Projekt 22380/01

Vom Computer zur Natur – Umweltbildung mit Simulationsmodellen

ProjekttrÀger

Helmholtz-Zentrum fĂŒr Umweltforschung GmbH - UFZ
Permoserstr. 15
04318 Leipzig
Telefon: (03 41) 2 35-20 03

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Anliegen des Projekts war es, Forschungsarbeiten zur BiodiversitĂ€t in Form von interaktiver Bildungssoftware fĂŒr SchĂŒler der Mittel - und Oberstufe verfĂŒgbar zu machen. Dieses Ziel entspricht der Konvention von Rio de Janeiro aus dem Jahre 1992, nach der das öffentliche Bewusstsein fĂŒr die Problematik der biologischen Vielfalt entwickelt und verstĂ€rkt werden soll. In Anlehnung an die EU-Projekte ALARM und MacMan war der Fokus vor allem auf den RĂŒckgang der BestĂ€uber und die dramatische Bedrohung von LebensrĂ€umen fĂŒr Amphibien gerichtet. Simulationsmodelle sollten zu innovativen und interaktiven Lern-Tools entwickelt werden. Die Kooperation mit Umweltbildungszentren sollte das Programm mit An-regungen zum praktischen Naturschutz bereichern und zur Verbreitung der Software beitragen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurde eine Konzeption entwickelt, um SchĂŒlern der Mittel - und Oberstufe Forschungsergebnisse in Form von interaktiver Internet-Software verstĂ€ndlich zu machen. Informationen zu speziellen Aspekten der biologischen Vielfalt und der BiodiversitĂ€tsforschung, der ökologischen Modellierung und des Naturschutzes wurden zusammengestellt; in C++ erstellte Computermodelle wurden modifiziert, durch neue DatensĂ€tze der Uni Halle ergĂ€nzt und in Actionscript ĂŒbertragen. Zur Darstellung in der mit Adobe Flash programmierten Bildungssoftware SINAS wurden die Inhalte nach didaktischen und designerischen Gesichtspunkten bearbeitet. Das komplexe Thema BiodiversitĂ€t wurde am Beispiel von ausgewĂ€hlten Indikatorarten verdeutlicht: die Rote Mauerbiene Osmia rufa und die AmeisenblĂ€ulinge Maculinea reprĂ€sentieren die BestĂ€uber, wĂ€hrend der Laubfrosch Hyla arborea und die Erdkröte Bufo bufo stellvertretend fĂŒr einheimische Amphibien beschrieben wurden. Individuen-basierte Modelle wurden zu interaktiven Simulationsmodellen weiterentwickelt, wobei die Nutzer-OberflĂ€chen fĂŒr Simulationen gestörter und ungestör-ter Populationen auf verschiedenen Zeitskalen vorgesehen sind. Die Entwicklung des Osmia-rufa - Modells wurde anhand wesentlicher Etappen des Modellierungszyklus wie Ableitung der Regeln und Algorithmen aus Freilanduntersuchungen anschaulich beschrieben. Beispiele aus der Naturschutz-Praxis der Umweltbildungszentren wurden dargestellt, um Anregungen zu individuellem Handeln zu geben. Ein im Rahmen des Projekts gestalteter Wildbienen-Lehrpfad, der bildhaft auf Bedeutung und GefĂ€hrdung der Wildbienen aufmerksam macht, wurde in die Software aufgenommen. Testfragen zu den Indikatorarten und zur Modellierung wurden erarbeitet. Die Bildungssoftware SINAS wurde mit SchĂŒlern, in Seminaren und auf Lehrerfortbildungsveranstaltungen getestet.


Ergebnisse und Diskussion

Ergebnisse des Projekts sind die Bildungssoftware SINAS, NaturschutzaktivitĂ€ten und Lehrerfortbildungen in den Umweltbildungszentren, studentische Staatsexamensarbeiten und wissenschaftliche SchĂŒlerarbeiten. Die Bildungssoftware ist frei im Internet zugĂ€nglich unter www.sinas.ufz.de/sinas. Sie besteht aus fĂŒnf Teilen: In Teil 1 wird anhand von Forschungsergebnissen aus den EU-Projekten ALARM und MacMan gezeigt, dass der RĂŒckgang einzelner Arten eine ganze Kaskade lokaler Aussterbeprozesse bei assoziierten Arten auslösen kann. PrĂ€gnantes Beispiel dafĂŒr sind die BestĂ€uber, denen in SINAS eine zentrale Rolle zukommt. Der drohende RĂŒckgang ungezĂ€hlter Amphibienarten ist ein signifikantes Beispiel fĂŒr die AbhĂ€ngigkeit vieler Arten von der rĂ€umlichen Vernetzung ihrer Teil-LebensrĂ€ume. FĂŒr BestĂ€uber und Amphien wurden daher je zwei Indikatorarten ausgewĂ€hlt. FĂŒr die Rote Mauerbiene Osmia rufa, die AmeisenblĂ€ulinge Maculinea, den Laubfrosch Hyla arborea und die Erdkröte Bufo bufo werden LebensrĂ€ume, Verhalten, Verbreitung, Lebenszyklus, GefĂ€hrdung und Schutz beschrieben. In Teil 2 werden interaktive Simulationen zu den Modellarten angeboten, wobei der Nutzer Szenarien und Startparameter auswĂ€hlen kann. Die Störszenarien verdeutlichen Eingriffe in die LebensrĂ€ume der Tiere durch Wiesenmahd, Straßenverkehr, GewĂ€sserverschmutzung und Zerschneidung der Landschaft. Schutzszenarien simulieren die guten Überlebenschancen der Populationen bei gĂŒnstigen Mahdterminen sowie den rettenden Einfluss von AmphibienzĂ€unen. Am Beispiel einer Wildbiene wird der Einfluss des Mahdter-mins auf den individuellen Fortpflanzungserfolg demonstriert. Auch durch Simulation von GrĂ¶ĂŸe und altersmĂ€ĂŸiger Zusammensetzung der Populationen wĂ€hrend der Fortpflanzungssaison wird das VerstĂ€ndnis fĂŒr die Auswirkungen komplexer UmweltverĂ€nderungen auf die Fitness einzelner Individuen und Lebensdauer von Populationen vertieft. Teil 3 enthĂ€lt die Beschreibung der Modellentwicklung fĂŒr das Osmia-rufa - Modell. Auf der Basis von Freilandbeobachtungen an etwa eintausend Weibchen der Roten Mauerbiene wurden Regeln und Algorithmen abgeleitet. Anhand der Modellergebnisse wird das Zusammenspiel von Umweltbedingungen und inneren Eigenschaften der Population gezeigt. Teil 4 ist Anre-gungen fĂŒr den praktischen Naturschutz von Wildbienen und Amphibien gewidmet. Hier werden die am Projekt beteiligten Umweltbildungszentren vorgestellt und projektrelevante AktivitĂ€ten beschrieben. Teil 5 der Software enthĂ€lt Testfragen zu den beschriebenen Arten und zur Modellbildung.
In den Umweltbildungszentren Benediktbeuern, Halle, Papenburg und Wetzlar wurden Schutzmaßnah-men fĂŒr Wildbienen und Amphibien durchgefĂŒhrt. Die Seminare zur Lehrerfortbildung dienten der Diskussion und Verbreitung der Bildungssoftware SINAS. Ein Wildbienen-Lehrpfad mit acht Tafeln wurde gestaltet und in die Software aufgenommen. In der Abteilung Biodidaktik der Uni Halle entstanden im Rahmen des Projekts zwei Staatsexamensarbeiten. Vier SchĂŒlergruppen des Georg-Cantor-Gymnasiums fĂŒhrten Jahresarbeiten zu Themen des Projekts durch.
Mit der Implementierung der Software in den Schulbereich wurde begonnen. Die EinfĂŒhrung einschließlich der Erstellung einer BegleitbroschĂŒre fĂŒr Lehrer sowie die Evaluierung erfordern einen Zeitraum von ein bis zwei Schuljahren und sollten nach Möglichkeit außerhalb des Projekts weitergefĂŒhrt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und PrĂ€sentation

Im Rahmen des Projekts wurde eine Fachtagung im ZUK der DBU organisiert, die am 20.Juni 2007 stattfand. Das Projekt wurde auf der GfÖ-Tagung 2006, der Woche der Umwelt im Juni 2007, auf der Tagung fĂŒr Umweltpsychologie in Bayreuth im September 2007 und auf der ANU-Bundestagung im November 2007 vorgestellt. Zwei Seminare auf der SchĂŒler-Uni der Humboldt-UniversitĂ€t Berlin im September 2007 waren dem Projekt gewidmet. Es erschienen BeitrĂ€ge in Biologie in unserer Zeit 36, 11; der Mitteldeutschen Zeitung (1.6.07) und der Ems-Zeitung (15.7.06). Lehrerfortbildungsseminare in Papenburg, Wetzlar und Halle wurden organisiert.


Fazit

Die Bildungssoftware SINAS vermittelt Ergebnisse der BiodiversitĂ€tsforschung durch informative Kapitel und den Einsatz von interaktiven Simulationsmodellen. Die Software wurde fĂŒr SchĂŒler der Mittel - und Oberstufe entwickelt und ist frei zugĂ€nglich unter www.sinas.ufz.de/sinas. Dank der Mitarbeit von Umweltbildungszentren fanden Aspekte des praktischen Naturerlebens und Naturschutzes Eingang in das Programm, so dass dem Anliegen Vom Computer zur Natur entsprochen werden konnte. Die Mitarbeit von SchĂŒlern und Studenten ermöglichte es, Ansichten und Anregungen der Zielgruppe wĂ€hrend aller Bearbeitungsstadien zu berĂŒcksichtigen. Die EinfĂŒhrung der Software in den Schulbereich sollte fortgesetzt werden

Übersicht

Fördersumme

98.495,00 €

Förderzeitraum

13.06.2005 - 30.11.2007

Internet

www.ufz.de

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Naturschutz
Umweltkommunikation