Projekt 08776/01

Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung (3): Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen als emissionsarmes Low-Tech und Low-Cost-Verfahren

Projektträger

Universität StuttgartInstitut für Siedlungswasserbau, Wassergüte-und Abfallwirtschaft
Bandtäle 1
70569 Stuttgart
Telefon: 0711/685-

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Unter dem Aspekt einfacher, kostengünstiger, flexibler, emissionsarm und nachhaltig drängen Kompostierungsverfahren auf den Markt, welche neue Perspektiven für zahlreiche Einsatzmöglichkeiten zu eröffnen scheinen. Hier bietet der Einsatz von semipermeablen Planenabdeckungen einen interessanten und innovativen Ansatz zur Kontrolle und Minderung von Emissionen. Durch diese einfache und günstige Art der Emissionsminderung entfallen kostenintensive Bauteile wie Einhausung, Ablufterfassung und Abluftreinigung. In Verbindung mit einer einfachen Steuer- und Regelungstechnik erhält man ein effektives und emissionsarmes Low-Tech- und Low-Cost-Verfahren. Die Planenkompostierung tritt damit in Konkurrenz sowohl zur offenen Mietenkompostierung als auch zu eingehausten Anlagen. Da noch keine ausreichenden Daten für die ökologische und ökonomische Einordnung vorlagen, tragen die grundlegenden Untersuchungen dieser Arbeit zu einer Bewertung dieser neuen Technik bei. Ziel der Arbeit war es, die Möglichkeiten und Besonderheiten des neuen Verfahrens im Vergleich zu den etablierten Verfahrens-techniken aufzuzeigen. Es sollte die Frage beantwortet werden: Ist die Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen eine Alternative zu eingehausten Anlagen?


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm die Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen einordnen zu können, wurden nachfolgend beschriebene Leistungskriterien im Labor- und Praxismaßstab untersucht:
a) Untersuchungen zum Rotteprozeß
Anhand von Kompostierungsversuchen im großtechnischen Maßstab zu verschiedenen Jahreszeiten und mit unterschiedlichen Inputmaterialien soll der Einfluß der Planenabdeckungen und der gesteuerten Belüftung auf den Rotteprozeß im Vergleich zur offenen Mietenkompostierung untersucht werden. Damit sollen Leistungsdaten für den Einsatzbereich und für die Auswahl von Inputmaterialien erhalten werden.
b) Beurteilung der Substrathygiene
Grundvorausetzung für jedes Kompostierungsverfahren ist aus hygienischen Gesichtspunkten die Abtötung aller human- und phytopathogenen Keime während des Rotteprozesses. Die Untersuchungen sollen zeigen, ob die Planenabdeckung auch in den Wintermonaten zu einer deutlich höheren Temperatur am Mietenrand führt. Es ist zu klären, ob bis zum ersten Umsetztermin (nach 21 Tagen Intensivrotte) eine gesicherte Hygienisierung möglich ist. Durch die Messung der Temperaturentwicklung in unterschiedlichen Mietenbereichen und dem Einbringen von Testorganismen soll dieser Einfluß näher quantifiziert werden.
c) Untersuchungen zu den Geruchsemissionen
Gerade bei Überlegungen hinsichtlich der Verfahrens- und Standortauswahl sowie der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit ist die Einhaltung und Gewährleistung bestimmter Geruchsemissionsgrenzen von zentraler Bedeutung. Daher soll die Minderung von Geruchsemissionen durch die Planenabdeckung besonders eingehend untersucht werden. Anhand der Meßergebnisse sollen dann für die einzelnen Prozeßschritte der Planenkompostierung Kennzahlen für die flächenspezifische Geruchsfracht und für die Gesamtemission einer Anlage aufgestellt werden. Gezielte Untersuchungen an einer Laborkompostieranlage sollen hier Erklärungen für die Funktion und den Mechanismus liefern.
d) Untersuchungen zu den Keimemissionen
Neben den Geruchsemissionen sind seit der Schließung der ersten Kompostanlage in Deutschland aufgrund von Keimimmissionen die möglichen Belastungen durch Luftkeimemissionen in den Vordergrund gerückt. Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchungen beschäftigt sich daher mit der Eignung und der Effizienz der Planenabdeckung als eine Quasi-Einhausung zur Minderung von Keimemissionen.
e) Beurteilung der Kosten
Neben der grundsätzlichen Leistungsfähigkeit eines Verfahrens sind die Kosten für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage für den Käufer und Betreiber der wichtigste Punkt. Um die neue Verfahrenstechnik beurteilen zu können, soll in bereits realisierten Anlagen eine Kostenstudie durchgeführt werden.
f) Beurteilung der Nachhaltigkeit
Um die Kompostierung unter Planenabdeckungen unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit einordnen zu können, sollen an fünf Praxisanlagen mit verschiedenen Kompostierungstechniken Untersuchungen durchgeführt werden. Dabei soll die Bewertung der ökologischen Auswirkungen anhand des Energieaufwandes bei der Herstellung und dem Betrieb der Anlage vorgenommen werden.
Anhand von sechs großtechnischen Versuchen sollten grundlegende Aussagen über die Leistungsfähigkeit des neuartigen Kompostierungsverfahrens erarbeitet werden. Durch parallele Untersuchungen an einer Laborkompostierungsanlage sollten die Ergebnisse hinsichtlich der Funktionalität der Abdeckungen validiert werden. Zur Überprüfung der Repräsentativität der Erhaltenen Kennzahlen sollten Messungen in bereits realisierten Praxisanlagen durchgeführt werden. Abschließend sollten anhand einer Studie bei fünf Praxisanlagen mit unterschiedlicher Verfahrenstechnik Kennzahlen über Energie und Kosten ermittelt werden, um auch eine ökologische und ökonomische Bewertung durchführen zu können. Aufgrund der dann gesammelten Erkentnisse sollten damit konkrete Aussagen zur Handhabbarkeit der neuen Technik, zu deren Einsatz für dezentrale Anlagen sowie zu Anwendungsmöglichkeiten in neuen Märkten (Ost- und Südeuropa, Asien) möglich werden.


Ergebnisse und Diskussion

Im einzelnen lassen sich als Resultate für zwei unterschiedliche Textillaminate GORE-TEX® und PLOUCQUET® folgende Aussagen festhalten:
a) Rotteprozeß
Anhand von Kompostierungsversuchen im großtechnischen Maßstab wurde der Einfluß der Planenabdeckung und der gesteuerten Belüftung auf den Rotteprozeß im Vergleich zur offenen Mietenkompostierung untersucht. Es zeigt sich, daß hier eine deutliche Optimierung und Verkürzung des Rotteprozesses erzielbar ist. Unabhängig von der Jahreszeit und Inputmaterial kann innerhalb von 7 - 9 Rottewochen ein hochwertiger Fertigkompost mit Rottegrad V hergestellt werden. Damit liegt das neue Verfahren im Leistungsbereich anderer Systeme.
b) Substrathygiene
Die Kompostierung muß aus umwelthygienischen Gesichtspunkten eine sichere Abtötung von Keimen gewährleisten. Eine Abdeckung und Belüftung von Mieten führt zu einer schnelleren Hygienisierung. Die Abtötung der human- und phytopathogenen Keime ist schon nach einer dreiwöchigen Intensivrotte ohne Umsetzen der Miete auch in den kritischen Rand- und Basisbereichen erreichbar. Bei der offenen Mietenkompostierung ist dies nur durch eine Umsetzung gewährleistet.
c) Geruchsemissionen
Im Rahmen der Arbeit wurde die Erfassung und Bewertung der Minderung von Geruchsemissionen durch die Planenabdeckung besonders eingehend untersucht. Anhand der Meßwerte konnten für die einzelnen Prozeßschritte des neuen Verfahrens sichere Kennzahlen mit Vertrauensbereichen für die flächenspezifische Geruchsfracht und für die Hochrechnung auf die Gesamtemission einer Anlage aufgestellt werden. Es zeigte sich, daß durch den Einsatz der Planen eine Verminderung der Geruchsstoffkonzentration um 97 % erzielbar ist. Die ermittelte durchschnittliche Geruchsfracht liegt mit 1,1 GE/m³Input·s nahe der Emission eines gut funktionierenden Biofilters mit 0,9 GE/m³Input·s. Im Vergleich dazu werden bei einer offenen Mietenkompostierung in den ersten drei Rottewochen im Mittel 52 GE/m³Input·s emittiert. Im Vergleich mit eingehausten Anlagen lag die Effizienz der Planenabdeckung für die Gesamtgeruchsfracht in einer ähnlichen Größenordnung wie die gezielte Ablufterfassung und -reinigung mittels Biofilter. Ein entscheidender Beitrag für die Gesamtfracht der Vergleichsanlagen liefert oftmals die unbelüftete Nachrotte oder Nachreife. Hier zeigte es sich, daß trotz effizienter Emissionsminderungsmaßnahmen zu Beginn der Rotte durch fehlende einfache Minderungsmaßnahmen, wie eine aktive Belüftung oder kleinere Mieten, im weiteren Verfahrensablauf die positive Wirkung auf die Gesamtfracht der Anlage stark verringert wird. Die Kombination einer Abdeckung und Belüftung der Intensivrotte mit einer aktiven Belüftung der Nachrotte und der Nachreife ohne Abdeckung wurde ebenfalls untersucht. Es ergaben sich Emissionswerte, die einer Anlage mit Ablufterfassung und -reinigung bei unbelüfteter Nachreife entsprechen. Bei den Untersuchungen wurden die zwei Textillaminate GORE-TEX® und PLOUCQUET® eingesetzt. Bezüglich der Geruchsemissionen konnte kein Unterschied in der Wirkungsweise beider Laminate festgestellt werden.
d) Keimemissionen
Da es bisher keine Methode gab, um Keimemissionen zu erfassen, wurde im Rahmen der Arbeit erstmalig eine Methode dafür entwickelt und angewendet. Die Methode basiert auf dem Prinzip einer aktiv belüfteten Haube. Mit dieser konnten die Keimemissionen im Verlauf der Rotte von ruhenden Mieten erfaßt werden. Festzustellen war, daß durch die Planenabdeckung die Luftkeimkonzentration aller untersuchten Keimgruppen um nahezu 100 % gemindert wird. Bei nicht abgedeckten ruhenden Mieten werden 90 % der Keimemissionen innerhalb der ersten acht Rottewochen freigesetzt. Dabei findet ein deutlicher Anstieg der Keimemission bis zur 4. Rottewoche und ein nachfolgendes Absinken auf den Hintergrundwert statt. Beim Einsatz von Abdeckungen über die ersten sechs Rottewochen konnten die Gesamtemissionen von drei der vier untersuchten Keimgruppen im Vergleich zu einer nicht abgedeckten Miete um 40 bis 66 % reduziert werden.
e) Kosten
Für eine ökonomische Betrachtung sind neben der Leistungsfähigkeit eines Verfahrens die Kosten für den Bau und den Betrieb einer Anlage von zentraler Bedeutung. Es wurde daher ein Kostenvergleich verschiedener Anlagenkonzepte durchgeführt. Die Studie belegt, daß sowohl die Invest- als auch die Betriebskosten der Planenkompostierung im Vergleich zu den eingehausten Anlagen erheblich geringer sind. Die Kosten liegen auf einem vergleichbar niedrigen Niveau wie bei dem einfachen Verfahren der offenen Mietenkompostierung.
f) Nachhaltigkeit
Zur Bewertung der Kompostierung unter Planenabdeckungen unter ökologischen Gesichtspunkten wurden an Anlagen unterschiedlicher Verfahrenstechnik Kennzahlen zum Energieverbrauch erhoben. Die Untersuchung ergibt, daß der kumulierte Energieaufwand der Planenkompostierung bei der Herstellung und im Betrieb im Vergleich zu den technisch aufwendigeren eingehausten Anlagen wesentlich geringer ist. Verglichen mit der einfachen offenen Mietenkompostierung schneidet die Planenkompostierung ebenfalls überraschend gut ab. Dies liegt an der höheren Durchsatzmenge der Planenanlage.
Vergärungsanlagen schneiden dagegen unter energetischen Gesichtspunkten wesentlich besser ab, wenn der Energiegewinn durch die Strom- und Wärmeproduktion berücksichtigt wird.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Kühner, M. ; Sihler A. ; Fischer, K. (1996): Möglichkeiten und Perspektiven von Planenabdeckungen bei der offenen Mietenkompostierung. In: WIEMER K. & KERN, M. [Hrsg.]: Biologische Abfallbehandlung III - Kompostierung- Anaerobtechnik- Mechanisch-biologische Abfallbehandlung- Klärschlammverwertung, S. 215 - 228, Baezea-Verlag, 1996, Witzenhausen
Kühner, M. ; Sihler, A. (1996): Kompostierung unter semipermeablen Textilien, eine Alternative zu gehausten Anlagen ? In: Stuttgarter Berichte zur Abfallwirtschaft; Standort und Standpunkte zur Abfallwirtschaft als Instrument des Umweltschutzes, 70. Abfalltechnischen Kolloquiums, Band 65 , Erich-Schmidt-Verlag, Stuttgart
Kühner M. (1997): Preiswerte Biomüllkompostierung unter semipermeablen Textilien. In: Abfallwirtschaft auf dem Weg zum Jahr 2005, XV. Umweltorientiertes Symposium, Dresden, 29.04.-30.04.97, Gutke Verlag Köln
Kühner, M. ; Fischer, K. (1997): Composting Below semi-permeable Covers as a Low Emissions, Low-Techand Low-Cost Procedure. In: ORBIT 97, Organic Recovery & Biological Treatment into the next millenium, International Conference, Harrogate, United Kingdom, 3.-5. 9. 1997
Kühner, M. ; Fischer, K. (1998): Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen als innovatives Low-Tech und Low-Cost Verfahren. In: Statusseminar zum Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung, 25/26 November 1998
Kühner, M. ; Fischer, K. (1999): Planenkompostierung als Alternative zur herkömmlichen Bioabfallkompostierung: Theorie und Erfahrungen. In: Stuttgarter Berichte zur Abfallwirtschaft; Berichte aus der Praxis der Abfallwirtschaft, 75. Abfalltechnischen Kolloquiums, Band 71 , Erich-Schmidt-Verlag, Stuttgart
Kühner, M. ; Zapirain, R. ; Martens, W. ; Philpp, W. ; Fischer, K. ; Böhm, R. (1999): Kompostierung unter semipermeablen Planenabdeckungen, eine Möglichkeit zur Emissionsminderung von mikrobiellen Aerosolen Stand von Wissenschaft, Forschung und Technik zu Siedlungshygienischen Aspekten der Abfallentsorgung und -verwertung, VDI-Schriftenreihe, Band 30
Kühner, M. ; Fischer, K. (1999): Kompostierung unter semipermeablen Planenkompostierung als Alternative zur herkömmlichen Bioabfallkompostierung: Theorie und Erfahrungen. In: Stuttgarter Berichte zur Abfallwirtschaft; Berichte aus der Praxis der Abfallwirtschaft, 75. Abfalltechnischen Kolloquiums, Band 71 , Erich-Schmidt-Verlag, Stuttgart
Kühner, M. ; Fischer, K. (1999): COMPOSTING BELOW SEMI-PERMEABLE COVERS: Applications and their ecological and economical assessment In: ORBIT 99, International Conference on Biological Treatment of Waste and the Environment, Weimar, United Kingdom, 2.-4. 9. 1999


Fazit

In Anbetracht der deutlich geringeren Investitionskosten, dem wesentlich geringeren Energieaufwand und der effizienten Minderung von Geruchs- und Keimemissionen sind die Kompostierungsverfahren unter semipermeablen Planenabdeckungen eine interessante Alternative zu eingehausten Anlagen. Diese Systeme können sowohl als Intensiv- und Nachrotteeinheit bei der Optimierung und der Neuplanung von Anlagen als auch für eine Ergänzung (Nachrotteeinheit) von aeroben und anaeroben Anlagen eingesetzt werden. Hauptsächlich die Flexibilität und die vergleichsweise geringen Kosten machen diese Technik für den Markt besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern interessant und wettbewerbsfähig.

Übersicht

Fördersumme

300.677,97 €

Förderzeitraum

01.08.1996 - 22.06.2000

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik