Energieeffiziente Kühlung von Rechenzentren unter Verzicht auf die Verwendung von Klimaanlagen
Projektdurchführung
KOMITEC automation GmbH
Albin-Trommler-Str. 2
08297 Zwönitz
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Entwicklung neuartiger, kältemittelbasierter Wärmetransportsysteme, der GraviTherm AIL, ermöglicht die Wärmeabfuhr aus Serversystemen ohne die Zuhilfenahme klimatisierter Luft. Das Einsparpotential für die zum Betrieb eines Rechenzentrums notwendige Elektroenergie liegt bei bis zu 50%. In einem Großversuch soll nachgewiesen werden, dass die Kühlung eines Rechenzentrums mittels GraviTherm RAIL und eines frei gekühlten Wasserkreislaufs unter den klimatischen Bedingungen Mitteleuropas möglich ist.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst wurden unter Laborbedingungen die Wärmequellen Prozessor und Chipsatz zweier Server mittels GraviTherm RA IL an einen externen Kühlwasserkreislauf angeschlossen. Die Server wurden mit 75mm dickem Styropor eingehaust, um eine möglichst gute Isolation zur Umgebung herzustellen. Die von den unter Volllast laufenden Servern produzierte Wärme wurde mittels der GraviTherm RAIL nach außen transportiert und an den Wasserkreislauf übergeben. Der  Vorversuch ergab, dass die Wärmeabfuhr aus den Servern bei Kühlwassertemperaturen von bis zu 40°C problemlos möglich ist. Um die gewonnenen Erkenntnisse auf Rechenzentren übertragen zu können, wurde in einem Serverraum eine frei gekühlte Versuchsanlage mit 40 Servern und einer Gesamtleistungsaufnahme von ca. 6800 W errichtet. Die CPU und der Chipsatz der Server wurden mittels GraviTherm RAIL direkt an den Kühlwasserkreislauf angekoppelt. Um die an die Luft gehende Restwärme abzuführen wurde ein Luft-Wasser-Wärmeübertrager in Kühlwasserkreislauf eingebunden. Die gesamte Anlage wurde in einem Schrank eingehaust. Der Wasserkreislauf wurde mittels eines extern aufgestellten Luft-Wasser-Wärmeübertragers rückgekühlt. In der Anlage wurden Temperatursensoren vom Typ K verteilt und mit einem Datenlogger Agilent 34970A verbunden. Die CPU- und Chipsatztemperaturen wurden mittels einer Software erfasst. Nach der Fertigstellung der Anlage wurden zunächst Funktionstests durchgeführt, um mögliche Fehlerquellen zu erkennen. Anschließend wurden die Grenzparameter der Anlage ermittelt, unter denen ein Betrieb  mit  freier  Kühlung möglich  ist. Danach wurde das Verhalten der Anlage bei Auftreten von Störungen, wie dem Ausfall der   für   den  Kühlkreislauf   benötigten  Pumpen,   und  dem   Ausfall   der   Ventilatoren untersucht. Den Abschluss bildeten Langzeituntersuchungen des Verhaltens der Anlage.
Ergebnisse und Diskussion
Die Umfangreichen Untersuchungen an der   Versuchsanlage   haben   ergeben,   dass   unter   den   in   Mitteleuropa vorherrschenden  Klimabedingungen  der   Betrieb  eines   Rechenzentrums   ohne   energieintensive  mechanische   Kühlung möglich ist. Die Funktionssicherheit der Anlage steht dabei der einer herkömmlichen Klimatisierung nicht nach. Die Untersuchungen zum Ausfall wichtiger  Systemkomponenten, wie Wasserpumpen und Ventilatoren haben gezeigt, dass die Systemkritischen Temperaturen erst nach mehreren Minuten erreicht werden. Dies beruht darauf, dass die im System vorhandene Wassermenge als Puffer dient und dadurch nur eine langsame Erwärmung stattfindet. Ein plötzlich eintretender kritischer Zustand der Anlage, der einen Einsatz in einem Rechenzentrum unmöglich machen würde, konnte während dieser Untersuchungen nicht herbeigeführt werden.
Die   Untersuchungen   zum   Verhalten  der   Anlage  bei   hochsommerlichen   Temperaturen   wurden   nach   Recherchen   bei verschiedenen   deutschen   Rechenzentrumsbetreibern   bei   einer   Eingangslufttemperatur   von   35°C   am   externen Wärmeübertrager   durchgeführt.   Deutlich  höhere  Temperaturen  über   einen  längeren  Zeitraum   in  Tagesverlauf   werden derzeit   von  den  Rechenzentrumsbetreibern   nicht   erwartet.   Die   Klimatechnik   für   Rechenzentren   wird   nach   unseren Erkenntnissen momentan für den Temperaturbereich bis 35°C Außentemperatur ausgelegt. Der externe Wärmeübertrager wurde über  24 Stunden mit 35°C kalter  Luft rückgekühlt. Dabei ergaben sich eine Vorlauftemperatur von ca. 38°C und eine Rücklauftemperatur von ca.  43°C im  Kühlwasserkreislauf. Die Server  wurden mit 100% Last gefahren. Es  wurden keine Systemkritischen Temperaturen erreicht. Die Grenzwerte an den Prozessoren wurden um ca. 5 K  unterschritten, was eine ausreichende Sicherheit gewährleistet. Im Falle des Überschreitens kritischer Temperaturen an der CPU würde diese sich selbsttätig herunterregeln  und  damit  eine  Beschädigung  vermeiden.  Die  Lufttemperaturen  im  Serverraum  liegen  unter diesen extremen Bedingungen bei ca. 40°C. Dies führt aber zu keiner Beeinträchtigung der Hardware, da erst Temperaturen ab ca.  60°C  zu  einer  verminderten Lebensdauer  führen. Jedoch  wird  die  Arbeit  der  Techniker   in der  durch die  hohen Temperaturen erschwert. Da die Techniker aber für Wartungsarbeiten die Serverräume jeweils nur kurzzeitig betreten sehen Rechenzentrumsbetreiber   keinen  Nachteil   gegenüber   klimatisierten   Serverräumen.   In  vielen  Rechenzentren   wird  zur Vermeidung  von Bränden mit  einer  sauerstoffreduzierten Atmosphäre gearbeitet,  so dass für  das  Betreten der  Anlagen schon Sicherheitsregeln und Zeitbegrenzungen gelten.
Das   Verhalten   der   Anlage   im   Normalbetrieb   wurde   ausführlich  untersucht.   Der   größte   Unterschied  zu  herkömmlich gekühlten Serveranlagen ist  dabei  die Lufttemperatur  in den  Serverräumen,  die abhängig von den Außentemperaturen ansteigt oder  fällt. Im  Winter kann  das Sinken der  Lufttemperatur  im Serverraum  mittels Drosselung der  Ventilatoren der internen und externen Wärmeübertrager verhindert und auf einem vom Betreiber gewünschten Niveau gehalten werden. Die eingesetzte  Rechentechnik  wurde  durch  das  Kühlkonzept   ausreichend  gekühlt,  so  dass  sich  gegenüber  klimatisierten Rechneranlagen keine Nachteile bezüglich Funktionalität und Lebensdauer  ergaben. Die für  die  Kühlung aufzuwendende Energie konnte dauerhaft um ca. 80 % - 90 % gesenkt werden, wenn man davon ausgeht, dass für den Abtransport von 6800 W Wärmeenergie eine Klimaleistung von ebenfalls 6800 W benötigt wird. Die Versuchsanlage benötigte unter voller Auslastung der Rechner und bei einer Außentemperatur von 35°C nur 725 W für die zur Wärmeabfuhr Komponenten.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die   Untersuchungsergebnisse   und   die   funktionierende  Versuchsanlage   wurden   unter   anderem   der   Strato  AG,   den Vorständen der Intergenia AG  und dem Vorstand der  Hetzner online AG  vorgestellt. Neben der Herstellung von Kontakten zu   Webhostern   haben   wir   auch   eine   Informationsveranstaltung   durchgeführt,   zu   der   Rechenzentrumsbetreiber   undServerhersteller   eingeladen  waren.  Unter   anderem  nahmen  an   der   Veranstaltung   Vertreter   von   Fujitsu,   Volkswagen, Infineon, Staatsbetrieb für Sächsische Informatikdienste und dem Sächsischen Staatsministerium des Innern teil.
Fazit
Die Kühlung eines Rechenzentrums mittels GraviTherm  RAIL und eines frei gekühlten Wasserkreislaufs ist möglich. Das Einsparpotential  für   die Gesamtelektroenergieaufnahme  von  bis  zu  50%  gegenüber   eines  mit   Klimaanlagen  gekühlten Rechenzentrums konnte  bestätigt  werden.  Die verwendeten Technologien  sind erprobt,  die Fertigungsprozesse werden beherrscht. Die  Umrüstung bestehender  Rechenzentren auf  diese  Kühltechnologie  ist  auf Grund  des hohen Aufwandes ökonomisch   nicht   sinnvoll.   Jedoch   können   neu   zu   errichtende   Anlagen   ohne   finanziellen   Mehraufwand   mit   dem untersuchten Kühlsystem ausgestattet werden und damit schon ab der Inbetriebnahme ihr Einsparpotential ausspielen.