Projekt 18008/01

Vorstudie zur Bewertung von Handlungsoptionen für die ökologische Gestaltung von Seeufern

Projektträger

Institut für Gewässerökologie und Binnenfischereiim Forschungsverbund Berlin e. V.Limnologie von Flusseen
Müggelseedamm 301
12587 Berlin
Telefon: 030/64181-680

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Während in der Vergangenheit die Entlastung der Freiwasserkörper der Seen von Nährstoffen weitgehend gelang, bestehen bei Handlungsoptionen, die der Entwicklung, dem Schutz und einer langfristig wirksamen Renaturierung von Seeufern dienen, noch große Defizite. Bisherige Ansätze betrachten nämlich überwiegend einzelne Aspekte der Seeuferökologie (z.B. Verbauungs- und Nutzungsgrad, Sedimentstabilität, submerse Wasserpflanzen, ausgewählte Ziel-Arten [Rote-Liste-Arten] oder Indikatorarten [Trophie-Indikation]), ohne dass es gelungen wäre, diese Aspekte in einem einheitlichen Bewertungsschema zusammenzuführen. Hier wird ein beträchtlicher Mangel sichtbar, der daraus resultiert, dass die Ökologie der Seen einschließlich ihrer Uferzone bisher vornehmlich unter den Gesichtspunkten der Seeneutrophierung und ihrer Sekundärfolgen betrachtet wurden, während strukturelle Beeinträchtigungen wenig Aufmerksamkeit fanden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden(1) Sichtung der einschlägigen internationalen Literatur unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse aus Ländern der Europäischen Union, insbesondere auch unter der Hinsicht, welche quantitativen Maße Entscheidungen zugrundegelegt werden.
(2) Sichtung der Datenlage (graue Literatur, behördliche Akten, Planungsunterlagen, etc.) im Bereich der Modell-Untersuchungsgebiete der geplanten Hauptstudie (Müggelsee, Bodensee) aus den Sachgebieten Regional- bzw. Entwicklungsplanung, Flächennutzung, Naturschutz, Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Schifffahrt und Fischerei.
(3) Einbeziehung wichtiger Behörden und Verbände, Vorbesprechungen und Erkundung der jeweiligen Interessen- und Bedarfslage, soweit möglich auch Formulierung einvernehmlicher Positionspapiere und Abstimmung der weiteren Vorgehensweise.
(4) Einbeziehung weiterer Projektpartner und Formulierung eines Antrags für das Gesamtvorhaben an die DBU.
(5) Vorstellung und Diskussion des Vorhabens mit Vertretern der o.g. Behörden sowie mit Fachwissenschaftlern anlässlich zweier regionaler Workshops in Berlin und Konstanz.


Ergebnisse und Diskussion

In allen Bundesländern wird derzeit an der Implementierung und Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie gearbeitet, die eine Kontrolle der Stoffeinträge auf Einzugsgebietsebene verlangt. Die Richtlinie verlangt darüber hinaus auch eine Einbeziehung struktureller Beeinträchtigungen, ohne konkrete Maßnahmen vorzuschreiben und ohne die Seeufer direkt ins Visier zu nehmen. Entsprechend den derzeitigen Schwerpunkten bei den Stoffeinträgen in den verschiedenen Bundesländern ist hier eine deutliche regionale Differenzierung festzustellen. Im Westen, besonders an Brennpunkten des touristischen Interesses wie dem Bodensee, zeigt sich auf diesem Gebiet ein großer Problemdruck und es werden die strukturellen Defizite vielerorts als Problem erkannt. Tatsächlich stehen die Behörden vor vielfältigen Entscheidungen, die im Blickfeld divergierender Interessen gefällt werden müssen. Eine Partizipation der Interessensgruppen muss erfolgen, da die Entscheidungen nicht nur auf naturwissenschaftlicher Ebene getroffen werden können, sondern auch gesellschaftliche Belange berücksichtigt werden müssen.
Demgegenüber steht derzeit in den seenreichen östlichen Bundesländern die Lösung dieser strukturellen Probleme noch nicht an. Sie werden von den Behörden auch nicht angegangen, bevor nicht die Eutrophierungsprobleme gelöst sind, zumal die Ausgangslage hier wesentlich positiver ist. Es wird allerdings damit gerechnet, dass in einigen Jahren auch hier ähnliche Strukturprobleme wie im Westen eintreten, wenn die ökonomische Entwicklung weiter vorangeschritten ist.
Die unterschiedliche regionale Interessens- und Bewusstseinslage kam in der unterschiedlichen Beteiligung der Behörden und Verbände an diesem Vorprojekt zum Ausdruck. Der Workshop in Konstanz stieß auf eine breite Resonanz, so dass etwa 70 Teilnehmer aus allen relevanten Zielgruppen anwesend waren. Die Diskussionsbeiträge und Parallelgespräche mit den Betroffenen zeigten ein hohes Problembewusstsein. In Berlin dagegen wurde zwar die Fragebogenaktion unterstützt und in den Parallelgesprä-chen wurde Unterstützung für unser uferbezogenes Projekt zugesichert, für eine Teilnahme am Workshop kam es aber in einigen wichtigen Fällen (Landesamt für Umweltschutz Brandenburg, SENSUT Berlin) nicht, da aktuell andere Probleme als dringender erachtet wurden.
Die Bewertungskriterien für die Seeufergestaltung, die bisher angewandt wurden, sind allerdings wenig transparent und sachbezogen. Es scheint, dass bisher nur landschaftsökologische Kriterien und Kriterien aus dem Wasserbau herangezogen wurden, wobei kein einheitliches Konzept sichtbar wird. Derzeit gibt es kaum gewässerökologischen Kriterien zur Uferstruktur (es gibt nur solche zur Saprobie und zur Trophie). Auch zum Naturschutz gibt es kaum konzeptionelle Beziehungen. In dem wechselhaften Medium Wasser ist es ziemlich gleichgültig, von welchen Arten genau eine Funktion durchgeführt wird. Daher haben sich hier kaum Konzepte zum Naturschutz und zur Biodiversität entwickelt (siehe z.B. Moss, 2000). Hier ist noch wissenschaftlicher Forschungsbedarf anzumelden, der den Zusammenhang zwischen Uferstruktur, Besiedlung und der Funktion der Biozönose prüft. Der unterschiedlichen Ausgangslage entspricht die Praxis der Naturschutz- und Gewässerbehörden, die oft mehr koexistieren als kooperieren, zumal eine so deutliche Linie wie das Seeufer ihren Kompetenzbe-reich trennt. Allerdings haben sich gerade am Bodensee mit der Ausweisung von medienüberschreiten-den großen Naturschutzgebieten engere Kooperationsfelder zwischen Naturschutz und Gewässerökolo-gie ergeben, die durchaus Vorbildfunktion haben.
Als Folgerung ergibt sich, dass auf Seiten der Gewässerökologie praxistaugliche Kriterien zur Bewertung von Strukturen erst zu entwickeln sind. Ansätze aus dem Naturschutz lassen sich nicht übertragen. Bei der Auswertung der Fragebögen und der Gespräche stellte sich heraus, dass von vielen Partnern ein EDV-gestütztes Bewertungsinstrument gewünscht wird.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

2 Kolloquien mit Behördenvertreter (Wasserwirtschaft, Naturschutz, Planung) und Verbänden (Umwelt, Naturschutz, Fischerei, Tourismus). Fragebogenaktion und Gespräche mit Behörden und Verbänden. Eine Publikation ist in Vorbereitung und wird nachgereicht.


Fazit

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausgangslage in Deutschland wird für das durchzuführende Hauptprojekt empfohlen:
· Fokussierung des Hauptprojekts auf den Standort Bodensee, da dort eine breitere Unterstützung gegeben ist und die Ergebnisse des Projekts leichter umgesetzt werden können. Die Projektleitung wird damit auf PD Dr. Wolfgang Ostendorp übergehen.
· Ergänzung des Projekts durch einen Stipendienantrag zur Förderung eines DBU-Stipendiaten am IGB, um in einer interdisziplinären Zusammenarbeit an Brandenburger Gewässer die wissenschaftlichen Grundlagen zwischen Uferstruktur und Besiedlung weiter zu klären.
· Keine formale Verbindung zwischen beiden Projekten, aber eine interne Abstimmung.

Übersicht

Fördersumme

14.049,28 €

Förderzeitraum

01.01.2002 - 01.04.2002

Bundesland

Bundesrepublik Deutschland

Schlagwörter

Bundesrepublik Deutschland
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik