Projekt 18321/01

Praxisorientierte Untersuchungen und Methoden zur Konservierung und modellhaften Restaurierung umweltgeschädigter bemalter Lederobjekte am Beispiel des Lederantependiums der alten Alexanderkirche in Wallenhorst sowie der Ledertapeten in Schloss Jever

Projektträger

Norddeutsches Zentrum für Materialkundevon Kulturgut (ZMK) e. V.c/o Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Scharnhorststr. 1
30175 Hannover
Telefon: 0511/279008-33

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Für Erhaltungsmaßnahmen an umweltgeschädigten gefassten Lederobjekten sollen am Beispiel des Lederantependiums aus der St. Alexander-Kirche in Wallenhorst / Landkreis Osnabrück und von Ledertapeten in Schloss Jever / Landkreis Friesland grundlegende Untersuchungen zur Konservierung und Restaurierung durchgeführt werden. Ziel des Modellvorhabens ist die Entwicklung einer kostensparenden Instandsetzungssystematik für die Behandlung, die Aufbewahrung und Präsentation von umweltgeschädigten historischen Lederobjekten. Um die notwendige Praxisnähe zu erreichen und den Wissenstransfer zu unterstützen, wird die Fachhochschule Hildesheim mit der dortigen Restauratorenausbildung im Verbund mit Forschung und kompetenten mittelständischen Restauratorenbetrieben (Fa. Thönes, Fa. Ochsenfarth) in die Methodenentwicklung und die praktische Durchführung der Maßnahmenkette integriert. VertreterInnen des Lehrkörpers der Fachhochschule Köln werden als ExpertenInnen in das Projekt mit eingebunden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Universität Oldenburg mit dem Fachbereich Physik und das Ingenieurbüro Berling, Braunschweig werden in interdisziplinärer Zusammenarbeit die Schadensursachen durch Klimaschwankungen erarbeiten. Das Lederinstitut Gerberschule Reutlingen u.a. werden auf naturwissenschaftlichen Untersuchungen zum chemischen Ist-Zustand des Leders (Salz-, Säure-, Fettgehalte, Pigment-, Firnismaterialien etc.) weitere Grundlagen für ein Leder-Konservierungskonzept in Schloss Jever schaffen. Neue Wege werden bei der Rahmung und Aufspannung des Lederantependium aus der Alten Kirche St. Alexander in Wallenhorst beschritten. Nach längeren Vorversuchen wird eine neu konzipierte Rahmenkonstruktion, hergestellt durch die Fa. Ochsenfarth, das Antependium halten. Im Kirchenraum (Ausstellungsraum) wird es mit Hilfe von Klimamessungen zur Raumfeuchte, Raumtemperatur und mittels des Langzeitmonitorings überwacht.


Ergebnisse und Diskussion

Im Modellvorhaben sollten langfristig wirksame Konservierungsmethoden entwickelt und ausgetestet, in diesem Zusammenhang positive Umweltbedingungen sowie neuartige Verfahren der schonenden Applikation und Präsentation abgeleitet werden. Wegen des analytisch nachgewiesenen positiven Zustandes der Trägermaterialien (Ledertapeten in Schloss Jever / Ldkr. Friesland, Altarantependium in der Alten Alexanderkirche in Wallenhorst / Ldkr. Osnabrück) durch WOUTERS und PETERSEN mussten einzelne Fragekomplexe (Eignungsprüfung von Pflegemitteln und herkömmlicher Neutralisierungsverfahren) durch notwendige andere ersetzt werden (Dehnungsverhalten von Leder mit historischen und restauratorischen Nähten, Vorort-Einflussfaktoren). - In Jever wurden auf Basis der intensiven Bestands- und Zustandserfassung (THÖNES) und qualifizierter Klimamessungen (BERLING) drei optische Verfahren experimentell eingesetzt: Die Tauglichkeit solcher berührungslos arbeitender Systeme für die denkmal-pflegerische Praxis konnten HINSCH in situ mit Verformungsmessungen durch digitale Bildkorrelation und Laservibrometer, HINRICHS mit Laserspecklekorrelation in der Klimakammer belegen. Bei systematischer Anwendung könnten sie zur Kontrolle der Wirksamkeit von Restaurierungsmaßnahmen sachdienlich eingesetzt werden. Mit Hilfe der digitalen Bildkorrelation konnten kurzfristig eintretende erhebliche Bewegungen der Tapete durch die Klimaeinflüsse, mit den Vibrometermessungen die mechanische Beanspruchung der Tapete bei plötzlichen Luftdruckschwankungen deutlich erfasst werden. Die Prüfung von Probekörpern in der Klimakammer mittels Laserspecklebelegte einerseits die hohe Reaktivität auch gealterter Leder auf Feuchteänderungen, andererseits konnten keine Dekorrelationen der Oberflächen festgestellt werden. Die Untersuchungen im Klimaschrank durch MEIER nach hydrolytisch wirkender Hitzealterung (ohne zusätzlich oxidativ wirkende Begasung mit SO2 und NO2) grenzten die Verwendbarkeit von Nahtsystemen auf den Rückstich ein, der dem Leder in seiner natürlichen Ausdehnung folgen kann. Nur angerissen werden konnten Fragen zur objektbezogenen Auswahl geeigneter Materialien und Methoden, z.B. zu Lederersatz, Klebstoffen sowie optimaleren Montagemöglichkeiten (RITTMEIER, ENGEL). Hierzu wären tiefgreifendere Untersuchungen notwendig, die sich im zeitlich und finanziell beschränkten Modellvorhabens nicht durchführen ließen. Die Lattenkonstruktion als historische Aufhängungsmethode hat sich in Jever bewährt. Die Zusammenstellung und Auswertung von in der Restaurierung verwendeten Montagesystemen durch WEIDRINGER belegt allerdings, dass grundsätzlich unter langfristiger zu betrachtenden klimatologischen Aspekten eine Keilrahmenlösung optimaler wirken würde. Große Spannvorrichtungen, die die gesamten Wandflächen überspannen und sich in die vorhandenen Paneele integrieren, sind vorstellbar. In Jever ist eine Beibehaltung des Lattensystems v.a. unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten unabdingbar. Um die Minimierung klimatischer und bauphysikalischer Einflüsse auf die Ledertapeten auszutesten, wurde die Montage in einer Probeachse optimiert. - In Wallenhorst stand die Entwicklung und Durchführung pragmatischer Restaurierungsmaßnahmen (KRUPA) mit Vorbildfunktion für die Denkmalpflege im Zentrum. Hauptkriterien waren die Bestandssicherung, die Vermeidung negativer Nebenwirkungen und eine ausreichende Alterungsbeständigkeit. Eine Teilergänzung mit neuem Leder war für eine bessere optische Präsentation und die liturgische Nutzung notwendig. Die Lederteile wurden je gesondert auf hölzerne Schraubrahmen mit rückwärtigem Schwingschutz aufgezogen. - Kontinuierliche Wartung und ein weiteres Monitoring sind in beiden Fällen notwendig.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

· 16.10.2001 Pressekonferenz Im Schlossmuseum Jever mit Beiträgen in der Lokalpresse
· 21.10.2001 Fernsehbeitrag in N3 (Sendezeit vor 20.00)
· 06.12.2001 Workshop in FH Hildesheim mit Dr. J. Wouters (Brüssel) und Dipl.-Rest. A. Schulze (LDA Dresden). Hinweis im Veranstaltungskalender der AdR. Teilnehmerzahl 37
· 19./20.10.2002 Posterpräsentation mit 8 Schautafeln auf der IADA in Leipzig
· Dezember 2002 Beiträge in Fachzeitschrift Restauro 08/2002 und in Denkmalschutzinformationen des DNK
· 27./28.02.2003 Vortrag auf der Fachtagung der Lederrestauratoren im VDR
· 18./19.10.2003 Präsentation mit Vortrag und Führung in Jever für Ländergruppe Niedersachsen im VDR
· 20./21.11.2003 Vortrag auf Symposium Ledertapeten-Bestände, Erhaltung, Restaurierung auf der Moritzburg (Publikation für 2004 Vorbereitung durch LDA Sachsen und Staatl. Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen)
· 30.06.2004 Posterpräsentation auf VDR-Tagung Mehr als Papier ... in Mannheim
· 2004 Publikation der Projektergebnisse in Restauro (in Vorbereitung)


Fazit

Als wesentliche Anforderung an die Erhaltung von historischen Lederobjekten in Räumen ergibt sich aus den Untersuchungen die Notwendigkeit der strikten Einhaltung einer restauratorischen Bearbeitungssystematik, wie sie im Modellvorhaben im interdisziplinären Verbund realisiert worden ist. Nicht alle Fragen, die sich bei der Erhaltung historischer Lederobjekte mit Fassung stellen, konnten im Modellvorhaben beantwortet werden. Einerseits gab es verschiedene, für Ledertapeten sonst übliche Schadens- und Zerfallsphänomene an den beiden Untersuchungsobjekten in Bezug auf das Trägermaterial nicht in entsprechend gravierender Ausprägung, andererseits war das Projekt in seiner zeitlichen Anlage und finan-ziellen Ausstattung nicht ausreichend, um die überaus komplexen Probleme vertieft zu untersuchen und notwendige Lösungen zu erarbeiten. Es bleiben daher offene Fragen.

Übersicht

Fördersumme

81.039,25 €

Förderzeitraum

02.05.2001 - 31.03.2003

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter