Projekt 23252/01

Untersuchung des Einsatzes aktiver Tilger zur Verringerung von Schallemissionen an Windkraftanlagen

Projektträger

Fraunhofer Institut Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) Dresden
Nöthnitzer Str. 44
01187 Dresden
Telefon: 0351/4772-332

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei Windkraftanlagen ist das Getriebe eine Hauptschallquelle. Unter ungünstigen Umständen kommt es zur Ausbildung sogenannter tonaler Komponenten. Diese Körperschallanteile, welche sich auch durch eine sorgfältige Auslegung des Gesamtsystems nicht sicher vermeiden lassen, sind unzureichend ge-dämpft und pflanzen sich bis in den Turm fort. Die große Turmoberfläche strahlt den Körperschall an die Umgebung ab. Grenzwerte insbesondere unter Beachtung der immissionsschutzrechtlich vorgeschriebenen sog. Tonzuschläge können dann nicht eingehalten werden. Mit dem Vorhaben soll ein aktiver Schwingungstilger entwickelt werden, welcher die Störschallübertragung vom Getriebe in den Turm verringert. Das System ist so angelegt, dass es in bestehende Anlagen nachgerüstet werden kann. Die Ein-haltung der Immissionsschutzrichtlinien soll durch die Nachrüstung ermöglicht werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Rahmen des Projektes wurde ein Funktionsmuster eines aktiven Tilger zur Unterdrückung tonaler Komponenten auf Basis von Piezostapelaktoren entwickelt. Zur Spezifikation der Anforderungen an solch ein System wurde von der REpower Systems AG eine Anlage mit Tonhaltigkeit für Messungen zur Verfügung gestellt. Für diese Anlage wurde anhand von Schallemissionsmessungen der Ist-Zustand ermittelt. Ergänzend dazu erfolgten zur Charakterisierung der Übertragungspfade Schwingungs- und Körperschallmessungen am Maschinensatz (SBI). Anhand dieser Messungen und eines FE-Modelles erfolgte die Auslegung des aktiven Tilgers (IWU und ESM). Alternativ dazu wurde das Konzept eines adaptiven Tilgers geprüft. Mit dem ersten Meilenstein am Ende des ersten Projektjahres wurden die Erfolgsaussichten eines aktiven Tilgeransatzes als erfolgversprechend bewertet. Die Ergebnisse sind in einem Zwischenbericht dargestellt. Im zweiten Projektjahr wurde ein Funktionsmuster des Tilgers mit einem ange-passten Regelungskonzept realisiert (IWU). Zusätzlich wurde ein Laborversuchsstand zum Test des Funktionsmusters im Originalmaßstab aufgebaut. Die Erprobung des Funktionsmusters im Laborversuch konnte erfolgreich abgeschlossen werden. (Meilenstein 2). Zusätzlich wurde der aktive Ansatz im Labor-versuch mit passiven Schwingungstilgern der Firma ESM verglichen. Für die Umsetzung der Regelalgorithmen wurde eine Mikrocontrollerbasierte Hardware geschaffen (IBZI).


Ergebnisse und Diskussion

Bei der im Rahmen des Projektes vermessenen Anlage erfolgt die Schwingungsübertragung dominierend über die Momentstützen des Getriebes auf den Maschinenträger. Sowohl auf den Klemmblöcken als auch auf den Momentstützen weisen die dynamischen Wechselkräfte in allen drei Raumrichtungen in der Tonfrequenz ähnliche Größenordnungen auf. Deshalb sind als Einsatzorte für die Funktionsmuster Punkte auf dem Maschinenträger bestimmt worden, wo maximale Schwingamplituden senkrecht zur Struktur auftreten.
Ergänzend wurden anhand von FE- Rechnungen relevante Schwingformen bestimmt, welche für die Ausprägung der tonalen Komponenten im Emissionsspektrum in Frage kommen. Diese wurden mit den Messungen abgeglichen.
Das Funktionsmuster des aktiven Tilgers wurde so ausgelegt, dass es den gesamten Frequenzbereich, in welchem vom Getriebe verursachte tonale Komponenten auftreten können, abdecken kann. Dazu wurde die Tilgermasse modular ausgeführt. Damit auch der untere Frequenzbereich trotz hoher Aktorsteifigkeit abgedeckt werden kann, wurde eine zusätzliche, zu den Aktoren seriell angeordnete Steifigkeit im tragenden Rahmen des Tilger realisiert. Über diese Möglichkeiten erfolgt die grundlegende Frequenzabstimmung des Systems. Insgesamt wurde bei der Auslegung auf eine robuste Realisierung und einfache Montage geachtet. Zur Schwingungsmessung wurden sowohl Beschleunigungssensoren als auch Dehnmessstreifen auf den Piezoaktoren genutzt. Mit beiden Messprinzipien wurden vergleichbare Ergebnisse erzielt.
Für die Umsetzung der verwendeten Regelalgorithmen wurde störsichere Signalverarbeitungselektronik entwickelt. Diese besteht aus einem Eingangsmodul zur Erfassung von Messsignalen, der eigentlichen Signalverarbeitung in Form eines CPU - Moduls mit einem Mikrocontroller und einem Ausgangsmodul zur Ausgabe der Stellsignale an die Leistungsverstärker der Piezoaktoren. Das System ist von einem PC aus programmierbar, so dass Anpassungen und Optimierungen in den Algorithmen vorgenommen werden können.
Zum Funktionsnachweis im Labor wurde ein Versuchsstand realisiert. Dazu wurde ein Stahlfundament auf Federelemente aufgestellt und so abgestimmt, dass eine Eigenfrequenz mit der Frequenz der vermessenen Anlage übereinstimmt. Da der Versuchsaufbau weitere deutliche Resonanzen aufweist, wie es bei technischen Systemen immer der Fall ist, war eine praxisnahe Erprobung möglich. Durch die hohe Masse des Prüfstandes konnte das aktive Tilgersystem im Originalmaßstab untersucht werden.
Für die Inbetriebnahme, für Experimente und den Funktionsnachweis wurde das Stahlfundament über einen elektrodynamischen Schwingerreger zu Schwingungen angeregt. Über auf der Struktur verteilte Beschleunigungssensoren und Schwinggeschwindigkeitssensoren wurde die Wirkung des aktiven Systems vermessen. Eine deutliche Dämpfung der ursprünglichen Resonanz konnte nachgewiesen werden.
Es wurden vergleichende Messungen mit passiven, gedämpften Schwingungstilgern der Firma ESM durchgeführt. Dabei wurde ein Tilger mit einer vergleichbaren Masse und ein weiterer mit der dreifachen Masse eingesetzt. Es konnte gezeigt werde, dass das aktive System eine vergleichbare Wirkung wie ein passives System mit deutlich höherer Tilgermasse entfalten kann.
Mit dem im Rahmen des Projektes entwickelten Funktionsmuster steht ein aktives System zur Unterdrü-ckung tonaler Komponenten in WEA zur Verfügung. Um das System in die Anwendung zu überführen, sind Feldversuche erforderlich.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Ergebnisse aus dem Projekt wurden auf der Wind Turbine Noise 2007, dem Adaptronic Congress 2007 und dem International Symposium on Piezocomposite Applications 2007 vorgestellt. Eine Zeitschriften-veröffentlichung erfolgte im Umweltmagazin März 2008. Der breiten Öffentlichkeit wurde das Projekt auf der Woche der Umwelt 2007 vorgestellt. Zusätzlich wurde über das Projekt im Jahresbericht 2007/2008 des Fraunhofer IWU und im Newsletter der Fraunhofer Allianz Adaptronik berichtet.


Fazit

Im Rahmen des Projektes wurde ein Funktionsmuster zur Unterdrückung tonaler Komponenten entwickelt. Dabei umfasst das System den mechanischen Aktor, die Sensorik sowie eine Elektronik zur Sig-nalverarbeitung, welche die Regelalgorithmen umsetzt. Das System wurde im Laborversuch erprobt und die Funktion nachgewiesen. Dank des aktiven Ansatzes können deutlich geringerer Tilgermassen als bei einem passiven Tilger verwendet werden.
Hauptaufgabe für weiterführende Arbeiten wird der Funktionsnachweis auf einer Windenergieanlage sein. Im Erfolgsfall sollte das System auf weiteren Anlagen, getestet werden, damit das System für die verschiedenen Ausprägungen von Tonalität angepasst werden kann. Die Entwicklung von der Problemstellung angepassten Leistungsverstärkern sollte ebenfalls Inhalt weiterführender Arbeiten sein.

Übersicht

Fördersumme

118.000,00 €

Förderzeitraum

01.01.2006 - 31.03.2008

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik