Projekt 24915/01

Modellhafte energetische Sanierungsplanung einer typischen Nachkriegskirche

Projektträger

Kath. Pfarramt Gräfendorf
Kirchstr. 10
97782 Gräfendorf

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Kirchengebäude wurde 1966 errichtet, ist als moderne Kirche zu sehen und verfügt über ca. 300 Sitzplätze. Aus Kostengründen werden an kalten Wintertagen die Gottesdienste in einem Gemeinderaum abgehalten, da die klimatischen Verhältnisse in der Kirche schlecht und die Heizkosten zu hoch sind. Die am weitesten gehenden Überlegungen schlugen den Abbruch der gesamten Kirche und als Ersatz eine neue Kapelle vor. Die Kirchengemeinde will ihre Kirche in der jetzigen Form jedoch behalten und die derzeitigen Probleme lösen:
- Die massiven Wände fungieren als Kältespeicher. In der kalten Jahreszeit ist das Gebäude zu ca.
90% unbeheizt. Die restlichen 10% der Nutzung wird mit hohen Spitzenlasten gegen die dann
ausgekühlten Wände geheizt.
- Die sehr uneffizienten Luftheizung (Luftleistung 12.000 m³/h) hat einen hohen Energieverbrauch,
große Wärmeverluste im Transport und Verstaubungsprobleme bis hin zu Verschwärzung.
- kalte Fallwinde, die die Orgel verstimmt und ein unangenehmes Raumklima abgibt.
- Das Dach ist derzeit mit 2cm Wärmedämmung versehen, die Lichtbänder sind einfach verglast.
- Derzeit wird die Wärme mit einem 200 kW Ölkessel bereitgestellt (Jahresverbrauch ca.
7.000-12.000 Liter, je nach Nutzungsgrad)
Die Kirche soll außen (Wand, Dach, Fenster) gedämmt werden, dadurch kann die Wand verstärkt Wärme speichern. Als Wärmequelle soll weitgehend regenerative, bzw. solare Energie verwendet werden. Die Luftheizung soll durch eine schnell reagierende Kapillarwandheizung ersetzt werden. Über eine Lüftung soll die relative Luftfeuchte im Kirchengebäude beeinflusst werden. Die hohen Energieverbrauchskosten müssen soweit abgesenkt werden, dass Betriebskosten einer Kirche kein Abbruchsargument mehr sind und Kirchengemeinde langfristig den Unterhalt sichern kann. Des weiteren sollen Instandsetzungsintervalle so weit möglich verlängert werden. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung mit ca. 400 m³ Leistung pro Stunde wird zur Luftwechsel- und zur Luftfeuchtigkeitssteuerung eingesetzt.
Fazit: Ziel ist, für die temporäre Nutzung von Versammlungsräumen und Kirchen eine möglichst hohe Einbindung solarer Energien zu entwickeln, die bei zeitweisen Nutzungen durch gespeicherte Energiemengen bereitgestellt werden, mit dem Ziel, interne Wärmegewinne zu nutzen und in Einzelfällen evtl. über Wandheizflächen Kühlleistungen erbringen zu können.
Dies mit bauphysikalisch ausgeglichener Gebäudehülle und Nutzung des Gebäudes als Energiespeicher.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden- Bestand erfassen: Sichtung und Ergänzung der bestehenden Planunterlagen, Erstellung eines
Raumbuchs, Aufzeichnung von Klimadaten
- Rahmenbedingungen festlegen: Berücksichtigung von rechtlichen Belangen: Denkmalschutz,
Brandschutz, Wärmeschutz, Verträglichkeit mit kirchlichen Bauvorschriften, Formulierung von
Zielvorgaben, Verbrauchsreduktion, Regenerative Energien, Reduzierung von Nachfolgekosten.
- Mögliche Einzelmaßnahmen entwickeln: Erarbeitung von Maßnahmen zur Verbesserung der
Gebäudehülle und Gebäudetechnik unter Gewährleistung eines guten Raumklimas bei
reduziertem Energieaufwand.
- Gesamtheitliche Sanierungsstrategie erstellen: Integration der einzelnen Maßnahmen,
Überprüfung der Lösungswege mittels Simulationen und Einbindung neuester technischer
Erkenntnisse unter gezielter Nutzung von Synergieeffekten aus der Verbindung der
Einzelmaßnahmen.
- Planerische Lösung finden: Umsetzung der Ergebnisse in praktikable Lösungen in teilweise
unüblichen Kombinationen einzelner erprobter Techniken.
- Simulation: Dynamische Simulation der Klimasituation mit den gewünschten
Innenraumtemperaturen und Luftfeuchtigkeiten nach Behaglichkeitskriterien und zur
Optimierung der Anlagentechnik.
- Monitoring: Erfassung der Energieverbrauchs- sowie Klimadaten im Innenraum der Kirche an
zwei Meßstellen mittels Datenloggern (Temperatur, Luftfeuchte) vor der Sanierung und
während drei Jahren danach. Gegebenenfalls Optimierung der Regelungstechnik.


Ergebnisse und Diskussion

Durch Reduzierung des Endenergiebedarfes ist vorgesehen, den größten Teil des Wärmebedarfes solar zu decken. Hierbei sollen mehrere Alternativen untersucht werden:
1. Variante: Einbau von Luftkollektoren und wassergeführten Kollektoren in die Dachfläche; Steuerungsprinzip: Bei ca. 8 Kelvin Temperaturerhöhung in den Kollektorflächen werden diese solaren Gewinne in die Wandheizung bzw. über das Lüftungssystem dem Kirchengebäude als Raum- und Baumasse zugeführt. Eine Wärmepumpe mit Kompakterdsonden ergänzt die solaren Gewinne; überschlägige Ermittlungen haben ergeben, dass mit ca. 2kW el. Leistungsaufnahme die Wärmepumpe über Pufferspeicher den Heizbedarf zur Grundtemperierung, aber auch für Gottesdiensttemperaturen leisten kann.
2. Variante: Der Wasserkollektor wird durch eine gekühlte Photovoltaikanlage ersetzt; Die Erdsonden kühlen die PV-Module zur Stromertragssteigerung; die in der Temperatur erhöhten Erdsonden steigern die Wärmepumpeneffizienz. Hier ist zu prüfen, ob die technischen Mehrkosten über das EEG refinanziert werden können. Im besten Falle werden nach einer gewissen Zeit keine Heizkosten notwendig; die Kirche ist gesamt CO2-frei und arbeitet ohne jeglichen Verbrennungsprozess.

Nach bisherigen Erfahrungen steigen die Globalstrahlungswerte ab der dritten Januarwoche so, dass ab diesem Zeitpunkt die Innenraumtemperatur über die Kollektoren um durchschnittlich ein halbes bis ein Grad Kelvin pro Woche ansteigt. Ab Mitte Februar ist eine Zuheizung nicht mehr nötig. Bei erreichen ca. 23°C schaltet das System im Prinzip ab; Der Luftkollektor kann bei hohen sommerlichen Temperaturen zur Nachtkühlung genutzt werden.
Es ist vorgesehen, eine zukunftsweisende Beheizung mit hohem regenerativem Anteil in einer Kirche umzusetzen, die niedrigste Betriebskosten hat und gleichzeitig den Sanierungsaufwand von Innenräumen sehr stark verringert. Desweiteren wird in der gesamten Heizperiode eine angenehme Grundtemperatur und Luftfeuchtigkeit erreicht und hohe Temperaturschwankungen vermieden, sodass die Orgel sich weitaus weniger verstimmt, als bei den üblichen Luftheizungen. Durch das bessere Raumklima werden Kunstwerke geschont und ein Kirchenbesuch durch angenehme Randbedingungen begleitet.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Für dieses Konzept hat die Kirchengemeinde Gräfendorf einen e-on Umweltpreis in Höhe von 20.000 € erhalten. Diese begonnene Öffentlichkeitsarbeit soll durch die Umsetzung weitergeführt werden und durch entsprechende Publikationen, Vorträge und Präsentationen im Bereich energieeffizientes Bauen, rationelle Energieverwendung, Solarnutzung und wirtschaftliche Heizungssysteme vorgestellt werden.


Fazit

Die o.g. vorbildliche Umrüstung einer Nachkriegskirche zu einer zukunftsfähigen Solarkirche ist wegweisend und aus wirtschaftlichen und umweltrelevanten Überlegungen geboten. Die Kirche in Gräfendorf soll dazu als Pilotobjekt dienen und gangbare Wege aufzeigen.

Übersicht

Fördersumme

50.000,00 €

Förderzeitraum

14.07.2006 - 31.12.2011

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik