Projekt 13119/01

Förderschwerpunkt Biotechnologie: ICBio: Entwicklung eines modellhaften integrierten Bioprozesses zur Produktion natürlicher antimikrobieller Monoterpen-Wirkstoffe am Beispiel der Synthese von R-(+)-Perillasäure mit Pseudomonas putida

Projektträger

DECHEMA-Forschungsinstitut (DFI) Stiftung bürgerlichen Rechts
Theodor-Heuss-Allee 25
60486 Frankfurt
Telefon: 069-7564-422

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Bedarf für natürliche Kosmetikwirk- und zusatzstoffe ist schon heute beträchtlich und wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Er leitet sich zum einen aus dem weltweit zunehmenden Trend des freiwilligen Verzichts auf chemische Konservierungsmittel ab, zum anderen resultiert er aber auch aus umwelt- und gesundheitsrelevanten Richtlinien. Besonders Aspekte des Verbraucherschutzes sind hier die treibende Kraft. Die Zielverbindungen des Forschungsvorhabens, insbesondere die R-(+)- Perillasäure, besitzen aufgrund ihres antibakteriellen und antifungalen Wirkspektrums sowohl in der Natur- und High-Tech-Kosmetik als auch der pharmazeutischen Industrie großes Potenzial als natürliche Konservierungsmittel. Trotz der großen Nachfrage nach alternativen Konservierungsmitteln scheitert eine industrielle Umsetzung mikrobieller Monoterpensäure-Synthesen noch an verfahrenstechnischen Schranken; aktuell existiert kein biotechnologisches Verfahren. Technische Hindernisse sollen mit der geplanten Prozessentwicklung überwunden und die ökonomische Bereitstellung eines den neuen und zukünftigen Anforderungen genügenden Produkts, der R-(+)-Perillasäure, ermöglicht werden. Das Verfahren wird sich auch für andere Terpensäuren eignen und besitzt somit Modellcharakter.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBiologische Basis des Projekts ist die Biokonversion von Limonen zu Perillasäure mit Pseudomonas. Das Projektziel soll durch die Entwicklung eines Terpen-spezifischen Bioprozesses erreicht werden, wobei dem Downstream-Processing besondere Bedeutung zukommt; hinzu kommt die systematische Optimierung diverser Prozessparameter, wie Medienzusammensetzung und Einbindung einer Technik zur in situ Produktentfernung. Begleitet wird die Bioprozessentwicklung, bei der die beiden Projektpartner komple-mentäre Arbeiten ausführen, durch eine gemeinsame ökonomische und ökologische Evaluation des neuen Verfahrens sowie durch Untersuchungen zur Produktqualität (Reinheit, Wirkspektrum) beim beteiligten Unternehmen. Die Forschungsergebnisse eröffnen erstmalig den Transfer einer mikrobiellen Monoterpen-Oxyfunktionalisierung in die industrielle Nutzung. Die neuartige Technologie ermöglicht die Substitution umwelt- und personengefährdender Konservierungsmittel.


Ergebnisse und Diskussion

Zahlreiche antimikrobielle Wirkstoffe weisen ein auf bestimmte Mikroorganismen beschränktes Wirkspektrum auf. Erfreulicherweise zeigte R-Perillasäure deutliche inhibitorische Aktivitäten sowohl gegen gram-positive und gram-negative Bakterien als auch gegen Hefen und Schimmelpilze. Angesichts der extrem niedrigen notwendigen Dosierung (0,1 - 0,2 %) untermauern diese Ergebnisse, dass die Zielverbin-dung aufgrund sehr guter Daten zur antimikrobiellen Wirkung sowohl in der Natur- und High-Tech-Kosmetik als auch der pharmazeutischen Industrie als Konservierungsmittel Verwendung finden wird. Mit P. putida DSM 12264 konnte R-(+)-Limonen effizient zu R-(+)-Perillasäure umgesetzt werden. Durch eine Intensivierung der Precursor- und Nährstoffzufuhr konnte im Fed-batch-Prozess mit wachsenden Zellen eine Produktivität von 27 mmol L-1 d-1 (= 4,5 g L-1 d-1) erreicht werden; 48 h nach dem Animpfzeitpunkt wurden damit mehr als 53 mM Perillasäure (9 g/L) gebildet. Nach 5 d betrug die Produktkonzentration bis zu 65 mM (11 g/L). Mit ruhenden Zellen betrug die Produktivität über einen Zeitraum von einem Tag 31 mmol L-1 d-1 (= 5,2 g L-1 d-1), entsprechend ca. 1,75 g Perillasäure g-1 Biotrockenmasse (BTM). P. putida DSM 12264 konnte im Fed-batch (ohne Limonen) zu hohen Zelldichten kultiviert werden (> 45 g L-1), wodurch eine Zweistufen-Prozessführung (1. Biomassebildung, 2. Biotransformation mit ruhenden Zellen) zu einer interessanten Alternative wird. Für eine weitere Steigerung des Prozesses ist eine in situ Produktabtrennung (ISPR) essentiell, da Wachstum und Perillasäurebildung von P. putida bei höheren Pro-duktkonzentrationen (> 8 g L 1) deutlich inhibiert werden. Erfreulicherweise wurde die als Zielgröße definierte Endkonzentration und Produktivität = 15 g L-1 nach maximal 6 Tagen unter Einsatz einer geeig-neten in situ Produktabtrennungsmethode in Fed-Batch-Reaktor erreicht (14,5 g L-1 nach 5,5 Tagen). Die Herausforderung an den entwickelten Biotransformationsprozess - und der Grund, warum es einen solchen Prozess bisher nicht gab - lag darin, dass sowohl Ausgangsstoffe als auch Produkte giftig sind - auch für die Bakterien, welche die Perillasäure herstellen; der Ausgangsstoff ist zudem auch noch flüchtig. Diese Hindernisse wurden durch die technische Ausgestaltung des entwickelten Bioprozesses überwunden, wie beispielsweise durch sequentielles Limonen-Feeding und in situ Produktabtrennung. Die ökologischen Vorteile des entwickelten Biotransformationsprozesses bestehen insbesondere in einem ressourcenschonenden Umgang mit Reagenzien durch die Etablierung eines hochproduktiven Produktionssystems sowie eines effizienten Downstream-Processing; durch Einsatz der in situ Produktabtrennung wird die Ressourcenproduktivität weiter gesteigert. Letzteres verringert noch einmal den Prozessbedarf an Wasser, Energie und Reaktorvolumen. Das sonst als Abfall betrachtete Limonen ist das primäre Substrat für den hier beschriebenen Bioprozess und wird nun einer stofflichen Wiederverwertung zugeführt. Chemische Herstellungsprozesse, bei Oxidationen üblicherweise unter Einsatz umwelt- und personengefährdender Substanzen, werden vermieden. Das Zielprodukt, die Perillasäure, eröffnet den Ein-stieg in die Substitution konventioneller, z. T. gesundheitsgefährdender Konservierungsmittel durch natürliche Wirkstoffe.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Es sind Publikationen in biotechnologischen Fachzeitschriften in Vorbereitung. Außerdem sollen die Ergebnisse auf Messen sowie Fachtagungen einem breiten Publikum vorgestellt werden.


Fazit

Die Projektpartner rechnen damit, dass auf Basis des vorliegenden Verfahrenskonzepts zur biotechnologischen Herstellung von R-(+)-Perillasäure im Rahmen einer sich anschließenden technischen Transferphase beim Industriepartner der nach eigenem Kenntnisstand vermutlich erste industrielle Bioprozess einer mikrobiellen Oxyfunktionalisierung von Monoterpenen etabliert werden wird. Die von den beteiligten Partner für die Bearbeitung der Fragestellung gewählten Schwerpunkte, die Entwicklung einer Methode zur in situ Produktabtrennung sowie das Downstream-Processing, haben sich als wesentliche Maßnahmen für den Erfolg des Projekts herausgestellt.

Übersicht

Fördersumme

250.000,00 €

Förderzeitraum

01.08.2004 - 31.10.2006

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik