Projekt 13194/01

Förderschwerpunkt Biotechnologie: ChemBioTec: Entwicklung eines innovativen und umweltfreundlichen Verfahrens zur regio- und stereoselektiven Oxidation von Alkoholen am Beispiel der Produktion von Dihydroxyaceton, D-Glyceraldehyd und L-Glyceraldehyd

Projektträger

evocatal GmbH
Alfred-Nobel-Str. 10
40789 Monheim
Telefon: +49 2173 40994-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des beantragten Projekts ist es, neue Synthesewege für enantiomerenreine Verbindungen durch enzymkatalysierte Oxidations-Reaktionen im technischen Maßstab zu entwickeln. Eine interessante, kostengünstige Ausgangsverbindung ist dabei das Glycerol (GLY), da diese Verbindung beispielsweise ein Abfallprodukt bei der Herstellung von Biodiesel ist. Ein geeignetes enzymatisches Verfahren zur Oxidation von GLY sollte aber auch grundsätzliche Bedeutung für die selektive Oxidation homologer Polyole besitzen, die durch regioselektive Einführung von Keto- oder Aldehyd-Funktionen zu Ketose- oder Aldosezucker oder auch zu Zuckersäuren umgesetzt werden können. Durch die regioselektive enzymatische Oxidation von Polyolen kann man hier auf die Anwendung aufwendiger Schutzgruppen-Chemie verzichten.
Eine Reihe solcher Produkte wird z.Zt. noch durch unvollständige Oxidation mit Gluconobacter-Stämmen gewonnen, beispielsweise 5-Keto-D-Gluconsäure (Weinsäure-Vorstufe), 6-(2-Hydroxyethyl)amino-6-desoxy-L-sorbofuranose, einer Vorstufe von Miglitol (Diabetes-Mittel), L-Sorbose (Ascorbinsäure-Vorstufe), L-Ribulose oder (S)-2-Methylbuttersäure bzw. -ester davon als Aromastoffe. Diese Umsetzungen werden allerdings mit Wildstämmen durchgeführt, rekombinante Gluconobacter-Produktionssysteme sind nicht bekannt. Weitere in der Literatur beschriebene Anwendungen für Produkte, die durch Oxidation zugänglich sind, betreffen die Synthese von (S)-1-Phenyl-1,2-ethandiol, (R)-1,3-Butandiol, (R)-3-Pentyn-2-ol, GA oder D-2-Hydroxypropansäure. Teilweise handelt es sich hierbei um Racematspaltungs-Verfahren, wobei durch Oxidation die unerwünschte Komponente entfernt wird.
Zur Entwicklung von Verfahren entsprechend Abb. 1 müssen eine Reihe von Voraussetzungen erarbeitet werden, wie beispielsweise:
- Neue regio- und stereoselektive Oxidoreduktasen zur Oxidation der Edukte
- Enzymatische Verfahren zur Regenerierung der Coenzyme NAD bzw. NADP
- Quantifizierbare Nachweisverfahren für die Produkte (GC, HPLC)
- Verfahrentechnik der gekoppelten Anwendung von oxidierenden und regenerierenden Enzymen
- Verfahrenstechnik der Oxidation (O2-Versorgung, gfl. Vermeidung der H2O2-Akkumulation
- Aufarbeitung der Produkte aus wässrigen Lösungen
- Öko-Bilanzierung der enzymatischen Verfahren, Vergleich mit konventionellen (chemischen) Verfahren
Entsprechend dieser verschiedenen Anforderungen ist das Projektteam zusammengesetzt aus Chemikern, Biochemikern, Mikrobiologen, Verfahrenstechnikern und Wissenschaftlern einer KMU und einer Großindustrie, um durch aufeinander abgestimmte parallele Bearbeitung eine rasche Realisierung der Projektziele zu erreichen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Rahmen des beantragten Projekts sollen Dehydrogenase-basierte Reaktionen für die Oxidation eingesetzt werden, bevorzugtes Substrat ist Glycerol. Die wesentlichen Arbeitsschritte beinhalten:
- Entwicklung eines Verfahrens zur Oxidation von Glycerol zu Dihydroxyaceton
- Entwicklung eines Verfahrens zur Oxidation von Glycerol zu D- oder L-Glyceraldehyd
- Auswahl einer geeigneten Methode zur Regenerierung von NAD bzw. NADP
- Entwicklung von Ganzzell-Katalysatoren (Designer-Zellen) auf der Basis von E. coli.
Um diese Teilschritte durchzuführen, werden folgende Methoden eingesetzt: Über Screeningverfahren werden neue Glycerol-oxidierende NAD(P)-abhängige Enzyme für das Projekt bereitgestellt, diese werden mit biochemischen Methoden gereinigt (chromatographische Reinigung, SDS-PAGE) und charakterisiert (Aminosäure- und Nucleotid-Sequenzierung). Für die Regenerierung von NAD oder NADP sollen vergleichend 4 verschiedene Methoden eingesetzt werden, die Leistungsfähigkeit wird durch Produktbildung am Gas-Chromatographen bewertet. Darauf basierend werden Ganzzell-Katalysatoren durch Anwendung molekularbiologischer Methoden konstruiert. Diese Designer-Zellen werden ebenfalls bezüglich ihrer Produktbildungsrate charakterisiert, gut geeignete Zellen werden dann für die Ausarbeitung eines technischen Verfahrens eingesetzt. Für die Bewertung eines Up-Scalings werden verschiedene Reaktorkonzepte verglichen, dabei spielen dann auch industrie-relevante Parameter der Ökonomie und der ökologischen Bewertung eine wichtige Rolle.


Ergebnisse und Diskussion

Ziel des beantragten Projekts ist es, umweltschonende enzymkatalysierte Oxidations-Reaktionen zur Entwicklung neuer Synthesewege für enantiomerenreine Verbindungen im technischen Maßstab am Beispiel der Oxidation von GLY auszuarbeiten.
Von GLY ausgehend sind zwei Oxidationsprodukte möglich: Die Oxidation am C 2 führt zu DHA, bei Oxidation einer endständigen OH-Funktion wird GA gebildet. Die Entwicklung einer enzymatischen Methode zur Bildung von DHA ist aus industrieller Sicht weniger attraktiv, es handelt sich hierbei um ein achirales, niedrigpreisiges Produkt, für das bereits Syntheseverfahren im Tonnen-Maßstab bestehen. Da es aber auch ein Ziel dieses Projekts ist, eine Plattformtechnologie für enzymatische Oxidationen aufzubauen, hat diese Reaktion im Rahmen dieses Projekts Bedeutung als Modellreaktion, da es - zumindest für die Reaktion DHA zu GLY - bereits gut beschriebene Enzyme gibt. Diese Bewertung, dass die Bildung von GA im Rahmen dieses Projekts mit deutlich höherer Priorität bearbeitet werden soll als die DHA-Bildung, entspricht im Übrigen auch dem Gutachtervotum des Kickoff-Meetings.
Für die industriell attraktivere Umsetzung von GLY zu GA sind bislang weder enzymatischen Verfahren noch geeignete, gut charakterisierte Enzyme bekannt, so dass vor der eigentlichen verfahrenstechnischen Bearbeitung der Oxidation neue Enzyme isoliert werden mussten. Als hilfreich für dieses Screening hat sich ein Literaturhinweis erwiesen, in dem ein Enzym aus Hypocrea jecorina beschrieben wurde, das GA zu GLY reduziert. Durch Datenbank-Recherchen konnte die zugrunde liegende Sequenz identifiziert werden und diese dann als Grundlage für ein in silico-Screening genutzt werden. Mit dieser Methode konnten in kurzer Zeit mehrere neue GA-umsetzende Enzyme gefunden, kloniert und überexprimiert werden. Neben dem Hypocrea-Enzym stehen damit mittlerweile zwei Enzyme aus Gluconobacter oxidans und eins aus Pseudomonas aeruginosa zur Verfügung. Eine erste Charakterisierung hat gezeigt, dass diese Enzyme durchweg mit deutlich höherer Aktivität GA reduzieren als umgekehrt durch Oxidation GA bilden. Diese sehr ungünstige Gleichgewichtslage ist in einer Produktinhibierung der GlyDHs durch den gebildeten GA begründet. Da dieser Effekt bei allen identifizierten GlyDHs zu erkennen ist, wurden in einem zweiten Versuch Oxidasen als putative Kandidaten zur selektiven Oxidation von GLY genauer untersucht.
Dabei konnten durch ein umfangreiches Anreicherungs-Screening sechs interessante Umweltisolate identifiziert werden. Bei einem ausgewählten besonders aktiven Kandidaten konnte sogar eine Präferenz zur Bildung des L-Enantiomeres nachgewiesen werden.
Die entsprechenden Enzyme sollten mit Hilfe einer cDNA Bank identifiziert werden, bislang gelang es jedoch noch nicht, die Oxidasen zu identifizieren. Die Arbeiten hierzu werden noch nach Beendigung des DBU-Projektes fortgesetzt.
Aufgrund der Tatsache das die Oxidasen noch nicht für die Entwicklung eines technischen Prozesses zur Verfügung stehen, und die GlyDH eine starke Produktinhibierung in der Oxidation von GLY aufweisen musste nach Alternativen zur Produktion von enantiomerenreinem GA gesucht werden. Am vielversprechensten ist, bedingt durch die hohe Aktivität und Selektivität der GlyDHs, eine kinetische Racematspaltung von rac-GA. Dabei konnte die GDH zur Cofaktorregenerierung verwendet werden. Die Racematspaltung konnte durch die Konstruktion eines effektiven Ganzzellkatalysators zu einem technisch anwendbaren Prozess entwickelt werden, der enantiomerenreines L-GA als Produkt liefert.
Damit steht zum Abschluss des DBU-Projektes eine Methode zur enzymatischen Produktion von L-GA zu Verfügung, die gegenüber der chemischen Synthese ökonomisch und ökologisch von Vorteil ist. Am Beispiel dieser Methode konnte parallel eine Methode zur Produktisolation von L-GA entwickelt werden. Dabei wird L-GA durch eine Kationenaustausch-Chromatographie von den restlichen Komponenten des Reaktionsgemisches getrennt. Durch die Verwendung von Wasser mit geringen Mengen (5mM) an Trifluoressigsäure als Lösungsmittel ist dieses Verfahren deutlich umweltfreundlicher als die sonst in der Chemie verwendeten Verfahren zur Produktisolation.
Mit Hilfe beider entwickelten Prozesse gelang es im Rahmen diese DBU-Projektes enantiomerenreines L-GA im Grammmaßstab zu produzieren.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Pressemitteilung der Firma evocatal zum Projektstart im Mai 2007 wurde über den Firmenpresseverteiler an alle relevanten Medien und Interessenvertreter weitergeleitet.

Vorträge
Eggert, Th., Richter, N., Hummel, W., Liese, A., Neumann, M., Wohlgemuth, R (2008) Enantioselective biosynthesis of hydroxyketones catalyzed by novel glycerol dehydrogenases BioPerspectives 2008, Hannover.

Puls, M. (2009) Enantioselective biosynthesis of hydroxyketones catalyzed by novel glycerol dehydrogenases. Biotrans 2009, Bern.

Posterpräsentationen
M. Neumann, N. Richter, W. Hummel, T. Eggert, R. Wohlgemuth, A. Liese. Production of Dihydroxyaceton and Glyceraldehyde in Enzymatic Redoxreactions. International Congress on Biocatalysis (biocat) 2008, Hamburg.

Richter, N., Neumann, M., Liese,A., Wohlgemuth, R., Eggert, T., Hummel, W. (2009). Production of L-Glyceraldehyde by a new NADP-dependent Glycerol Dehydrogenase from Gluconobacter oxydans. Biotrans 2009, Bern.

Patentanmeldungen
Alkoholdehydrogenase aus Gluconobacter oxydans und deren Verwendung
DE 10 2009 007 272 Anmelder: Fa. evocatal GmbH (2009)

Publikationen
Richter, N., Neumann, M., Liese, A., Wohlgemuth, R., Eggert, T., Hummel, W. (2009) Characterisation of a recombinant NADP-dependent glycerol dehydrogenase from Gluconobacter oxydans and its application in the production of L-glyceraldehyde.
ChemBioChem 10, 1888-1896

Richter, N., Neumann, M., Liese, A., Wohlgemuth, R., Eggert, T., Hummel, W. (2009)
Characterization of a whole-cell catalyst co-expressing NADP+-dependent glucose dehydrogenase and NADP+-dependent glycerol dehydrogenase and its application in the synthesis of L glyceraldehyde.
Biotechnol. Bioeng. (zur Veröffentlichung eingereicht)

Neumann, M., Richter, N., Eggert, T., Hummel, W., Wohlgemuth, R., Liese, A. (2010)
Preparative biocatalytic production and isolation of L-Glyceraldehyde.
Org. Proc. Res. Dev. (zur Veröffentlichung eingereicht)


Diplom- und Doktorarbeiten
Anita Blanche Ogolong Mouessoune (2008) Screening, Aufreinigung und biochemische Charakterisierung neuer Glyceroldehydrogenasen. Diplomarbeit, FH Aachen

Richter, Nina (2010) Neue Enzyme zur Synthese chiraler Bausteine (Arbeitstitel), Dissertation, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf


Fazit

Das übergeordnete Projektziel, die Entwicklung eines umweltschonenden enzymkatalysierten Oxidations-Verfahrens zur Entwicklung neuer Synthesewege für enantiomerenreine Verbindungen im technischen Maßstab wurde am Beispiel der C3-verbindung L-Glyceraldehyd (L-GA) vollumfänglich erreicht. Mit Abschluss des DBU-Projektes steht eine Methode zur enzymatischen Produktion von L-GA zu Verfügung, die gegenüber der chemischen Synthese ökonomisch und ökologisch von Vorteil ist. Darüber hinaus wurde eine Methode zur Produktisolation von L-GA entwickelt werden. Dieses Verfahren ist deutlich umweltfreundlicher als die sonst in der Chemie verwendeten Verfahren zur Produktisolation.

Übersicht

Fördersumme

333.890,00 €

Förderzeitraum

01.05.2007 - 31.08.2009

Internet

www.evocatal.com

Bundesland

Hamburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik