Projekt 09719/01

Entwicklung eines innovativen Verfahrens zur Steuerung von SBR-Anlagen zur biologischen Abwasserreinigung dargestellt am Beispiel der Kläranlage für den Nürburgring/Eifel

Projektträger

Ingenieurgesellschaft Dr.-Ing. K. Siekmann +Partner mbH
St. Barbara-Str. 22
56743 Mendig
Telefon: 02652/9398-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Projektes war die Entwicklung einer neuartigen Steuerung für sequentiell betriebene Reaktoren (SBR), die (1) ein Höchstmaß an Prozessstabilität beim Betrieb von SBR-Kläranlagen gewährleistet, (2) Fahrweisen ermöglicht, bei denen die gesetzlichen Ablaufgrenzwerte deutlich unterschritten werden, (3) minimale Betriebskosten der Gesamtanlage erfordert und (4) die ein Höchstmaß an Flexibilität gegenüber veränderten Anforderungen der Abwasserbehandlung (Zulauf) und des Anlagenausbaus (z.B. zusätzliche Reaktoren) erlaubt. Entwicklung und Test des neuen Steuerungskonzeptes sollten auf der Basis (1) eines fundierten Prozessverständnisses aus Versuchsanlagen und (2) einer mathematischen Modellierung aller wesentlichen Teilprozesse mit Hilfe der Methode der dynamischen Simulation erfolgen. Die in dem Förderprojekt zu entwickelnde Steuerung sollte auf der Kläranlage des Nürburgrings implementiert und erprobt werden. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sollten somit einen effektiven Betrieb der Kläranlage des Nürburgrings ermöglichen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt gliederte sich in die Arbeitsphasen:
· Planung der großtechnischen SBR-Anlage unter besonderer Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen an eine flexible Anlagensteuerung (Ingenieurbüro Dr. Siekmann)
· Erstellen eines Programms zur Computersimulation von SBR-Anlagen (TU München, ifak),
· Entwicklung eines neuen leistungsfähigen Steuerungskonzeptes (TU München, ifak),
· Testen des Steuerungskonzeptes mit Hilfe von (a) Laborversuchen, (b) mathematischer Simulation (TU München, ifak),
· Umsetzen des Steuerungskonzeptes für die Kläranlage des Nürburgrings (Dr. Siekmann, TU München, ifak).


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen des Projektes wurden Batchtests und Versuche mit SBR-Laborreaktoren durchgeführt. Durch die Batchtests wurde die Auswirkung längerer Stillstandsphasen unter verschiedenen Milieubedingungen auf die Ammonium-Oxidationsrate untersucht. Durch die Versuche mit den Laborreaktoren wurde die Auswirkung von Stillstandsphasen, der Einfluss der Zyklusgestaltung und die Dauer der Stillstandsphasen auf den gesamten Reinigungsprozess untersucht.
Die Ergebnisse aus den Batchversuchen zeigten, dass Belebtschlamm zur Konservierung der Leistungsfähigkeit der Biozönose nicht unter aeroben Bedingungen gelagert werden sollte, sondern ohne jegliche Belüftung. Dadurch konnten nach mehrtägiger Lagerung ohne Substratzufuhr sehr viel höhere Ammonium-Oxidationsraten erreicht werden als nach einer Lagerung mit Belüftung. Während die Ammonum-Oxidation bei einer Lagerung mit Belüftung bereits nach etwa 25 Tagen vollständig zum Erliegen kam, war dies bei Lagerung ohne Belüftung erst nach etwa 45 Tagen der Fall. Aus den Versuchen mit den SBR-Laborreaktoren ergab sich, dass das Hauptproblem bei einer Wiederinbetriebnahme nach einer längeren Stillstandsphase die Akkumulation von Nitrit war. Bereits nach einer sechstägigen Stillstandsphase konnte nach Wiederinbetriebnahme eine erhöhte Nitritkonzentration im Ablauf festgestellt werden. Nach einer zwölftägigen Stillstandsphase lag bereits ein Großteil des Stickstoffes im Ablauf als Nitrit vor. Auch die Zeitspanne bis zu einer vollständigen Erholung der Biozönose unter Normallast stieg mit zunehmender Dauer der Stillstandsphasen an. Infolge der am Nürburgring vorliegenden Lastsituation mit extrem hohen Ammoniumbelastungen im Zulauf spielte auch die Zyklusgestaltung eine wichtige Rolle hinsichtlich eines stabilen Anlagenbetriebs. In den Laborversuchen wurden zwei unterschiedliche Zyklusprogramme miteinander verglichen. Das eine Programm (Zyklus B) bestand aus einer einzigen Füllphase, in der das gesamte Austauschverhältnis je Zyklus ausgetauscht wurde; anschließend erfolgte eine lange Nitrifikationsphase und eine lange Denitrifikationsphase. Das zweite Programm (Zyklus A) bestand aus mehreren kleinen Füllphasen mit zugehörigen kurzen Nitrifikations- und Denitrifikationsphasen. Es zeigte sich, dass infolge der hohen Stickstoffkonzentrationen und der oben genannten Nitritakkumulation nach längeren Stillstandsphasen, bei Zyklustyp B kein sicherer und stabiler Betrieb aufrecht erhalten werden konnte, da sich kritisch hohe Nitritkonzentrationen aufbauten. Im Weiteren wurde dadurch auch die Denitrifikation gehemmt und es kam zu hohen Nitritkonzentrationen im Ablauf sowie einem Zusammenbruch der Reinigungsleistung. Dagegen konnten sich bei Zyklustyp A keine kritisch hohen Nitritkonzentrationen aufbauen, da der je Zyklus zu eliminierende Stickstoff in mehreren Teilschritten entfernt wurde. Vergleicht man nun die Auswirkungen kurzer Stillstandsphasen (Dauer etwa 8 h) mit langen Stillstandsphasen (Dauer mehrere Tage), so zeigte sich, dass trotz der gleichen mittleren Belastung über einen längeren Zeitraum, die Leistungsfähigkeit der Biozönose durch lange Stillstandsphasen besser konserviert werden konnte als durch kurze. Bei nur kurzen Stillstandsphasen stellten sich niedrigere Reaktionsgeschwindigkeiten ein, da diese kurzen Pausen wie eine Verlängerung der Zyklen wirkten und sich die Biozönose auf ein niedrigeres Lastniveau einstellte.
Diese Ergebnisse aus den Laborversuchen wurden in die Steuerung für die Kläranlage Nürburgring integriert. Dazu wurde das zugrundegelegte Belebtschlammodell ASM1 hinsichtlich der Absterbeprozesse modifiziert. In die Berechnung der Absterberaten der autotrophen und heterotrophen Organismen wurden Reduktionsfaktoren für eine Abbildung des Einflusses anoxischer und anaerober Zustände integ-riert.
Ebenso wurde die Problematik infolge hoher Stickstoffkonzentrationen in die Anlagensteuerung integriert. Lagen erhöhte Stickstoffbelastungen im Zulauf der Anlage vor, erfolgte eine automatische Umschaltung auf einen Zyklus mit mehreren Füllphasen sowie bei einem weiteren Anstieg eine Verringerung des Austauschvolumen je Zyklus. Damit wurde einerseits eine hemmende Wirkung von zu hohen Ammoniumkonzentrationen vermieden und andererseits die Gefahr einer kritischen Akkumulation von Nitrit minimiert. Während der mehrtägigen Stillstandsphasen wurde entsprechend den erzielten Laborergebnisse auf eine Belüftung des Belebtschlammes verzichtet. Dadurch konnte einerseits die Leistungsfähigkeit der Biozönose länger konserviert und andererseits der Energieverbrauch der Anlage minimiert werden.
Die Ergebnisse der Eigenüberwachung aus dem ersten Betriebsjahr der Anlage zeigten, dass das Ziel eines stabilen und sicheren Anlagenbetriebes infolge der lastflexibeln Steuerung voll erreicht wurde.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zur Verbreitung der im Rahmen des Förderprojektes erzielten Ergebnisse wurden die in der folgendenden Zusammenstellung angegebenen Veröffentlichungen und Vorträge durchgeführt:
Alex, J; Arnold, E.; Siekmann, K: Entwicklung einer lastflexiblen SBR-Steuerung für die Kläranlage des Nürburgringes. VDI/ VDE-GMA-Fachtagung Mess- und Regelungstechnik in abwassertechnischen Anlagen - Konzepte, Erfahrungen, Trends, Lagen, 22-23.11.1999. Tagungsband, ISBN-3-18-091516-1.


Fazit

Aus den im Rahmen dieses Projektes erzielten Ergebnissen lässt sich zusammenfassend feststellen, dass das Ziel der Entwicklung einer lastflexiblen Steuerung für die Kläranlage Nürburgring voll und ganz erreicht wurde.

Übersicht

Fördersumme

240.307,18 €

Bundesland

Rheinland-Pfalz

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik