Projekt 23132/01

Entwicklung alterungs- und immissionsstabilen Leders zur Restaurierung der Goldledertapeten auf Schloss Moritzburg

Projektträger

Schloß Moritzburg
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01468 Moritzburg
Telefon: 035207/873-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ausgangspunkt ist das Fehlen geeigneter alterungsbeständiger Restaurierungsleder auf dem Weltmarkt.
Auf dem Gebiet der Restaurierung von Goldledertapeten soll in einem Modellvorhaben am Beispiel von Schloss Moritzburg das Know-how für den Werkstoff Restaurierungsleder geschaffen werden, welches zum einen den materialtechnischen Anforderungen der Restaurierung gerecht wird und zum anderen der besonderen Umweltsituation der Leder standhält, d.h. langlebige Gebrauchseigenschaften garantiert und somit zur Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der Restaurierungsmaßnahme beiträgt.
Hauptziel für die Umweltentlastung ist die Entwicklung von alternativen, schonenden Herstellungsverfahren für Restaurierungsleder, die den verloren gegangenen traditionellen umweltschonenden Gerbverfahren nahe kommen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn der ersten Etappe werden durch bestimmte Vorgaben der Restauratoren gezielt geeignete Rohmaterialien ausgewählt, Rezepturen und Basistechnologien entwickelt. Die auf dieser Grundlage entstandenen Probeleder unterliegen einer Prüfung der Verarbeitungseigenschaften durch die Restauratoren. Entscheidende Prüfkriterien sind dabei die Weichheit, die Dicke, die Oberflächenstruktur, die Biegesteifigkeit, die Saugfähigkeit, der Fettgehalt, der Einfluss von Schwefel aus den Inhaltsstoffen sowie die Verarbeitbarkeit bei der Verklebung, beim Ausschärfen, bei der Punzierung und Prägung, Möglichkeiten der Versilberung und Feuchtigkeitstests sowie Test der Gerbstoffanteile.
Nach technologischer und ökologischer Optimierung und erneuten restauratorischen Tests werden Aussagen zum mikromechanischen Verhalten der Leder getroffen. Test- und Optimierungsverfahren werden immer mehr spezifiziert bis zur Entwicklung geeigneter Rezepturen und Technologien.
Die so optimierten Kalbsleder werden in der Endphase im Zusammenhang mit der Restaurierung von zwei Probeflächen geprägter Goldledertapeten als Ergänzungsmaterial für fehlende Randbereiche, zur Hinterklebung von Rissen und Löchern zum Einsatz gebracht. Die entwickelten Ziegenleder sind als Restaurierungsmaterial für gepunzte Ledertapeten, analog der originalen Verwendung, vorgesehen.


Ergebnisse und Diskussion

In diesem Projekt konnten wesentliche Schritte zur Lösung des Beschaffungsproblems alterungsbeständigen Leders für die Konservierung und Restaurierung speziell von Goldlederobjekten realisiert und neue Erkenntnisse über die einzuhaltenden Qualitätsparameter und Materialeigenschaften gewonnen werden.
Die im Rahmen des Projektes entwickelten Herstellungstechnologien für rein pflanzlich gegerbte Kalbs- und Ziegenleder sind jederzeit reproduzierbar und erlauben zukünftig die Herstellung geeigneter Ausgangsmaterialien für die Erhaltung der Goldledertapeten nicht nur im Schloss Moritzburg.
Naturgemäß stellen sie einen Kompromiss zwischen dem Ziel einer weitestgehenden Annäherung an die historischen Gerbverfahren der vorindustriellen Epoche und den heutigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Die Nutzung Haar erhaltender Äscher und der Einsatz natürlicher pflanzlicher Gerbstoffe ergab Ledereigenschaften, welche die international geltenden Standards für Restaurierungsleder erfüllen und damit alle bisher für diese Zwecke angebotenen und in verschiedenen anderen Projekten getesteten Materialien übertreffen. Darüber hinaus kristallisierten sich zusätzliche Qualitätsparameter, wie Wechselwirkungen mit tierischen Leimen heraus, die bislang noch nicht in Betracht gezogen worden waren. Gleichzeitig konnten durch die entwickelten Technologien die im Produktionsprozess entstehenden Umweltbelastungen deutlich reduziert und damit ein weiteres Projektziel verwirklicht werden.
Neben den chemischen und physikalischen Untersuchungen widmeten sich umfangreiche Tests auch den Verarbeitungseigenschaften des Leders und seiner Einsetzbarkeit für die praktische Restaurierung in aktuellen Restaurierungsvorhaben an den Moritzburger Goldledertapeten. So konnten die hergestellten Kalbsleder mit Erfolg an einer Tapetenbahn aus dem so genannten Kurfürstenzimmer und an zwei weiteren Karrees einer anderen geprägten Ledertapete eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang wurden auf der Basis der überlieferten historischen Herstellungstechnologien von Goldleder auch die Grundlagen für eine neue Restaurierungsmethode entwickelt, bei der größere Fehlstellen in den originalen Tapeten mit geprägtem Silberleder ergänzt werden können.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die im Rahmen dieses Projektes gewonnenen Forschungsergebnisse wurden bei mehreren Tagungen der internationalen Fachwelt vorgestellt und stießen dort auf sehr großes Interesse.
Durch das Erscheinen einer Pressemitteilung über das Lederprojekt in diversen lokalen Zeitungen im Dresdner und Freiberger Raum und ein internationales Schülerprojekt mit Recherchearbeit ebenfalls zu diesem Thema erfolgten Informationen für eine breite Öffentlichkeit.
Weitere Publikationen sollen folgen, unter anderem ist für Anfang 2009 ein abschließendes Resümee des Forschungsprojektes in der Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung (ZKK) der Wernerschen Verlagsgesellschaft in Vorbereitung.


Fazit

Die gerade hergestellte letzte Charge mit Blattsumach gegerbter Ziegenhäute wartet zurzeit noch auf die abschließenden Untersuchungen und Tests ihrer Einsetzbarkeit für die Erhaltung der punzierten Goldlederbestände in Schloss Moritzburg.
Die gewonnenen Gedankenansätze zu den Ursachen der Schadeinwirkungen von Lederinhaltsstoffen auf die Versilberungen und auf die bei der Lederrestaurierung verwendeten Proteinleime sollen durch vertiefende Untersuchungen überprüft werden und gegebenenfalls Eingang in die noch notwendige weitere Optimierung der Herstellungstechnologien finden.
Aus ledertechnologischer Sicht erscheint die während des Projektes erkannte Sulfidierungsproblematik auch für andere Produktgruppen der Lederindustrie als sehr interessant und praxisrelevant. Hier besteht ein begründeter Bedarf für weitere fachübergreifende Forschungen.
Ein Schwerpunkt zukünftiger Aktivitäten sollte in der Verbesserung der derzeit noch sehr ungenügenden Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Rohhäute aus heimischer Produktion sowie pflanzlicher Gerbstoffe liegen. Sinnvoll wäre eine enge Vernetzung mit den Herstellern dieser Ausgangsprodukte.
Wünschenswert wäre die unabhängige Beurteilung der hergestellten Leder durch erfahrene Restauratorenkollegen aus anderen Ländern.
Weiterhin zeichnet sich ab, dass die bisher geltenden Prüfkriterien für Restaurierungsleder im Ergebnis dieser Forschungen ergänzt und präzisiert werden müssen. Die während des Projektes gewonnenen Erkenntnisse könnten als Basis für eine zukünftige Qualitätskontrolle solcher Materialien durch unabhängige Prüflabore generell dienen. Bei der Herstellung von Leder für Restaurierungszwecke sollte zur Qualitätssicherung aus jeder produzierten Charge eine Haut auf alle notwendigen Parameter untersucht werden. Für diese Leder könnte ein Zertifikat entwickelt werden, das die Einhaltung der geforderten Werte für den Einsatz als vegetabiles Restaurierungsleder bestätigt.

Übersicht

Fördersumme

56.880,00 €

Förderzeitraum

02.01.2006 - 31.10.2008

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Umweltforschung