Projekt 09810/01

Studie: Bedingungen ökologischer Innovation im Bauhandwerk

Projektträger

Institut für Internationale Sozialforschung (INFIS)Büro Berlin
Duisburger Str. 17
10707 Berlin
Telefon: 030/8822661

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Trotz vielfältiger Beispiele ist Ökologisches Bauen und (vor allem) Ökologisches Sanieren noch keine Selbstverständlichkeit in der Baupraxis. Absicht des Vorhabens war es deshalb, einen aktiven Beitrag zur breitenwirksamen Umsetzung von nachhaltigem, ökologischem Bauen zu liefern. Ziel des Projektes war es, ökologisches Bauen in der gesamten Akteurskette, bei Architekten/Planern, Handwerkern/Herstellern, Behörden, Verbänden, Investoren, Bauträgern und Bauherren mehrheits- und zukunftsfähig zu machen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt startete mit einer ausführlichen Literaturauswertung. Die Literaturanalyse zeigte:
· einen deutlichen Mangel an Leitbildentwicklung und an Professionalität,
· ein diffuses bis widersprüchliches Verständnis von ökologischem Bauen,
· eine Dominanz technischer Thematisierung ökologischen Bauens,
· ökologisches Bauen als sozialer und als Lernprozess wird ausgeblendet.
Der zweite Arbeitsschritt waren Fallstudien in Freiburg und Bremen. Beispielhaft wurden Bauverlaufs- und Bauorganisationsprozesse analysiert und zwar von der Planung über die Durchführung bis zur Vermarktung. Dabei wurden In zahlreichen Expertengesprächen mit Bauakteuren und durch die Analyse vorhandener Materialien die Organisations-, Entscheidungs- und Bauablaufsprozesse rekonstruiert, um dadurch nicht nur verallgemeinerbare Hinweise über die Hemmnisse ökologischen Bauens zu gewinnen, sondern auch in erster Näherung Anforderungen an den Innovationsprozess ökologisches Bauen.
Der dritte Schritt war die Organisation von Runden Tischen ökologisches Bauen in Freiburg wie in Bremen unter Beteiligung aller Bauakteure. Die Leitfragen waren: welche Faktoren und welche Akteurskonstellationen in der Baupraxis befördern bzw. hemmen nachhaltiges Bauen und Sanieren? Was also ist zu tun? Besonders hinzuweisen ist auf die aktive Zuarbeit durch den bundesweiten Projektbeirat, der Repräsentanten der wichtigsten am Bauen beteiligten Akteursgruppen versammelte.


Ergebnisse und Diskussion

Literaturauswertung, Fallstudien und Diskussionen der verschiedenen Akteursgruppen (von der öffentlichen Verwaltung, den Bauherren, den Architekten, den Handwerkern, etc) auf den Runden Tischen haben deutlich gemacht:
· Noch immer arbeiten die Bauakteure mehr oder minder als Einzelkämpfer: Die Verbände und Kammern halten sich weitgehend zurück.
· Die Praxis ist eher konzeptlos, handgestrickt: Der Mangel an Professionalisierung nachhaltiger Baupraxis ist auffallend.
· Viel an erworbenem Wissen und an Erfahrung aus der Baupraxis bleibt individuell, wird nicht weitergereicht: Wissenstransfer findet kaum statt.
· Das wichtigste Ergebnis all der vielen Diskussionen und Analysen war, dass die Bauakteure die eingetretenen, gewohnten Pfade der bisherigen Baupraxis verlassen müssen, d.h. im einzelnen:
· Ein Konsens über ein Leitbild für ökologisches Bauen und Sanieren kann nur dann herbeigeführt werden, wenn das (bestehende) Bedürfnis, Erfahrungen und Informationen auszutauschen erfüllt wird.
· Eine breitenwirksame Umsetzung ökologischer Baupraxis kann nur dann erreicht werden, wenn ökologisches Bauen als Gemeinschaftsprojekt aller Bauakteure verstanden wird.
· Um ökologisches Bauen breitenwirksam werden zu lassen, müssen die Bauakteure nachhaltiges Bauen als Teamaufgabe begreifen und eine neue Kultur der Bauorganisation umsetzen. Ökologisches Bauen ist ein gemeinsamer Lernprozess und ökologisches Bauen erfordert, dass die Beteiligten bereit sind, Gewohnheiten aufzugeben und neue Rollen zu lernen. Sie müssen einen größeren Planungs- und Koordinationsaufwand leisten und neue, engere Kommunikation und Koordination sichern.
· Architekten und Planer müssen ihre Rolle als Generalist verlassen. Sie müssen bereit sein, die Kompetenz von Handwerk und Bauherrn anzuerkennen, die notwendig engere Kooperation zwischen diesen voranzutreiben und ihre eigene als Planer und zugleich Moderator zu erfüllen.
· Das Handwerk muss bereit sein, aktiv die Rolle des gleichberechtigten, beratenden, mitplanenden, optimierenden Partners zwischen Architekten und Bauherrn zu erfüllen. Das erfordert neben erweiterten technischen insbesondere neue soziale Kompetenzen. Und es erfordert die Bereitschaft zu erweiterter Kooperation zwischen den Betrieben/Branchen des Handwerks.
· Die Verbände und Kammern müssen untereinander zu deutlich mehr Kooperation bereit sein. Sie müssen verbandsübergreifende strategische Ziele entwickeln. Ihre Beratungs- und Informationsleistung für ihre Mitglieder muss sich deutlich mehr auf Organisationsberatung beziehen, auf kooperative Arbeitsformen des Bauprozesses. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung muss sich entsprechend umorientieren.
· Die staatliche, länder- und kommunale Ebene muss ein eindeutiges, einfaches und zugleich flexibles Regelwerk ökologischen Bauens entwickeln, das sich in den Kanon der Regelungen traditioneller Baupraxis widerspruchsfrei einordnet. Dabei sind die unterschiedlichen Planungs- und Verordnungsebenen zu integrieren (Bauleitplanung, Stadt- und Regionalplanung, Energieplanung, Verkehrsplanung etc). Zudem muss sie ihre Steuer- und Subventionspraxis an Zielen nachhaltiger Baupraxis ausrichten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt entsprach durch die Organisation der Runden Tische, durch vielfältige Presseinformation und insbesondere durch die Denkschrift Modern Bauen heißt ökologisch Bauen dem Bedarf an öffentlicher Diskussion über nachhaltiges Bauen und Sanieren. Öffentliche Präsentationen:
- Projektpräsentation z.B. bei den Umweltzentren des Handwerks, auf der Vauban-Tagung in Freiburg im Rahmen der Expo 2000,
- Einschaltung lokaler Presse, Protokolle der Runden Tische im Internet,
- Expertentagung zum Projektabschluss in Osnabrück,
- Denkschrift (über mehrere Adressen) als pdf-Datei im Internet,
- Buchveröffentlichung bei Campus (in Verhandlung),
- nach Projektabschluss erfolgten zahlreiche Einladungen zur Ergebnispräsentation.


Fazit

Das Projekt hat die Debatte über nachhaltiges Bauen und Sanieren erkennbar aufleben lassen (das zeigt sich am besten an dem großen Interesse an der Denkschrift; die erste Auflage mit 2.500 Exemplaren war schnell vergriffen; die zweite Auflage wurde gedruckt). Das Vorhaben hat eine Reihe neuer Projektideen und Kooperationsmöglichkeiten angestoßen, in Bremen und in Freiburg, aber auch im europäischen Rahmen. So soll z.B. untersucht werden, welche Konsequenzen europäische Umweltvorschriften in Zukunft für nachhaltiges Bauen haben; auch sind regionale Ansätze zur Ökologisierung des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebsarbeit in Diskussion (ÖkoValley zwischen Basel und Mannheim).

Übersicht

Fördersumme

322.676,31 €

Förderzeitraum

01.10.1997 - 29.03.2001

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Landnutzung
Umweltkommunikation