Projekt 17681/01

Nachhaltige Landnutzung im Weißenstädter Becken – Einführung eines integrierten Einzugsgebietsmanagements zum Schutz des Grundwassers und der oberirdischen Gewässer

Projektträger

Universität BayreuthBITÖK Bayreuther Institut fürterrestrische Ökosystemforschung
Universitätsstr. 30
95447 Bayreuth
Telefon: 0921/55-2295

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Projektziel ist die Verringerung der diffusen Nährstoffeinträge in die Gewässer zur Sicherung der Trink- und Badewasserqualität. Das Weißenstädter Becken umfasst das Flusseinzugsgebiet der Eger von der Quelle bis Weißenstadt und hat eine Größe von 32 km². Es wird zu 2/3 forstlich und zu 1/3 landwirt-schaftlich genutzt. In 190 Teichen werden Karpfen und Forellen gehalten. Im Zuge der Flurbereinigung wurden viele Flächen auf moorigen Standorten umgebrochen und drainiert sowie die Gewässerläufe weitgehend begradigt.
Wie auch in anderen strukturschwachen Mittelgebirgsregionen stehen im Projektgebiet Nutzungsansprüche von Land-, Forst- und Teichwirtschaft den Anforderungen von Trinkwassergewinnung, Naturschutz und Fremdenverkehr auf engstem Raum gegenüber. Trotz des 1997 fertiggestellten Kläranlagenanschluss aller Ortsteile war der See noch zu Projektbeginn mit einem Gesamt-P-Gehalt über 50 µg/l als eutroph zu bezeichnen. Dies führte immer wieder zu Algenblüten, wodurch die Sichttiefe im See während der Badesaison häufig unter 0,5 m abfiel und ein erhöhtes Risiko für das Auftreten toxinbildender Cyanobakterien bestand.
Aus dem oberhalb des Sees liegenden, 15 km² großen Wasserschutzgebiet der HEW HofEnergie+Wasser GmbH werden aus 17 Tiefbrunnen bis 2 Mio m³ Trinkwasser pro Jahr entnommen. Trotz eines Ackeranteils im Einzugsgebiet von nur 10 % lag der Nitratgehalt im geförderten Rohmischwasser seit 1995 über dem EU-Richtwert (25 mg/l). Die 1996 begonnene Kooperation mit der Landwirtschaft brachte bei Sickerwasserkontrollen zwar Verbesserungen, der erhoffte Effekt im Trinkwasser war aber bis An-fang 2000 ausgeblieben.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Klärung der Eintragspfade von Phosphor und Stickstoff in das Grundwasser und den Weißenstädter See wurde nach Durchführung eines ergänzenden Messprogramms eine umfassende Datenauswertung und Beurteilung vorgenommen. Darauf aufbauend wurden vereinfachte Prognosemodelle erprobt und für die Internetnutzung der jeweiligen Zielgruppen in der Sprache PHP4 programmiert. Auf der Basis von PostgreSQL (Datenbank) und MapServer (GIS) wurde eine Anwendung zur einfacheren Verwaltung der relevanten Punkt- und Flächendaten im Einzugsgebiet entwickelt.
Die Entscheidungsfindung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen erfolgte multilateral und konsensorientiert in thematischen Arbeitsgruppen. Vorschläge zur Fortführung des Kooperationsmodells und des-sen Anwendung in anderen Einzugsgebieten wurden in einer entsprechenden Machbarkeitsstudie dargelegt.


Ergebnisse und Diskussion

Um die Motivation der Beteiligten, die Beratungsakzeptanz und dadurch auch die Effizienz der zur Ver-fügung stehenden Mittel zu verbessern, wurden im Rahmen des Projekts die Voraussetzungen für ein integriertes Einzugsgebietsmanagement mit den lokalen Akteuren (bottom up) geschaffen.
Durch das Messprogramm konnte belegt werden, dass die zunächst verdächtigten Fischteiche und Drainagen kaum zur Phosphorbelastung des Sees beitragen. Auch die Bodenerosion von Ackerflächen spielt nur eine untergeordnete Rolle. Dagegen wurden vor allem auf wechselfeuchten Standorten unerwartet hohe Phosphorausträge unter Wald nachgewiesen, die u. a. auf die starke Bodenversauerung zurückzuführen sind. Die Hälfte der Gesamt-Phosphorfracht im Jahr 2002 gelangte während Hochwasserereignissen in den See, da eine Überschwemmung der Auenbereiche wegen der Eintiefung der begradigten Gewässerläufe kaum noch stattfindet.
Diesem Problem wurde kurzfristig durch die im Rahmen der gegebenen Besitzverhältnisse mögliche Renaturierung der Seezuläufe mit Sedimentfallen entgegengetreten. Durch die Zusammenarbeit mit dem Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft, dem Bezirksfischereiverband, u. a. im Projekt Biomanipulation konnte zudem eine günstigere Fischartenverteilung und die Ansiedlung von Wasserpflanzen im See erreicht werden. Unverzichtbar ist der weitere Umbau der Fichtenforste in standortgerechte Mischwälder seitens der Forstverwaltung und Privatwaldbesitzer, für die das Projekt entscheidenden Anstoß gab.
Die Stickstoffbilanzierung der landwirtschaftlichen Betriebe zeigte, dass trotz der kooperationsbedingten Erfolge der aus Sicht des Grundwasserschutzes tolerierbare N-Überhang noch häufig überschritten wird. Der bisherige Nitratverlauf im Trinkwasser konnte nur nachvollzogen werden, in dem auch fast 50 Jahre nach der Flurbereinigung noch eine erhöhte Stickstofffreisetzung aus den damals umgebrochenen und drainierten Nutzflächen einkalkuliert wurde. Diese Erkenntnisse führten bei vielen Landwirten zur Bereitschaft, diese Problemflächen zumindest wieder zum mehrjährigen Feldfutterbau zu nutzen.
Durch die prämienunterstützte Optimierung der Ackerbewirtschaftung konnte das Erosionsrisiko und die Nitratauswaschung im Projektverlauf weiter verringert werden. Im Herbst 2004 waren über 60 % der Ackerflächen begrünt, während dieser Anteil 1999 bei nur 40 % lag. Der Nitratgehalt im Rohmischwas-ser der HEW HofEnergie+Wasser GmbH verringerte sich inzwischen wieder auf unter 20 mg/l. Nach Anpassung der Kooperationsvereinbarung mit dem Wasserversorger müssen Landwirte keine Über-schneidungen mit anderen Förderprogrammen mehr befürchten.
Zur Unterstützung der Agrar- und Fischereifachberatung wurden einfache Modelle zur Prognose des Effekts von Nutzungsänderungen auf die Gewässergüte entwickelt. Unter www.wasser-verbindet.de stehen mehrere interaktive Anwendungen für Teichwirte (TeichTest), Landwirte (AckerTest), sowie die Sachbearbeiter der Kommunen, Wasserversorger und Behörden (LandPrognos) zur Verfügung. Die GIS-gestützte Datenbankapplikation WasserAgent ermöglicht den Beteiligten nach entsprechender Authorisierung via Internet gezielten Zugriff auf vorhandene Flächendaten und Fördermöglichkeiten. Alle Werkzeuge können ohne weitere Spezialkenntnisse und Lizenzgebühren in der Beratung genutzt werden.
Besonderer Wert wurde auf eine zielgruppenspezifische Öffentlichkeitsarbeit gelegt. Neben diversen Auftritten in den Medien und an Marktständen wurden zahlreiche Aktionen zum Thema für Kinder, Schüler und Studenten durchgeführt. Mit der Projektzeitung Wasser-verbindet wurden alle Interessierten regelmäßig informiert. Ein Höhepunkt war die zunächst umstrittene Abfischung des Weißenstädter Sees am 18.10.2003, an der über 80 unermüdliche Helfer beteiligt waren. Etwa 5.000 Besucher informierten sich zum Gewässerschutz und ließen sich regionale Spezialitäten schmecken. Zur Freude der Bürger und Gäste wies der See 2004 erstmals wieder deutlich größere Sichttiefen während der Badesaison auf.


Fazit

Mit Wasser-verbindet gelang es, die im Projektgebiet ablaufenden komplexen Prozesse allgemeinverständlich darzustellen und praktikable Abhilfemaßnahmen zu erarbeiten. Als Beitrag zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie soll das erprobte Instrumentarium nun im nächsten Schritt unter diesem Markenzeichen in eine bayerisch-tschechische Kooperation zur Verringerung der in den Eger-Stausee (Údolní nádrž skaIka) gelangenden Nährstofffrachten münden.

Übersicht

Fördersumme

325.671,97 €

Förderzeitraum

01.09.2001 - 30.04.2005

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik