der Einschätzung während der Planungszeit, günstiger, Halfenschienen zu verarbeiten als Langlöcher entlang des oberen Holmes einzulassen. Dieses hat zudem den Vorteil, dass einzelne Hölzer zukünftig sehr einfach durch das Lösen einer Hutmutter ausgetauscht werden können. Erdarbeiten werden nicht mehr erforderlich.
Hinter den Bohlen wurde eine Drainmatte eingebracht. Sie verhindert den direkten Boden-Holz-Kontakt und dass es zu Ausspülungen von Erdmaterial kommt.
Auftragnehmer bei der Stadt Münster war Firma Könning Garten- und Landschaftsbau GmbH, Münster.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Während der Bauzeit wurde wiederholt in der örtlichen Presse über die Arbeiten berichtet. Zudem hat der WDR einen detaillierten Bericht über die Bautechnik ausgestrahlt. Nach Abschluss der Arbeiten wird noch eine umfassende Projektdokumentation verfasst. Diese soll u. a. über das Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB abrufbar sein. Unter der städtischen Homepage soll die Dokumentation ebenfalls angeboten werden.


Fazit

Die Planungs- und Detailierungsphase war langwierig und zeitaufwändig. Bei verschiedensten Fragestellungen konnte nicht auf bestehende Erfahrungen zurückgegriffen werden. Dank der guten und konstruktiven Zusammenarbeit aller am Projekt Beteiligten gelang es, die an das Projekt gestellten Erwartungen vollständig zu erfüllen.
- Der historische Zustand und Linienverlauf wurde durch ein denkmalpflegerisches Aufmaß verortet.
- In einer kurzen Bauzeit von nur 12 Wochen, konnten alle Arbeiten erfolgreich abgeschlossen werden.
- Selbst die komplizierten Uferverläufe des Barockgartens mit verschiedenen Radien konnten exakt nachgebildet werden.
- Durch eine archäologische Begleitung wurden die während der Bauzeit freigelegten Funde dokumentiert und vor Ort belassen.
- Die Bauabwicklung konnte so organisiert werden, dass der bestehende Barockgarten nicht geschädigt wurde. Für den weiter laufenden Museumsbetrieb wurden die Behinderungen minimiert.

Da die Gräfte relativ starken Wasserstandsschwankungen ausgesetzt ist, gilt es nun noch Erfahrungen über die Lebensdauer der unbehandelten Eichenbohlen zu sammeln. Dank der reparaturfreundlichen Konstruktion wird der Austausch von Bohlen aber problemlos möglich sein.

Übersicht

Fördersumme

120.000,00 €

Förderzeitraum

01.07.2010 - 01.11.2011

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Kulturgüter
Naturschutz