Projekt 09375/01

Aufbau eines zwischenbetrieblichen Stoffverwertungsnetzwerkes im Industriegebiet Heidelberg-Pfaffengrund

Projektträger

Ruprecht-Karls-Universität HeidelbergAlfred Weber-Institut für Sozial- undStaatswissenschaften
Grabengasse 14
69117 Heidelberg
Telefon: 06221/54-

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Während es großen Unternehmen mit ihrer großen Produktionstiefe und Produktionsvielfalt schon heute in hohem Maße gelungen ist, durch betriebsinterne Stoffkreislaufführungen die aktuellen oder potentiellen Kosten abfallwirtschaftlicher Vorgänge deutlich zu senken und dadurch die Wirkungen des neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) weitgehend zu kompensieren, haben kleinere Unternehmen diese Möglichkeiten nur in vergleichsweise bescheidenem Maße. Sie sind dadurch sowohl ökonomisch als auch ökologisch gesehen in einer ungünstigeren Position.
Das Projekt zum Aufbau eines zwischenbetrieblichen Stoffverwertungsnetzwerks im Heidelberger Industriegebiet Pfaffengrund hatte sich zum Ziel gesetzt, einen partiellen Nachteilsausgleich bei der Gestaltung entsorgungswirtschaftlicher Vorgänge für die dort ansässigen KMU dadurch herbeizuführen, daß sie sich in diesem Bereich im räumlichen Rahmen eines Industriestandorts koordinieren und kooperieren.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMit dem Ziel, nicht nur abfallwirtschaftliche Teillösungen zu bilden, sondern dem tatsächlichen Problemlösungsbedarf in diesem Bereich in umfassender Weise gerecht zu werden, wurde versucht, für sämtliche Abfallstoffgruppen und verschiedene Firmengrößen Lösungen zu finden, die den gegenwärtigen im Bereich ökonomisch-ökologischer Effizienz überlegen sind. Dabei bestand das methodische Vorgehen zunächst einmal in einer innerbetrieblichen Datenaufnahme aller Abfallstoffströme nach Abfallart, Abfallmenge und Entsorgungspreiskomponenten, dem sich eine auch von qualitativen Faktoren bestimmte innerbetriebliche Schwachstellenanalyse anschloß. Erst auf der Basis entsprechend eingeleiteter Optimierungsprozesse wurden sodann die Möglichkeiten einer zwischenbetrieblichen Koordinierung eruiert, indem die entsprechenden Daten zunächst gegenüber den Pfaffengrunder Produzenten und sodann in einer stoffspezifisch aggregierten Form auch standortextern gegenüber der Entsorgungswirtschaft kommuniziert wurden. Eine hierauf basierende entsorgungswirtschaftliche Koordination wurde im Rahmen verschiedener Treffen der Pfaffengrunder Akteure zur Umsetzung vorbereitet.


Ergebnisse und Diskussion

Betriebswirtschaftliche Kostenvorteile, Vorteile für die Umwelt sowie die Bereitschaft und der Wille zur überbetrieblichen Kommunikation und Koordination in entsorgungswirtschaftlichen Fragen haben dazu geführt, daß unter den 14 Projektpartnern des produzierenden Gewerbes am Industriestandort Heidelberg-Pfaffengrund folgende zwischenbetriebliche Kooperationsbeziehungen eingeleitet werden konnten:
· Direkte Input-Output-Beziehungen auf der Ebene des Industriestandorts: Ein Netzwerkteilnehmer, der selbst in großem Maße PE (Polyethylen) nachfragt, fand auf der Pfaffengrunder Stoffmengenliste sortenreines PE, erkundigte sich über dessen Herkunft, testete es und kam zu dem Ergebnis, daß er diesen Stoff unter Zwischenschaltung eines einfachen Shreddervorgangs direkt dem Produktionsprozeß zuführen und so den standortexternen PE-Bezug bei gleichzeitigen Kostenvorteilen reduzieren kann. Die Stabilität der Koordinationslösung ist jedoch aufgrund von Problemen mit der Sortenreinheit auf seiten der Abfallquelle noch gefährdet.
· Entsorgungskanalisation über standortinterne Zwischenlager: Aufgrund der Bereitschaft eines Pfaffengrunder Wellpappeherstellers bzw. eines Leuchtstoffröhrenproduzenten, nicht verunreinigte Papierabfälle bzw. alte Leuchtstoffröhren benachbarter Betriebe zu monetär recht günstigen Konditionen anzunehmen, können bereits vorhandene standortinterne Zwischenlagerungsmöglichkeiten und spezielle Entsorgungskanäle auch von anderen Produzenten genutzt werden. Während die Leuchtstoffröhrenlösung für alle Produzenten eine interessante Alternative darstellt, ist die neue Papierlösung insbesondere für kleinere Anfallstellen, die ihr Papier ungepreßt abgeben, attraktiv.
· Ringverkehrssystem zur externen Wiederaufbereitung und Redistribution: Mit dem Ziel einer möglichst hochwertigen Verwertung von Altholz, wurde eine separate Entsorgung von Altpaletten angeregt. Dies erlaubte die Einführung eines Ringverkehrssystems, bei dem ein Altpalettenreparaturbetrieb die Altpalettensammlung am Industriestandort übernimmt und, wenn gewünscht, reparierte Paletten auch vor Ort wieder redistribuieren kann.
· Zwischenbetrieblich koordinierte Abfallentsorgung: Auf der Basis der gemeinschaftlich erzielten Datentransparenz einigten sich die Pfaffengrunder Produzenten nach Ende der Projektlaufzeit im Januar 1998 auf ein koordiniertes Vorgehen bei der Wahl von privatwirtschaftlichen Entsorgern, wobei nicht nur ökonomische sondern im Sinne von gewünschten und nicht gewünschten Verwertungsvorgängen oder Transportentfernungen auch ökologische Faktoren eine deutliche Rolle gespielt haben.
Auf breiter Front konnten so Entsorgungslösungen implementiert werden, die der ehemals vollkommen autonomen unternehmensindividuellen Vorgehensweise im allgemeinen deutlich überlegen sind - und dies bereits ohne daß ihre Realisierung an substanzielle Anlageinvestitionen verknüpft werden mußte.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse dieses Pfaffengrunder Pilotprojekts zur firmenübergreifenden Koordinierung entsorgungswirtschaftlicher Vorgänge am Industriestandort wurde am 26.9.97 im Gesellschaftshaus Pfaffengrund im Rahmen einer ganztägigen Veranstaltung einer interessierten Öffentlichkeit von über 100 Vertretern aus Industrie und Kommune vorgestellt. Darüber hinaus hat Herr Sterr Struktur und Ergebnisse des Pfaffengrundprojektes in vielen verschiedenen Fachvorträgen nicht nur im Rhein-Neckar-Raum, sondern bspw. auch im Rahmen einer Veranstaltung bei der Berufsakademie Vechta vorgestellt. Im Dezember 1997 erschien ein entsprechender Artikel in der Fachzeitschrift Umweltwirtschaftsforum (uwf) und schließlich entstand auch ein insgesamt rund 100 Seiten umfassender Projektabschlußbericht, der im Juli 1998 auch in Buchform unter dem oben genannten Projekttitel erschienen ist und über das IUWA Heidelberg e.V. bezogen werden kann.


Fazit

Die Erfolge des Pilotprojekts im Heidelberger Industriegebiet Pfaffengrund basieren im wesentlichen auf
Skaleneffekten, die durch das virtuelle unternehmensübergreifende Pooling von Abfallstoffen möglich geworden sind, auf Transparenzeffekten, die durch die Herstellung einer standortweiten Informations-transparenz erzielt wurden, aber auch von Privatisierungseffekten, die direkt im Zusammenhang mit dem neuen KrW-/AbfG gesehen werden dürfen. Ökonomische Erfolge waren begleitet von ökologischen oder widersprachen sich zumindest nicht. Und gerade die firmenspezifisch erzielten Kosteneinsparungen von bis zu 50% in 2 Jahren wurden von der Unternehmerschaft allgemein als große Erfolge gewertet.
Die positiven Ergebnisse des Pfaffengrundprojekts haben um so mehr Gewicht, als sie a) in einem Industriegebiet erzielt wurden, das ausschließlich von KMU bestimmt wird und als sich b) die 11 größten Vertreter des produzierenden Gewerbes an seiner Verwirklichung beteiligt haben. Eine besondere Repräsentativität erhalten die Ergebnisse zudem daraus, daß es sich bei den Pfaffengrunder Produzenten im wesentlichen um kleinere und mittelständische Vorprodukthersteller handelt, die im wesentlichen als ökologisch reaktiv handelnd eingestuft werden können. Diese Umstände lassen es als recht wahrscheinlich erscheinen, daß sich entsprechende Erfolge auch an anderen Orten erzielen ließen.

Übersicht

Fördersumme

99.701,92 €

Förderzeitraum

27.06.1996 - 22.12.1998

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Umweltkommunikation