Projekt 07956/01

Erarbeitung von Produktlinien auf Basis von einheimischem Hanf – aus technischer, ökonomischer und ökologischer Sicht

Projektträger

nova - Institut für politische und ökologische Innovation GmbH
Chemiepark Knapsack, Industriestr. 300
50354 Hürth
Telefon: 02233/481441

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ob Hanf als nachwachsender Rohstoff eine Zukunft haben wird, hängt primär davon ab, ob kurz- bis mittelfristig Produktlinien - von Anbau, Ernte, Faseraufschluß bis hin zum marktfähigen Endprodukt - realisiert werden können, die eine hinreichende ökonomische Wertschöpfung sowie ökologische Vorteile bieten. Das vorliegende Vorhaben will die hierfür in Frage kommenden marktfähigen Hanfproduktlinien erarbeiten. In der Studie wird untersucht:
- welche Produktlinien auf Basis von Hanf in Deutschland kurz- bis mittelfristig realisierbar sind,
- wie diese Produktlinien erschlossen und Hemmnisse überwunden werden können sowie
- welche Folgen die Realisierung dieser Produktlinien unter ökologischen, sozioökonomischen und agrarstrukturellen Gesichtspunkten haben wird.
Vor allem geht es darum, Investitionen - gerade mittelständischer Unternehmen - frühzeitig in technisch realisierbare, ökonomisch marktfähige und ökologisch vorteilhafte Produktlinien zu lenken. Auf diese Weise können u. U. schwerwiegende Fehlinvestitionen vermieden werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst sollen alle Produktlinien, die auf Basis von Hanffasern, Hanfschäben und Hanföl möglich sind, systematisch und strukturiert erfaßt werden.
Im zweiten Schritt wird eine Bewertungsmatrix entwickelt, mit deren Hilfe aus der Vielzahl der im ersten Schritt gefundenen Produktlinien diejenigen herausgefunden werden sollen, die unter technischen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten in der nahen Zukunft umzusetzen sind. Die Produktlinien werden hierbei entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette betrachtet.
Im dritten Schritt wird die Bewertungsmatrix mit Inhalt gefüllt. Das Datenmaterial zum Füllen der Bewertungsmatrix soll dabei vor allem aus der systematischen Auswertung bisher durchgeführter Studien sowie aus Experteninterviews mit führenden Entwicklern und Unternehmern aus ganz Europa stammen.
Hieraus ergeben sich dann die favorisierten Produktlinien, die im vierten Schritt unter diversen technischen, ökonomischen und strukturellen Gesichtspunkten im Detail untersucht werden. In einem weiteren Schritt werden die ökologischen Faktoren der favorisierten Produktlinien qualitativ analysiert.


Ergebnisse und Diskussion

Das zentrale Ziel des Projektes, technisch realisierbare, ökonomisch marktfähige und ökologisch vorteilhafte Hanfproduktlinien ausfindig zu machen und diese detailliert unter den Gesichtspunkten technische Machbarkeit, Ökonomie, Ökologie, Marktpotential und Marktstruktur, Marketing sowie Umsetzungshemmnisse darzustellen, konnte in vollem Umfang erreicht werden.
Das Ergebnis: Elf Produktlinien aus den Bereichen Fasern, Schäben, Samen/Öl und Cannabinoide haben gute Chancen, bis zum Jahr 2000 die Basis einer nachhaltigen deutschen Hanfindustrie zu bilden. Investitionen sollten auf diese Produktlinien fokussiert werden. Es handelt sich dabei um folgende Produktlinien:
Fasern, mechanisch grob- bis mittelfein aufgeschlossen:
Spezialzellstoff für technische Anwendungen, technische Textilien: Autoinnenverkleidungen (Formpreßteile), Geotextilien für den Erd- und Wasserbau und Nadelfilzteppiche.
Fasern, chemisch-physkalisch aufgeschlossen:
Bekleidungsbereich (kotonisierter Hanf als Baumwollsubstitut) und Wärmedämmvliese.
Schäben:
Schäben als Einstreu für Tiere, vom Pferd bis zum Kleintier.
Samen und Öl:
Lebensmittel, Naturkosmetika und Gamma-Linolensäure-Lieferant für die Pharma- und Kosmetikindustrie.
Cannabinoide:
Medikamente auf natürlicher THC-Basis.
In allen genannten Produktlinien besitzt deutscher Hanf Märkte, in denen er technisch-qualitativ und ökonomisch konkurrenzfähig ist. Alle Produktlinien zusammengenommen, besitzt deutscher Hanf ein mittelfristig erschließbares Marktpotential, das einer Anbaufläche von ca. 30.000 ha und einem Marktwert der Zwischenprodukte von 120 bis 140 Mio. DM/Jahr entspricht (ohne medizinische Nutzung).
Die derzeit hohe EU-Beihilfe für Hanf bietet eine gute Startbasis für die deutsche Hanfindustrie. Die ökonomischen Analysen zeigen aber, daß der Hanfanbau nicht dauerhaft auf diese hohen Flächenbeihilfen angewiesen ist.
Ökologische Übersichtsbilanz: Beim Vergleich der Umweltauswirkungen von Hanfprodukten im Vergleich zu konventionellen Produkten zeigt sich, daß es einige umweltrelevante Größen gibt, die bei den untersuchten Produktlinien klar zugunsten von Hanf ausfallen. Die Mehrheit der ökologischen Kriterien hängt jedoch in besonderem Maße von den jeweils spezifischen Gegebenheiten des gesamten Lebensweges ab.
Wie schnell und in welchem Ausmaß sich Hanfproduktlinien etablieren können, hängt von den übergreifenden politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab, die für die Entwicklung und Markteinführung von ökologischen Produktlinien und von Produktlinien auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen geschaffen werden. Da die Entwicklung und Markteinführung von Hanfprodukten zudem eng mit dem Engagement von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und regionalwirtschaftlichen Strukturen verbunden ist, sind Maßnahmen, die KMU und regionale Wirtschaft stärken, auch eine Unterstützung für den Ausbau einer Hanfwirtschaft und ihrer Produktlinien.
Die Studie ist ungekürzt als Buch publiziert (s.u.) und stellt auf 490 Seiten mit 64 Graphiken 109 Tabellen fundierte Daten und Informationen für Akteure in der Hanfwirtschaft bereit. Die Studie kann genutzt werden, um Fehlinvestitionen zu vermeiden und Kapital und Fördermittel in die richtigen Produktlinien zu lenken.
Der Zeitplan des Projektes konnte weitgehend eingehalten werden, allerdings nur durch Ausdehnung des Arbeitsplanes und Überschreitung der angesetzten Kosten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des Projektes wurden in vielfältiger Weise zugänglich gemacht. Die Studie erschien ungekürzt als Buch (Das Hanfproduktlinienprojekt) und kann über das nova-Institut und den Buchhandel bezogen werden. Die Ergebnisse wurden ferner in einer Vielzahl von Seminaren und Vorträgen vorgestellt und in Fachzeitschriften und Tagungsbänden publiziert.


Fazit

Das durchgeführte Projekt konnte seine Ziele erreichen, die vorgesehene Methodik hat sich weitgehend bewährt und als flexibel genug erwiesen, sich während des Projektes zu entwickeln.
Die Ergebnisse des Projektes, gerade auch die vielen Detailergebnisse, wurden von den Akteuren der Hanfwirtschaft mit großem Interesse aufgenommen und dienen schon wenige Monate nach Erscheinen des Buches als wesentliche Entscheidungsbasis für Investoren, Förderinstitutionen und Industrie. Rezensionen in Fachzeitschriften bestätigen diese Einschätzung.

Übersicht

Fördersumme

99.691,69 €

Förderzeitraum

15.01.1996 - 27.08.1997

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik