Projekt 13642/01

Schadensanalyse und modellhafte Konservierung ausgewählter Probeflächen des umweltgeschädigten Marmorpalais in Potsdam-Sanssouci (Brandenburg)

Projektträger

Georg-August-Universität GöttingenGeowissenschaftliches Zentrum
Goldschmidtstr. 3
37077 Göttingen
Telefon: 0551/39-7929

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Vorrangiges Projektziel war die Entwicklung von problemangepassten Sanierungsstrategien für die am Marmorpalais in Potsdam geschädigten Bauteile aus Marmor. Grundlage dafür sollte eine detaillierte Materialcharakterisierung sowohl von ausgebauten, langzeitexponierten Originalteilen als auch von bruchfrischen Referenzproben sein.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt war der Zielsetzung entsprechend in zwei Projektstufen gegliedert. Die erste Stufe beinhaltete eine detaillierte Materialcharakterisierung der verbauten Marmortypen und bruchfrischer Referenzproben mittels gefügekundlicher, petrographischer und petrophysikalischer Untersuchungen. Auf Grundlage der so gewonnenen Ergebnisse wurden dann für die zweite Projektstufe die Konservierungsexperimente im Labor und vor Ort materialangepasst ausgerichtet. Die nachfolgend aufgeführten Projektschritte V1-V8 wurden durchgeführt:
V1: Auswertung vorhandener Untersuchungsberichte und Unterlagen über bereits durchgeführte Sanierungen und deren Ergebnisse.
V2: Mineralogische Untersuchungen
-Durchlichtpolarisationsmikroskopie,
-optische Kathodolumineszensmikroskopie,
-Rasterelektronenmikroskopie in Verbindung mit Kathodolumineszenz;
V3: Gefügekundliche Untersuchungen
-Mikrostrukturelle Untersuchungen (Beschreibung des Korn-zu-Korn-Gefüges)
-Texturanalyse mittels Röntgen-, Neutronen- oder Elektronenbeugung,
-Bildanalytische Auswertung zur Quantifizierung von Korngrößen und Formregelungen,
-Untersuchung des Mikrobruchgefüges mittels U-Tisch Mikroskopie.
V4: Petrophysikalische und bruchmechanische Untersuchungen
-Bestimmung von Porositäten, Porenradienverteilungen und Inneren Oberflächen,
-Experimentelle Bestimmung verschiedener richtungsabhängiger Materialkennwerte (P- und S-Wellengeschwindigkeiten, Wärmeausdehnung und -leitfähigkeit, Druck-, Zugfestigkeit).
V5: Modellrechnungen
-Ableitung der Poisson-Verhältnisse (Vp/Vs) zur lithologischen Charakterisierung stofflich unterschiedlich zusammengesetzter Marmortypen,
-Experimentelle Quantifizierung von Rissporositäten durch die druckabhängige Bestimmung der elastischen Eigenschaften (Vp, Vs). Dabei wurde die Kompressionswellengeschwindigkeit an Kugelproben in 100 Richtungen und Drucken bis 200 MPa analysiert, -Modellierung richtungsabhängiger petrophysikalischer Eigenschaften auf der Basis quantifizierter Gesteinsgefüge.
V6: Formulierung der Anforderungen an die Sanierung/Konservierung auf der Grundlage einer in sich schlüssigen Beschreibung des Gesteinszustandes
V7: Auswahl/Entwicklung von Steinkonservierungsverfahren im Labormaßstab
-Versuche mit verschiedenen Reaktionsharzen.
-Einsatz verschiedener Applikationstechniken
V8: Bewertung von steinkonservierenden Maßnahmen durch den Vergleich von bruchfrischen und konservierten bzw. nicht konservierten langzeitexponierten Gesteinsproben.


Ergebnisse und Diskussion

Aufgrund der Ergebnisse ist davon auszugehen, dass die unterschiedlichen Verwitterungsarten von Marmor (z.B. Absandung, Ausbrüche) durch Kombination bestimmter Korngefüge und Texturen spezifisch ausgelöst und gesteuert werden. Da die untersuchten Proben ein weites Spektrum von Gefügekombinationen aufweisen, waren die am Marmorpalais in Potsdam verbauten Marmortypen für die detaillierten Untersuchungen sehr gut geeignet.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die bevorzugte Ausbildung von Risssystemen in Marmor nur in wenigen Fällen makroskopischen Vorzeichnungen (z.B. Foliation) folgt sondern vielmehr durch das Gesteinsmikrogefüge kontrolliert wird. Dies bedeutet das eine makroskopische Schadensanalyse nur in Verbindung mit mikroskopischen Gefügeuntersuchungen zur Klärung der realen Schädigung und der steuernden Prozesse führen kann. Hierbei ist es insbesondere für die Interpretation der Schadensdiagnostik mittels Ultraschall notwendig die durch intrinsische (Texturen) und extrinsische (durch die Verwitterung erzeugte Risssysteme) Eigenschaften erzeugten Anisotropien im Gestein zu kennen. Eine auf dieser Basis erstellte Diagnostik der Schäden stellt eine gute Grundlage für die Entwicklung problem-angepasster Sanierungsstrategien für umweltgeschädigte Kulturgüter aus Marmor dar.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes wurden in verschiedenen Schriftenreihen veröffentlicht.
I Marble as a natural building stone: rock fabric, physical and mechanical properties von S.Siegesmund, T. Weiss, A. Vollbrecht & K. Ullemeyer, Z.dt.Geol. Ges. 150/2: 237-257.
II Microfabric of fresh and weathered marbles: Implications and consequences for the reconstruction of the Marmorpalais Potsdam von T.Weiss, B.Leiss, H. Oppermann und S.Siegesmund, Z. dt Geol. Ges. 150/2 313-332.
III Die Schadensanalyse von Naturwerksteinen mittels Ultraschalldiagnostik: Möglichkeiten und Grenzen von H. Dürrast, S. Siegesmund und M. Prasad Z. dt. Geol. Ges. 150/2 359-374.
IV Control of marble weathering by thermal expansion and rock fabrics von S. SIEGESMUND, T. WEISS & E.K. TSCHEGG, Proceedings of the 9th Int. Conf. on Deterioration and Conservation of Stone, Venice 2000, Elsevier.
V The relationship between deterioration, fabric, velocity and porosity constraint von T.WEISS, S.SIEGESMUND & P.N.J. RASOLOFOSAON, Proceedings of the 9th Int. Conf. on Deterioration and Conservation of Stone, Venice 2000, Elsevier.
VI Deterioration characteristics of columns from the Marmorpalais Potsdam (Germany) by ultrasonic tomography von S.SIEGESMUND, C.PRETZSCHNER, J.RÜDRICH, H.LINDNER, T. WEISS, I. RICHTER, D.RICHTER UND M. WOYDE, Proceedings of the 9th Int. Conf. on Deterioration and Conservation of Stone, Venice 2000, Elsevier.
VII Physical weathering of marbles caused by anisotropic thermal expansion von S. Siegesmund, K. Ullemeyer, T. Weiss & E.K. Tschegg, Int. J. Earth Sci. (2000) 89:170-182.
VIII Deterioration characteristics of marbles from the Marmorpalais Potsdam (Germany): a compilation von J. RUEDRICH, T. WEISS & S. SIEGESMUND, Z. dt. Geol. Ges., in press.
IX Marble columns and their state of weathering: structural evidence and ultrasonic tomography von J. RUEDRICH, S. SIEGESMUND & D. RICHTER, Z. dt. Geol. Ges., in press.
X Schadensanalyse von Architekturteilen am Marmorpalais Potsdam von S. SIEGESMUND, T. WEISS & J. RUEDRICH, Naturstein Ausgabe 5/2001.


Fazit

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass neben der Exposition und den klimatischen Einflüssen vor allem das interne Gefüge die Verwitterung der untersuchten Marmortypen steuert. Die detaillierte Kenntnis der primären Eigenschaften des Gesteins sowie der durch die Verwitterung entwickelten materialspezifischen Schadensphänomene sind sowohl für die Schadensdiagnostik zu berücksichtigen um Fehldeutungen zu vermeiden als auch grundsätzlich notwendig um gesteinsspezifische Sanierungskonzepte zu erarbeiten.

Übersicht

Fördersumme

76.258,67 €

Förderzeitraum

27.01.1999 - 29.08.2001

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik