Projekt 21849/01

Sicherung eines Vorrangflächennetzes für den Naturschutz durch Kooperation zwischen Regionalplanung, Gewerbe und Naturschutz – Ein Modellprojekt am Beispiel des Südraumes Leipzig

Projektträger

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ Department Naturschutzforschung
Permoserstr. 15
04318 Leipzig
Telefon: 0341/235-2519

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Im Projekt ReNat ging es um die innovative Verknüpfung von zwei Naturschutzthemen:

Naturschutz in anthropogen stark veränderten Landschaften:
Die Bergbaufolgelandschaft im Südraum Leipzig ist ein Beispiel für eine Landschaft, in der sich in der Folge einer nahezu vollständigen anthropogenen Landschaftsüberformung Fragen für die weitere Entwicklung von Natur und Landschaft stellen. Ein Schwerpunkt dabei ist die Vernetzung von verinselten naturschutzfachlich hochwertigen Flächen sowohl untereinander als auch mit der umgebenden gewachsenen Landschaft zur Entwicklung eines Biotopverbunds.

Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen in Flächenpools und durch Flächenagenturen:
Das Instrument Flächenpool wurde bisher nicht in der Tagebaufolgelandschaft erprobt und kam auch in Sachsen bisher nur vereinzelt zur Anwendung. Somit waren die fachlichen und organisatorischen Voraussetzungen für den Aufbau einer Flächenagentur zu schaffen und - soweit bereits möglich - die Agenturtätigkeit in der Praxis zu erproben. Eine Flächenagentur soll als zentraler Ansprechpartner für Investoren durch die Vermittlung von geeigneten Kompensationsflächen einen maßgeblichen Beitrag zum regionalen Biotopverbund und zur Nutzung naturschutzfachlicher Potenziale der Tagebaufolgelandschaft leisten. Um dies zu erreichen, soll ein Flächenpool entwickelt werden, aus dem Vorhabensträgern und Investoren umsetzungsreife Kompensationsmaßnahmen mit Schwerpunkt Biotopverbund in der Tagebaufolgelandschaft und den angrenzenden Flächen vermittelt werden können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Projektbearbeitung erfolgt in zwei Phasen. In der ersten, einjährigen Projektphase erfolgt eine umfassende Klärung der organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen zur Errichtung einer Flächenagentur in der Modellregion Südraum Leipzig. Dieser Arbeitschritt wird vom UFZ, Department Naturschutzforschung, bearbeitet und beinhaltet u. a. eine Analyse der Anforderungen von verschiedenen regionalen Akteuren an das Instrument Flächenagentur, die Zusammenführung und Aufbereitung der für die Modellregion verfügbaren, relevanten Umweltinformationen und die Erarbeitung von konkreten Vorschlägen zur Organisationsform der geplanten Flächenagentur durch Einbindung in bereits existierende regionale Trägerstrukturen. Durch das IÖR wird im ersten Jahr der Bedarf für Kompensationsmaßnahmen ermittelt. Potenzielle Kompensationsflächen werden zusammengestellt sowie auf ihre Verfügbarkeit hin geprüft. Parallel werden die Grundlagen gelegt, um die Einhaltung von Mindeststandards bezüglich Aufwertungsfähigkeit und -bedürftigkeit von Kompensationsflächen in der Bergbaufolgelandschaft und für eine Biotopverbundplanung zu gewährleisten. Von ÖKON werden erste Grundlagen für die Erarbeitung von zielgerichteten Entwicklungs- und Aufwertungsmaßnahmen erarbeitet. Die Ergebnisse werden zum Abschluss dieser ersten Phase auf einem Status-Seminar vorgestellt. Unter Einbeziehung der potenziellen Nutzer einer Flächenagentur, Akteuren aus dem administrativen und ehrenamtlichen Naturschutz sowie Vertretern von anderen Flächenagenturen sollen die bislang erzielten Ergebnisse im Hinblick auf die Erfolgsaussichten für die in der zweiten Projektphase geplanten Umsetzung der Flächenagentur beurteilt werden.
In der anschließenden zweijährigen Projektphase liegt ein Schwerpunkt auf der Gründung der Flächenagentur. Da die in den Zielen dargestellte Erprobung und Etablierung einer Flächenagentur aufgrund landesweiter Bestrebungen zur Flächenagenturgründung mit dem Zeitplan des Antrags nicht zusammengeht, wird der Schwerpunkt am UFZ verstärkt auf die Ableitung von Kompensationsmaßnahmen und Entwicklung von potenziellen Flächenpools gelegt. Für die Etablierung der sich gründenden Flächenagentur in der Modellregion werden potenzielle Nutzer, also Investoren und Gemeinden, bei der Planung von Kompensationsmaßnahmen begleitet.
Die Auswahl prioritärer und aufwertungsbedürftiger Räume für die Entwicklung von Flächenpools erfolgt sowohl unter Anwendung des Verfahrens der multikriteriellen Landschaftsbewertung und -optimierung als auch anhand der Recherche des Handlungsbedarfes beim Biotopverbund. Die Ableitung von Kompensationsmaßnahmen in den ausgewählten Bereichen erfolgt einerseits anhand des Kompensationsbedarfes für den Südraum Leipzig sowie der Aufwertungsfähigkeit von Tagebaufolgeflächen und orientiert sich an den Möglichkeiten und Grenzen des funktionalen und räumlichen Zusammenhangs von Eingriff und Kompensation. Anderseits werden aufbauend auf den Ergebnissen der Biotopverbundplanung für den Südraum Leipzig geeignete Biotopverbundmaßnahmen auf ihre Machbarkeit hin analysiert. Des Weiteren wird die Übertragbarkeit des Flächenpoolkonzeptes auf andere degradierte Lebensräume überprüft.
Des Weiteren erfolgt vom UFZ eine Prüfung, inwieweit auch Vorleistungen im Rahmen eines Ökokontenmodells möglich sind und welche Möglichkeiten für die Sicherung von unrekultivierten Sukzessionsflächen im Rahmen eines Flächenpoolkonzeptes bestehen. Das IÖR sorgt in dieser Phase für eine kontinuierliche Aktualisierung der relevanten Umweltinformationen in einem GIS, einschließlich der Erstellung eines detaillierten Kompensationsflächenkatalogs. Von ÖKON werden für die verfügbaren Kompensationsflächen zielorientierte Entwicklungs- und Aufwertungsmaßnahmen entwickelt, wobei gleichzeitig auch Prioritäten für die Umsetzung festgelegt werden. Ebenso wird ein Verfahren zur Erfolgskontrolle erarbeitet.
Im Rahmen einer engen Kooperation zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen, Regionalplanung, Flächeneigentümern und möglichen Investoren werden modellhaft Vorschläge und Lösungsansätze erprobt, wie die Eingriffsregelung genutzt werden kann, um organisatorische und finanzielle Probleme bei der Aufwertung von biotop- und standortbezogenen Funktionen in Bergbaufolgelandschaften zu lösen. Durch das gezielte Ausnutzen von Synergieeffekten und die Entwicklung umsetzungsfähiger Flächenpools im zeitlichen Vorlauf trägt diese Vorgehensweise außerdem dazu bei, die Planungssicherheit für Investoren zu erhöhen und einen Standortvorteil für die Ansiedlung von Gewerbe in der Region zu schaffen.


Ergebnisse und Diskussion

In die Bilanzierung des potenziellen Kompensationsbedarfs wurden alle Vorhaben einbezogen, die derzeit noch nicht realisiert oder genehmigt sind und für die bereits auf Bauleitplanungsebene flächenkonkrete Nutzungsabsichten bekannt sind. Im Ergebnis dieser Auswertung ist eine Auflistung des Gesamtbedarfes nach Vorhabenstypen für die nächsten 5 - 10 Jahre, ihre funktionsbezogene Bilanzierung und eine Einschätzung zum planexternen Kompensationsbedarf erfolgt.
Es konnte die generelle Eignung von Flächen der Bergbaufolgelandschaft für Kompensationsmaßnahmen nachgewiesen werden, indem das Entwicklungspotenzial für elf Naturhaushalts- und Landschaftsfunktionen in diesen Räumen ermittelt und bewertet wurde.
Neben der aufgeführten Methode zur Recherche von aufwertungsbedürftigen Räumen für die Entwicklung von Flächenpools wurden dem Projektteam von verschiedensten Institution, insbesondere der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt (LaNU) potentielle Flächen angetragen. Für drei unterschiedliche Bereiche des Südraumes wurden Flächenpools entwickelt: Bergbaufolgelandschaft, gewachsene Landschaft und Einzelflächen in der nahen Umgebung zu Schutzgebieten.
Für das Flächenpoolgebiet Witznitz, als Beispiel für ein Gebiet der Bergbaufolgelandschaft, liegt ein umsetzungsfähiges Konzept mit einer detaillierten und abgestimmten Maßnahmenplanung vor. Es erfolgte zeitnah die Abstimmung mit der Agrargenossenschaft Kahnsdorf über Maßnahmetypen und Flächenzuschnitte sowie die Einbringung dieser in das laufende Flurneuordnungsverfahren. Für weitere Gebiete wurden Konzepte entwickelt, deren Abstimmung und Umsetzung bei Bedarf jederzeit beginnen kann. Es wurde eine Checkliste der wichtigsten Arbeitsschritte zur Entwicklung von Kompensationsflächenpools zusammengestellt, die auch für andere Poolgebiete mit Anpassungen an regionale und projektspezifische Gegebenheiten angewendet werden kann. Eine eigene Konzeption zur Erfolgskontrolle von Biotopverbundmaßnahmen in Flächenpools wurde beispielhaft im Rahmen der Ausführungsplanung für das Flächenpoolgebiet Witznitz erarbeitet.
Für das Ziel der Sicherung des Kernbestands naturschutzfachlich hochwertiger Flächen der Bergbaufolgelandschaft vor Veränderungen ist es praktikabel, das diese Flächen durch die LaNU mittels Grunderwerb gesichert werden. Da diese Möglichkeit nicht für alle wertvollen Flächen besteht, wird empfohlen - falls realisierbar - direkt angrenzende Flächen, durch Kompensationsmaßnahmen zu verbessern. Zum einen können negative Auswirkungen angrenzender Nutzungen minimiert werden und zum anderen ein indirekter Schutz vor Nutzungsänderung erzielt werden, indem die angrenzenden aufgewerteten Flächen im Kompensationsflächenkataster gesichert werden.
Während der Projektbearbeitung wurde deutlich, dass das Thema Flächenagentur in Sachsen nicht allein im Südraum Leipzig und durch das Projekt ReNat verfolgt wurde. So wurde im Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) während der Entwicklung zur Sächsischen Ökokonto- Verordnung darüber diskutiert, auf welche Weise die Vermittlung von Maßnahmen in Pools erfolgen soll und ob bzw. welche Vorgaben durch das Land für die Einrichtung einer oder mehrerer Flächenagenturen zu machen seien. Das Projekt-Team war an diesen Diskussionen beteiligt.
Im September 2008 fand die offizielle Gründungsveranstaltung der Sächsischen Landsiedlungs GmbH und der LaNU zur Sächsische Ökoflächen-Agentur (SÖKA) statt. Beide Institutionen waren Kooperationspartner des Projekts, mit denen ein intensiver Austausch stattfand. Das erste vermittlungsreife Gebiet der SÖKA ist der Flächenpool Witznitz.
Das Projekt ReNat diente dem wissenschaftlichen Forschungsprojekt ALIVE als Studienobjekt. Es wurden drei Qualifizierungsarbeiten im Projektverlauf angefertigt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Insgesamt befinden sich zum Ende des Projekts drei Publikationen zu verschiedenen Aspekten in Bearbeitung. Das Projekt wurde auf verschiedenen Veranstaltungen im Herbst 2008 präsentiert und seine Ergebnisse diskutiert, so auf der GfÖ-Jahrestagung, auf einer Tagung des Bundesverbandes der Flächenagenturen (BFAD) und auf der Jahrestagung der AG Bergbaufolgelandschaften. Es fanden mehrere Arbeitskreise statt, auf denen die regionalen Akteure über den Projektstand informiert wurden.


Fazit

Die formulierten Ziele sind größtenteils erreicht worden. Während der Projektlaufzeit hat sich die Sächsische Ökoflächen-Agentur (SÖKA) gegründet, welche - nicht nur im Südraum Leipzig - sondern im gesamten Freistaat Sachsen tätig ist. Das im Projekt erarbeitete umsetzungsfähige Konzept für den Flächenpool Witznitz wurde von der SÖKA als erstes vermittlungsreifes Poolangebot präsentiert. In Zusammenarbeit mit den Trägern der Flächenagentur wurde eine Zusammenstellung der Maßnahmen erarbeitet, die besonders geeignet für die Entwicklung des Biotopverbunds sind. Damit soll der landesweite Aufbau weiterer Flächenpoolangebote für den Biotopverbund befördert werden. Das größte Hemmnis für die Etablierung weiterer Flächenpools während der Projektlaufzeit im Projektgebiet war die Flächenverfügbarkeit. Diese dürfte sich verbessern, wenn durch positive Ergebnisse der Poolmaßnahmen in Witznitz auch weiteren Flächeneigentümern und -nutzern die Vorteile von Flächenpools vermittelt werden können.

Übersicht

Fördersumme

298.849,00 €

Förderzeitraum

15.07.2005 - 30.11.2008

Internet

www.ufz.de

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation