Projekt 20879/01

Klimastabilisierung in temporär genutzten Gebäuden zum Zwecke des Bautenschutzes und zur Verbesserung der Nutzbarkeit

Projektträger

Fachhochschule Potsdam Fachbereich Bauingenieurwesen
Pappelallee 8 - 9
14469 Potsdam
Telefon: 0331/5801010

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Erhalten und Betreiben von nicht oder nicht dauerhaft genutzter Bausubstanz ist eine Aufgabe von volkswirtschaftlicher Dimension. Die Verwertung dieser ökonomischen und ökologischen Ressource erfordert Strategien und Techniken zum dauerhaften Substanzerhalt und zur verbesserten Nutzbarkeit. Ei-nen besonderen Stellenwert besitzt dabei die optimierte Lüftung eines Gebäudes oder Raumes. Während in Wohnbauten diese Steuerungsmöglichkeiten eher gering sind, da hygienische Anforderungen an den Luftwechsel dominieren, bieten sich in temporär genutzten Gebäuden erhebliche Wirkpotentiale. Das Vorhaben dient der Entwicklung und Validierung praxistauglicher Technologien der feuchtegesteuerten Lüftung unter Ausnutzung natürlicher Klimapotentiale. Da bisher verlässliche Grundlagen für Anwender und Planer über das Wirkpotential und die Einsatzmöglichkeiten dieser Technik fehlen, soll durch die Bereitstellung von Referenzdaten und Planungshilfen die Auswahl von geeigneten Verfahren der feuchtegesteuerten Lüftung unterstützt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas bereits vorhandene Fachwissen und fallweise vorliegende Praxiserfahrungen werden hinsichtlich der Anwendungsgebiete und der geeigneten Lüftungstechnologien strukturiert und klassifiziert. Eine Minimalkonfiguration zur feuchteabhängigen Steuerung der Lüftung liegt mit dem Lüftungsindikator LINDI der Fa. HYGROMETRIC vor und wurde in ersten Probefällen eingesetzt. Es handelt sich um eine technisch ausgereifte, jedoch variabel anpassbare Technologie. Die Weiterführung zur Anwendungsreife erfordert den gezielten Einsatz in Referenzstudien und die Auswertung der praktischen Erfahrungen zur Definition von Einsatzprofilen und Einsatzgrenzen. Durch zwei Fallstudien in temporär genutzten Räumen historischer Gebäude - Antikentempel im Park Sanssouci der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Potsdam sowie Gewölbekeller im Museum für Thüringer Volkskunde, Erfurt - werden die zu erzielenden Ef-fekte und die notwendigen Randbedingungen ermittelt. Die Kontrollmessungen dienen darüber hinaus zur Ermittlung von technischen Betriebsdaten und Energieverbrauchswerten. Auf Grundlage konservatori-scher Vorgaben für temporär genutzte Gebäude sowie praktisch ermittelter bauklimatischer Wirkpotentiale werden typische Anwendungsfälle und Grenzkriterien zur Anpassung der Technologie an spezifische Situationen sowie zur Eingliederung in typische Maßnahmekombinationen abgeleitet.


Ergebnisse und Diskussion

Gebrauchstauglichkeit
Die Ergebnisse zur Validierung sowohl des Prinzips der feuchtegesteuerten Zwangslüftung als auch des dazu entwickelten Gerätes LINDI belegen deren Tauglichkeit zur Klimastabilisierung von temporär genutzten Räumen mit Hilfe der Außenluft. Das Beispiel des Antikentempels mit einer über die Monate Mai bis August 2005 durchschnittlichen Absenkung der absoluten Innenraumfeuchte von mehr als 30% nach Einsatz des Lüftungsindikators gegenüber einem Vergleichzeitraum vom Mai bis August 1997 zeigt bei einem Energieverbrauch von 480 kWh die Effektivität dieser Technologie. Die im Bericht anhand von Messergebnissen dargestellte Arbeitsweise des Gerätes stellt überzeugend dar, dass bei einer durch den Lüftungsindikator geführten Zwangslüftung auch kurzzeitig günstige Außenklimabedingungen genutzt werden und damit eine Stabilisierung des Innenraumklimas gewährleistet wird. Die gemessene deutliche Verminderung der Innenraumklimaschwankungen während des Vergleichszeitraumes 2005 gegenüber denen des Vergleichszeitraumes1997 beweist dies eindeutig. Voraussetzung für den hier gezeigten Erfolg ist allerdings, dass der Luftwechsel in entscheidendem Maße durch die Zwangslüftung erfolgt. Daher sind nach unseren Erfahrungen in die Planung der Zwangslüftung unbedingt Kenntnisse über das aktuelle bauklimatische und lüftungstechnische Verhalten des Raumes bzw. Gebäudes einzubeziehen. Zumindest müssen die Dichtheit von Fenstern und Türen beurteilt und Schadensmerkmale, die auf permanente Mauerwerksfeuchte (Feuchtehorizonte und Salzbelastung) hindeuten, erfasst und ggf. hinsichtlich des Wasserdampfeintrages in die Raumluft näher untersucht werden. Volumenstrom und Druckdifferenz des Lüfters müssen so gewählt werden, dass bei abgeschaltetem Lüfter nur etwa 10% Fehllufteinfluss auf die Innenraumluft möglich sind. Nutzerzufriedenheit
Die in beiden Fallstudien dokumentierten messtechnischen Ergebnisse und die gefühlte Veränderung der Raumklimata führten zu einer hohen Akzeptanz der realisierten feuchtegesteuerten Zwangslüftung. Im Antikentempel überzeugten neben der erreichten relativ hohen Absenkung der mittleren absoluten Feuchte insbesondere der dazu notwendige geringe Energieverbrauch der Gesamtanlage. Der Bauherr bat uns darum, die noch provisorisch eingebaute Zwangslüftung als künftig festen Bestandteil des Anti-kentempels unter Beachtung aller denkmalpflegerischen Aspekte zu installieren. Im Keller des Museums für Thüringer Volkskunde, Erfurt führte insbesondere die mit der Kombination von Wandheizung (Sockelleistenheizung) und feuchtegesteuerter Zwangslüftung erreichte mechanische Stabilisierung der Oberflächen des Gewölbes aus Lettenkohlensandstein zu höchster Zufriedenheit. Dieser konservatorische Effekt ist seit nunmehr 9 Jahren, in dem damals in diesem Kellerraum eingerichte-ten Schaudepot für Keramikexponate, dauerhaft zu beobachten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Fachliche Erkenntnisse des Vorhabens konnten in Lehrveranstaltungen der Fachhochschule Potsdam sowie in externe Vorträge und Seminare einfließen. Weiterhin konnten wir im Rahmen von Fachmessen und -tagungen zu konservatorischen Fragestellungen über neue Ergebnisse des Einsatzes des Lüftungsindikators berichten. Ferner werden für die Fachpresse geeignete Veröffentlichungen und Unterlagen für Lehrveranstaltungen vorbereitet.


Fazit

Die erfolgreiche Nutzung des natürlichen Außenklimapotentials zur Veränderung und Stabilisierung des Innenraumklimas temporär genutzter Bauten konnte an zwei sehr unterschiedlichen Beispielen demonstriert werden. Umfangreiche Messungen und Untersuchungen lieferten eindeutige Belege für den erwarteten Erfolg.
Die feuchtegesteuerte Zwangslüftung ist jedoch kein Patentrezept für die Klimatisierung im Allgemeinen sondern besitzt, wie andere Methoden zur Klimastabilisierung auch, vor allem bauphysikalisch bedingte Grenzen. Deshalb müssen für den sachgerechten Einsatz dieser Lüftung bestimmte Mindestkenntnisse zum bauphysikalischen Verhalten des Bauwerkes bzw. Raumes in die Planung der Lüftungstechnik und in die Wahl des Programmes zur Arbeitsweise der Steuerung einfließen. Die Ergebnisse berechtigen zu der Aussage, dass hier eine Lösung mit Modellcharakter geschaffen worden ist.
Um den Lüftungsindikator LINDI in Zukunft auch für den Eigenheimbesitzer attraktiv zu machen, wird für Einsatzfälle mit geringeren messtechnischen Anforderungen eine technisch abgerüstete Einzelplatzlösung und low cost - Variante angeboten. Für stärker frequentierte Räume oder Gebäude wird ein in mehreren Ausbaustufen funktional erweiterter Lüftungsindikator angeboten werden.

Übersicht

Fördersumme

48.000,00 €

Förderzeitraum

05.06.2003 - 05.12.2004

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik