Projekt 08323/01

Modellhafte Entwicklung von Schutzkonzepten zu umweltgeschädigten wasserglasbehandelten Natursteinoberflächen am Beispiel des Kutschstalles am Neuen Markt sowie der Kolonnaden der Communs im Park Sanssouci / Potsdam (Brandenburg)

Projektträger

Stadtverwaltung der Landeshauptstadt PotsdamBereich Untere Denkmalschutzbehörde
Lindenstr. 54/55
14467 Potsdam
Telefon: 0331/289-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der zwischen 1787 und 1789 in der Potsdamer Innenstadt erbaute Kutschstall wird in der Mitte seiner Schaufassade durch einen sandsteinverkleideten Mittelrisalit betont, der sich durch ein äußerst wertvolles bauzeitliches Skulpturenprogramm auszeichnet. Die verschiedenen Sandsteinvarietäten zeigten schwere Umwelt- und Substanzschäden, die z.T. mit fehlgeschlagenen Altkonservierungen zusammenhängen. Die so entstandenen spezifischen Schadbilder erforderten besondere Technologien der Restaurierung, die nur im Rahmen eines Modellvorhabens entwickelt, erprobt und umgesetzt werden konnten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden- Recherche zur Bau- und Reparaturgeschichte, insbesondere Altkonservierungen nach Art und Ort am Baukörper, restauratorische Untersuchungen der Farbfassungsreste, Schadenskartierung mit li-thologischer Kartierung
- Petrografische Untersuchung der Objekt- und Steinbruchmaterialien (Herkunftssteinbrüche Sachsen-Anhalt)
- Charakterisierung der Material- und Umweltschäden nach Exposition, Bauteillage, Sandsteinvarietät am Objekt und im Labor (Salzbelastung, Dünnschliffmikroskopie, REM, Bohrhärte, Ultraschall, Georadar zur Schalendetektion, physikalisch-mechanische Materialkennwerte, Organik)
- Entwicklung eines Anforderungsprofils für erforderliche Restaurierungsmaterialien und -technologien (insbesondere Reinigung, Schalenhinterfüllung, Steinergänzung, Quellminderung)
- Laboruntersuchungen zur Optimierung der chemisch-physikalischen Eigenschaften der Restaurierungsmaterialien (KSE-Modulsystem, Trockenmörtel sowie neuartige Stoffentwicklungen der Bindemittelgruppen dispergiertes Weißkalkhydrat, hydraulischer Kalk, Mikrozemente, Acrylate ).
- Dokumentation und Bewertung umweltbedingter Steinschäden Referenzobjekt Große Kolonnade- Anlegen von Objektmusterflächen zur Steinkonservierung, Maßnahmeempfehlungen
- Qualitätssicherung: Durchführung der Gesamtmaßnahme mit restauratorischer Begleitung aus dem Modellprojekt


Ergebnisse und Diskussion

Verwitterungszustand der Steinteile:
Bauzeitlich und im Zuge späterer Reparaturmaßnahmen wurden insgesamt 5 verschiedene Werksteinvarietäten zur Errichtung der Fassadenverblendung und des Skulpturenprogrammes verwendet: Varietäten Ummendorfer / Magdeburger Sandstein Typ I bis III, Rothenburger Sandstein (Halle / Saale) sowie Elbesandstein. Auch über z.T. vergleichende Untersuchungen der historischen Werksteinvorkommen, mikro-skopische und elektronenmikroskopische Untersuchungen, weiterhin Bohrhärte-, Ultraschall- und Ra-daruntersuchungen konnten die schadens- und umweltrelevanten Faktoren der Verwitterung der Einzel-varietäten beschrieben werden. Ist es beim Ummendorfer Sandstein die relativ geringe, aber oft gleichmäßig über den Quader verteilte Kornbindungsfestigkeit in Kombination mit schwach zementierten, li-monitischen und / oder kalzitischen Texturbereichen die eine langsame, kontinuierliche Rückwitterung hervorrufen, so sind es beim Rothenburger Sandstein sprunghafte Eigenschaftsänderungen und hohe Anteile verwitterungsanfälliger, oft parallel eingeregelter Schichtsilikate die markante und lokale Schäden bedingen und das Phänomen der Schalenbildung hervorrufen. Überlagert werden diese gesteinsimanenten Faktoren durch Fehlkonservierungen, neben Wasserglas gelang hier der analytische Nachweis eines sehr frühen Polyvenylacetates der 30-ger Jahre (FT-IR-Spetrometrie, GC-MS mit Pyrolyseeinheit).
Konservierbarkeit der Steinteile:
Laborerprobungen und Objektmusterflächen konzentrierten sich auf Materialien und Technologien zur Schalenhinterfüllung und Steinergänzung unter Verwendung konfektionierter Trockenmörtel sowie verschiedener Standard- und Objektrezepturen des KSE-Modulsystems, darüber hinaus kamen bei Injektagemaßnahmen die Bindemittelgruppen Kalk, hydraulischer Kalk und Sonderzemente erfolgreich zum Einsatz; Reinigungsproben (u.a. Laser und Mikrofeinstrahl) sowie quellmindernde Produkte zur Verringerung des extremen hygrischen Quellens von 1000 µm/m des Rothenburger Sandsteins wurden bewertet. Die z.T. erheblichen Kennwertunterschiede der Objekt- und Labormuster (physikalisch-mechanische Kennwerte und Eigenschaften) sollten Ansatz zur weiteren Entwicklung entsprechend sensibler Kriterien und Analyseroutinen sein. Die umfassende applikationstechnische und restauratorische Bewertung der Objektmuster bildeten unter Berücksichtigung des vorgenannten Umstandes ein wichtiges, ergänzendes Entscheidungskriterium hinsichtlich der Auswahl geeigneter Stoffe und Technologien.
Implementierung der Projektergebnisse:
Insbesondere konnte das Vorhaben für folgende im Ablauf der Gesamtmaßnahme wichtige Schritte der Restaurierung wesentliche Entscheidungshilfen liefern:
- Reinigung der Steinoberflächen
- Strukturelle Festigung Sandstein
- Entsalzung
- Schalenhinterfüllung
- Steinergänzung
Aus dem Projekt heraus konnte eine durchgängige, qualitätssichernde Begleitung der Gesamtrestaurierung sichergestellt werden, Beiträge zur Kosteneinsparung wurden damit erbracht sowie ein insgesamt hoher restauratorischer, denkmalpflegerischer und technologischer Standard gewährleistet.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Verbunden mit der Um- und Neunutzung des Kutschstalles als Haus der brandenburgisch-preußischen Geschichte sowie der Zeitgleichheit der BUGA 2001 Potsdam konnte ein überregionaler Bekanntheitsgrad des Vorhabens erreicht werden (Marketing Museumspädagogischer Dienst, Publikumsgerüst Bau-stelle, Lokalpresse, Zeitschriftenartikel in Monumente).


Fazit

Insbesondere für die regional bedeutsame, SO2-anfällige Werksteinvarietät Rothenburger Sandstein konnten wesentliche Erfahrungen gesammelt werden, wie aus technologischer Sicht Steinergänzungen, Schalenhinterfüllungen und quellmindernde Maßnahmen anzulegen sind. Erkennbare Defizite liegen, wie auch anderenorts formuliert, in der Korrelation von Labor- und Objektbestimmungen bestimmter Materialeigenschaften, die beim betrachteten Vorhaben durch umfangreiche applikationtechnische in-situ-Versuche kompensiert werden konnten. Entwicklungsschwerpunkte sollten daher ggf. im Rahmen kommender Vorhaben praxistaugliche und zuverlässige in-situ-Diagnoseverfahren sein.

Übersicht

Fördersumme

100.660,08 €

Förderzeitraum

25.10.1999 - 30.04.2002

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik