Projekt 27123/01

Energieeffiziente Kühlung von Rechenzentren unter Verzicht auf die Verwendung von Klimaanlagen

Projektträger

KOMITEC automation GmbH
Albin-Trommler-Str. 2
08297 Zwönitz
Telefon: 037754/143-630

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Entwicklung neuartiger, kältemittelbasierter Wärmetransportsysteme, der GraviTherm AIL, ermöglicht die Wärmeabfuhr aus Serversystemen ohne die Zuhilfenahme klimatisierter Luft. Das Einsparpotential für die zum Betrieb eines Rechenzentrums notwendige Elektroenergie liegt bei bis zu 50%. In einem Großversuch soll nachgewiesen werden, dass die Kühlung eines Rechenzentrums mittels GraviTherm RAIL und eines frei gekühlten Wasserkreislaufs unter den klimatischen Bedingungen Mitteleuropas möglich ist.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst wurden unter Laborbedingungen die Wärmequellen Prozessor und Chipsatz zweier Server mittels GraviTherm RA IL an einen externen Kühlwasserkreislauf angeschlossen. Die Server wurden mit 75mm dickem Styropor eingehaust, um eine möglichst gute Isolation zur Umgebung herzustellen. Die von den unter Volllast laufenden Servern produzierte Wärme wurde mittels der GraviTherm RAIL nach außen transportiert und an den Wasserkreislauf übergeben. Der Vorversuch ergab, dass die Wärmeabfuhr aus den Servern bei Kühlwassertemperaturen von bis zu 40°C problemlos möglich ist. Um die gewonnenen Erkenntnisse auf Rechenzentren übertragen zu können, wurde in einem Serverraum eine frei gekühlte Versuchsanlage mit 40 Servern und einer Gesamtleistungsaufnahme von ca. 6800 W errichtet. Die CPU und der Chipsatz der Server wurden mittels GraviTherm RAIL direkt an den Kühlwasserkreislauf angekoppelt. Um die an die Luft gehende Restwärme abzuführen wurde ein Luft-Wasser-Wärmeübertrager in Kühlwasserkreislauf eingebunden. Die gesamte Anlage wurde in einem Schrank eingehaust. Der Wasserkreislauf wurde mittels eines extern aufgestellten Luft-Wasser-Wärmeübertragers rückgekühlt. In der Anlage wurden Temperatursensoren vom Typ K verteilt und mit einem Datenlogger Agilent 34970A verbunden. Die CPU- und Chipsatztemperaturen wurden mittels einer Software erfasst. Nach der Fertigstellung der Anlage wurden zunächst Funktionstests durchgeführt, um mögliche Fehlerquellen zu erkennen. Anschließend wurden die Grenzparameter der Anlage ermittelt, unter denen ein Betrieb mit freier Kühlung möglich ist. Danach wurde das Verhalten der Anlage bei Auftreten von Störungen, wie dem Ausfall der für den Kühlkreislauf benötigten Pumpen, und dem Ausfall der Ventilatoren untersucht. Den Abschluss bildeten Langzeituntersuchungen des Verhaltens der Anlage.


Ergebnisse und Diskussion

Die Umfangreichen Untersuchungen an der Versuchsanlage haben ergeben, dass unter den in Mitteleuropa vorherrschenden Klimabedingungen der Betrieb eines Rechenzentrums ohne energieintensive mechanische Kühlung möglich ist. Die Funktionssicherheit der Anlage steht dabei der einer herkömmlichen Klimatisierung nicht nach. Die Untersuchungen zum Ausfall wichtiger Systemkomponenten, wie Wasserpumpen und Ventilatoren haben gezeigt, dass die Systemkritischen Temperaturen erst nach mehreren Minuten erreicht werden. Dies beruht darauf, dass die im System vorhandene Wassermenge als Puffer dient und dadurch nur eine langsame Erwärmung stattfindet. Ein plötzlich eintretender kritischer Zustand der Anlage, der einen Einsatz in einem Rechenzentrum unmöglich machen würde, konnte während dieser Untersuchungen nicht herbeigeführt werden.
Die Untersuchungen zum Verhalten der Anlage bei hochsommerlichen Temperaturen wurden nach Recherchen bei verschiedenen deutschen Rechenzentrumsbetreibern bei einer Eingangslufttemperatur von 35°C am externen Wärmeübertrager durchgeführt. Deutlich höhere Temperaturen über einen längeren Zeitraum in Tagesverlauf werden derzeit von den Rechenzentrumsbetreibern nicht erwartet. Die Klimatechnik für Rechenzentren wird nach unseren Erkenntnissen momentan für den Temperaturbereich bis 35°C Außentemperatur ausgelegt. Der externe Wärmeübertrager wurde über 24 Stunden mit 35°C kalter Luft rückgekühlt. Dabei ergaben sich eine Vorlauftemperatur von ca. 38°C und eine Rücklauftemperatur von ca. 43°C im Kühlwasserkreislauf. Die Server wurden mit 100% Last gefahren. Es wurden keine Systemkritischen Temperaturen erreicht. Die Grenzwerte an den Prozessoren wurden um ca. 5 K unterschritten, was eine ausreichende Sicherheit gewährleistet. Im Falle des Überschreitens kritischer Temperaturen an der CPU würde diese sich selbsttätig herunterregeln und damit eine Beschädigung vermeiden. Die Lufttemperaturen im Serverraum liegen unter diesen extremen Bedingungen bei ca. 40°C. Dies führt aber zu keiner Beeinträchtigung der Hardware, da erst Temperaturen ab ca. 60°C zu einer verminderten Lebensdauer führen. Jedoch wird die Arbeit der Techniker in der durch die hohen Temperaturen erschwert. Da die Techniker aber für Wartungsarbeiten die Serverräume jeweils nur kurzzeitig betreten sehen Rechenzentrumsbetreiber keinen Nachteil gegenüber klimatisierten Serverräumen. In vielen Rechenzentren wird zur Vermeidung von Bränden mit einer sauerstoffreduzierten Atmosphäre gearbeitet, so dass für das Betreten der Anlagen schon Sicherheitsregeln und Zeitbegrenzungen gelten.
Das Verhalten der Anlage im Normalbetrieb wurde ausführlich untersucht. Der größte Unterschied zu herkömmlich gekühlten Serveranlagen ist dabei die Lufttemperatur in den Serverräumen, die abhängig von den Außentemperaturen ansteigt oder fällt. Im Winter kann das Sinken der Lufttemperatur im Serverraum mittels Drosselung der Ventilatoren der internen und externen Wärmeübertrager verhindert und auf einem vom Betreiber gewünschten Niveau gehalten werden. Die eingesetzte Rechentechnik wurde durch das Kühlkonzept ausreichend gekühlt, so dass sich gegenüber klimatisierten Rechneranlagen keine Nachteile bezüglich Funktionalität und Lebensdauer ergaben. Die für die Kühlung aufzuwendende Energie konnte dauerhaft um ca. 80 % - 90 % gesenkt werden, wenn man davon ausgeht, dass für den Abtransport von 6800 W Wärmeenergie eine Klimaleistung von ebenfalls 6800 W benötigt wird. Die Versuchsanlage benötigte unter voller Auslastung der Rechner und bei einer Außentemperatur von 35°C nur 725 W für die zur Wärmeabfuhr Komponenten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Untersuchungsergebnisse und die funktionierende Versuchsanlage wurden unter anderem der Strato AG, den Vorständen der Intergenia AG und dem Vorstand der Hetzner online AG vorgestellt. Neben der Herstellung von Kontakten zu Webhostern haben wir auch eine Informationsveranstaltung durchgeführt, zu der Rechenzentrumsbetreiber undServerhersteller eingeladen waren. Unter anderem nahmen an der Veranstaltung Vertreter von Fujitsu, Volkswagen, Infineon, Staatsbetrieb für Sächsische Informatikdienste und dem Sächsischen Staatsministerium des Innern teil.


Fazit

Die Kühlung eines Rechenzentrums mittels GraviTherm RAIL und eines frei gekühlten Wasserkreislaufs ist möglich. Das Einsparpotential für die Gesamtelektroenergieaufnahme von bis zu 50% gegenüber eines mit Klimaanlagen gekühlten Rechenzentrums konnte bestätigt werden. Die verwendeten Technologien sind erprobt, die Fertigungsprozesse werden beherrscht. Die Umrüstung bestehender Rechenzentren auf diese Kühltechnologie ist auf Grund des hohen Aufwandes ökonomisch nicht sinnvoll. Jedoch können neu zu errichtende Anlagen ohne finanziellen Mehraufwand mit dem untersuchten Kühlsystem ausgestattet werden und damit schon ab der Inbetriebnahme ihr Einsparpotential ausspielen.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

01.10.2008 - 01.10.2009

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik